Autor
Frank Barnes, Ben Greenebaum
USA
Herausgeber:
John Wiley & Sons, Inc.
Veröffentlicht in:
Bioelectromagnetics 2020; 41 (3): 213-218
Veröffentlicht: April 2020
auf EMF:data seit 29.05.2020
Schlagwörter zu dieser Dokumentation:
Wirkmechanismen
Fachartikel

Möglicher Mechanismus zur synchronisierten Erkennung schwacher Magnetfelder durch Nervenzellen.

Possible Mechanism for Synchronized Detection of Weak Magnetic Fields by Nerve Cells.

Zusammenfassung

Es gibt zwei verschiedene Modelle, wie Tiere (Vögel, Fische u. a.) das Erdmagnetfeld zur Navigation oder zu vielen anderen Zwecken nutzen. Ein Ansatz ist, wie die Konzentration freier Radikale mit dem Magnetfeld zusammenwirkt. Bei der Navigation von Vögeln geht man davon aus, dass die Radikale von optischen Photonen in den Chromophoren der Augen erzeugt werden. Die Vorstellung ist, dass die Chromophoren von einem externen Magnetfeld durch den Mechanismus der Radikalpaarbildung beeinflusst werden. Der magnetische Teil von diesem Mechanismus ist empfänglich für magnetische Winkel (Deklination und Azimuth) zur Erdoberfläche, die aber nicht zwischen nördlicher oder südlicher Hemisphäre mit derselben Inklination unterscheiden kann. Tiere nutzen zusätzlich eine Vielzahl von anderen Zeichen, die sie zur Navigation brauchen. Der andere Ansatz ist, dass die magnetischen Dipole von genügend großen Magnetit-Kristallen (oder Ketten von Magnetit-Kristallen, Fe3O4) in den Zellen oder anderen stark magnetischen Stoffen mechanische Kräfte erzeugen, die von benachbarten Nerven erfühlt werden. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass durch den Unterschied zwischen Dipolen, die in eine Richtung orientiert sind, die entgegen gesetzte Richtung wahrgenommen werden kann. Man weiß, dass Bakterien durch Fe3O4-Partikel in Richtung Sediment auf dem Meeresboden unterhalb der sauerstoffreicheren Wasserschicht geleitet werden. Viele andere Ansätze wurden vorgeschlagen, hier wird ein alternativer Mechanismus vorgestellt, der für die anfängliche Wahrnehmung des Magnetfeldes für manche Fälle zutreffen kann.

Das Modell

Schwache Magnetfelder, die von einer feuernden Nervenzelle oder einer kleinen Gruppe von Nervenzellen erzeugt werden, beeinflussen wiederum benachbarte Nervenzellen. Dies kann einen Mechanismus darstellen, der die Stärke und Orientierung eines externen Magnetfeldes erkennt. Biologische Systeme könnten vielleicht statische oder extrem niederfrequente Magnetfelder dadurch erkennen, dass das feuern benachbarter Nervenzellen durch den Stromfluss verändert wird. Der Stromfluss erzeugt das Magnetfeld in der Nachbarzelle. Die Zeitverzögerung eines benachbarten Nervenzellpulses mit Bezug auf den anfänglichen Nervenzellpuls des Taktgebers kann das Signal sein, das Stärke und Richtung des entgegen gesetzten Stromflusses in den Zellen angibt. Bekannt ist, dass Änderungen des statischen Magnetfeldes die Konzentrationen von ROS, Calcium, pH, Wachstumsrate von Fibromzellen und Membranpotenziale ändern. Das ändert auch die Feuerungsrate der Schrittmacherzellen, die entweder hemmen oder beschleunigen. Dieser Mechanismus könnte von Tieren genutzt werden, die sich am Erdmagnetfeld zur Navigation orientieren oder andere Zwecke, möglicherweise in Verbindung mit anderen Mechanismen.

Während eines Aktionspotenzials in einer Nervenzelle gibt es komplexe Vorgänge im Stromfluss des Axons wegen der Na-, K-, Cl- und Ca-Ionen, die durch die Membran fließen quer zur Länge des Axons. Dadurch entsteht ein Stromfluss entlang des Axons, der ein Magnetfeld erzeugt. Da dieses Axon Kontakt zu Dendriten oder Axonen von Nachbarzellen hat, wird weiter angenommen, dass die Aktionspotentiale dieser Nachbar-Nerven zusammenarbeiten und zum Magnetfeld-Wahrnehmungs-System beitragen. Ein Nerv liefert einen Taktgeber-Puls, dessen zeitlicher Verlauf wichtige Informationen für das Magnetfeld-Wahrnehmungssystem gibt. Die Informationen könnten Richtung und Stärke des externen Feldes enthalten. Beim Übergang vom Aktionspotenzial in das Ruhepotenzial wird ein Magnetfeld in entgegen gesetzter Richtung erzeugt. Schwache Magnetfelder ändern Zellströme in wachsenden Zellen und ändern die Feuerungsrate in Schrittmacherzellen.

Das Nervensystem arbeitet allgemein über Abfolgen von Depolarisations- / Repolarisationspulsen zur Übertragung von Informationen. Wenn die Pulse in einer Nervenzelle wie ein Taktgeber fungiert, liefern die periodischen Pulse ein periodisches Signal, das es möglich macht, Signale vom Hintergrundrauschen zu unterscheiden.

Außer schwachen Gleichfeldern können auch schwache Wechselfelder die Orientierung und andere Phänomene beeinflussen. Dieser Mechanismus könnte auch hier zutreffen. Magnetfelder können in die Geschwindigkeit von chemischen Reaktionen eingreifen, die an der Umwandlung von Molekülen wie z. B. Sauerstoff (O2) in ein Sauerstoffradikal (O2) beteiligt sind, die dann andere Reaktionen beeinflussen, die nachfolgend im Stoffwechselablauf geschehen und das Membranpotential ändern. Dazu gehören Ausschüttung von Calcium-Ionen (Ca2+), Wasserstoffperoxid (H2O2) und Stickstoffmonoxid (NO). Magnetfelder im Bereich 3–6 µT beschleunigen die Oxidation von Cytochrom C bei 60 Hz. Cytochrom C bindet an die innere Membran von Mitochondrien, was wahrscheinlich ein Zeichen dafür ist, dass in Mitochondrien der Ort ist, wo Magnetfelder die Stoffwechselrate von wachsenden Zellen verändern. Mitochondrien sind die Organellen, die den Nervenzellen die meiste Energie bereitstellen und dabei Radikale wie O2-, oder NO und H2O2 erzeugen. Diese Moleküle verändern die Leitfähigkeit der Membrankanäle für Ca2+ und das Membranpotenzial. Mitochondrien sind über die ganze Nervenzelle verteilt und kommunizieren wahrscheinlich miteinander. Sie fließen außerdem an den Mikrotubuli von Wirbeltieren hinunter und verteilen sich in den Axonen. Magnetfelder können die Konzentrationen von reaktiven Sauerstoffmolekülen (ROS) verändern, die von den Mitochondrien erzeugt werden. Das führt zur Ausschüttung von Calcium-Ionen in das Axon und ändert das Membranpotenzial. Änderungen im Membranpotenzial führen zu Änderungen im Intervall zwischen dem Feuern des Aktionspotenzials. Änderungen des statischen Magnetfeldes ändern die Konzentrationen von ROS, Calcium, pH, die Wachstumsraten in Fibromzellen und Membranpotenziale. Änderungen von Membranpotenzialen können die Feuerungsrate der Schrittmacher entweder hemmen oder beschleunigen.

Schlussfolgerungen

Das Modell ist, dass das von einer Schrittmacher-Nervenzelle erzeugte Magnetfeld genügend starke Magnetfelder erzeugt werden können, um eine Zeitverzögerung zwischen den Pulsen in benachbarten Nervenzellen hervorzurufen. Diese Zeitverzögerung könnte so verarbeitet werden, dass Stärke und Richtung eines externen Magnetfeldes wahrzunehmen ist, mit genügend großer Auflösung, um als Kompass für die Navigation der Tiere nutzbar zu sein. Denn die Zeitverzögerungen in zwei Nerven in Nachbarschaft zu einer Schrittmacherzelle könnten von unterschiedlicher Stärke sein. (ElektrosmogReport Mai 2020, 26. Jahrgang / IW)