Autor(en):
Kouchaki E*, Motaghedifard M, Banafshe HR.
* Physiology Research Center, Kashan University of Medical Sciences, Kashan.
Iran
Veröffentlicht in:
Iran J Basic Med Sci 2016; 19 (7): 800-803
Veröffentlicht: 01.07.2016
auf EMF:data seit 04.05.2017
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

Vice Chancellor of Research, Kashan University of Medical Sciences, Kashan, Iran.

Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Wirkung von Handy-Befeldung auf Pentetrazol-induzierte Anfalls-Schwellenwerte bei Mäusen.

Effect of mobile phone radiation on pentylenetetrazole-induced seizure threshold in mice.

Original Abstract

Exposition:

900-950 MHz
Mobiltelefone
GSM

EMF:data Auswertung

Einleitung

Epilepsie ist die häufigste Hirnstörung nach Schlaganfällen und die Neuerkrankungen (Prävalenz) nehmen aus verschiedenen Gründen zu. Da die Mobilfunkanwendungen in den letzten Jahren stark zugenommen haben, wollte man wissen, wie sich die Strahlung auf das menschliche Gehirn auswirkt. Epilepsie ist eine Störung im Gehirn, die zu Übererregbarkeit der Nervenzellen führt. Man nimmt an, dass es ein Ungleichgewicht zwischen hemmenden, durch Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) vermittelten, und exzitatorischen, Glutamatvermittelten Nervenübertragungen gibt. Einige Studien haben eine Wirkung elektromagnetischer Mobilfunkwellen auf das Zentralnervensystem (ZNS) gezeigt. Man sieht auch Veränderungen im EEG von Ratten, am stärksten in der Hirnaktivität des limbischen und olfaktorischen Cortex. Einige Studien untersuchten Epilepsie-Patienten und es gab Experimente mit Versuchspersonen, aber die Ergebnisse sind nicht eindeutig. In dieser Studie sollte die Wirkung akuter und chronischer Mobilfunkstrahlung auf klonische und tonische Anfälle (Zuckungen bzw. Muskelkrämpfe) untersucht und festgestellt werden, wo die Schwelle für das Auslösen der Anfälle bei Mäusen ist, wenn sie Mobilfunkstrahlung ausgesetzt sind. Zum Auslö-sen von Anfällen bekamen die Tiere Pentylentetrazol (PTZ).

Studiendesign und Durchführung

Sieben Gruppen von männlichen Mäusen (mindesten 8 Tiere pro Gruppe) wurden eingesetzt: unbestrahlte Kontrolle, Gruppen 2 – 4 wurden einmalig 30, 60 und 90 Minuten mit 900–950 MHz (217 Hz gepulst) bestrahlt (akut), Gruppen 5 – 7 bekamen die tägliche Bestrahlung 30 Tage lang (chronisch). Das Telefon war auf „antworten“ eingestellt. Die Bestrahlung erfolgte immer zwischen 9 und 11 Uhr morgens im Licht. Das Pentylentetrazol wurde intravenös mit einer Infusionsrate von 0,5 ml/min verabreicht, die Konzentration von PTZ betrug 5 mg/ml, die Kon-trolltiere bekamen physiologische Kochsalzlösung. Die klonischen Krampfanfälle wurden durch Beobachtung von Kopf und Nacken und der Vorderbeine festgestellt, die tonischen erkennt man am extremen Strecken der Hinterbeine und extremer Starre der Vorderbeine.

Ergebnisse

Die akute Bestrahlung löste keine signifikanten Veränderungen der klonischen und tonischen Anfallschwellen aus, während die chronische Bestrahlung die klonische und tonische Schwelle signifikant senkte. Bei 60 min Einwirkung der Strahlung war bei klonischen und tonischen Anfällen die stärkste Absenkung zu sehen, bei 90 min leicht erhöht gegenüber 60 min. Die durchschnittliche Dosis für die klonische Schwelle betrug bei 30, 60 und 90 min. 68,1 ± 2,5, 55 ± 2,7 und 57 ± 4,7 mg/kg, bei der Kontrolle 80 ± 2,7 mg/kg. Bei den tonischen Krämpfen betrugen die Durchschnittswerte für die Schwelle in der Kontrollgruppe 141 ± 4,4, 125 ± 4,5, 106 ± 5,1 und 1106 ± 5,9 mg/kg (Anmerkung der Redaktion: die 1106 sollen vermutlich 110 heißen, scheint ein Schreib-/Druckfehler zu sein).

Schlussfolgerungen

Hier wird erstmalig gezeigt, dass chronische Einwirkung von Mobilfunkstrahlung von 900–950 MHz (GSM) die Schwelle zum Auslösen von Krampfanfällen senkt, wenn die Tiere PTZ intravenös verabreicht bekamen. Trotz der Warnungen von Forschern vor den physiologischen Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Lebewesen nutzt mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung Mobiltelefone täglich. Es gibt nur wenige Studien zu Epilepsie und Mobilfunk, aber einige mögliche Mechanismen der Mobilfunkwirkung auf Anfälle werden diskutiert. Man hat festgestellt, dass Langzeiteinwirkung von elektromagnetischen Feldern die Calcium-Konzentration in Nervenzellen verändern kann, was den oxidativen Zustand der Zelle ändert. Es wurde gezeigt, dass die Erregbarkeit des Gehirns signifikant geändert wird durch Mobil-funkstrahlung. Man nimmt an, dass diese Übererregbarkeit durch Minderung der GABA-vermittelten Hemmung oder Steigerung der N-methyl-D-aspartate (NMDA)-vermittelten exzitatorischen Aktivität entsteht oder durch beides. Eine solche Störung im Neurotransmitter-Gleichgewicht, die zu der Übererregbarkeit führt, könnte mit erhöhtem Blutfluss in einer Hemisphäre zusammenhängen. Das konnte mit Messungen des Nervenstoffwechsels während der Einwirkung von Mobilfunkbestrahlung festgestellt werden. Es wurde auch gezeigt, dass Mobiltelefon-Strahlung die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke erhöht, sofort und 14 Tage nach der Bestrahlung. Diese Durchlässigkeit könnte die Schutzfunktion der Blut-Hirn-Schranke schwächen, indem potenziell schädliche im Blut zirkulierende Substanzen wie PTZ hindurch gelangen können und die Anfallschwelle senken. Kürzlich wurde gezeigt, dass Mobiltelefon-Strahlung oxidative Schädigung, Lipidperoxidation und Erhöhung des Stickstoffoxidgehaltes in den Zellen steigern könnte, wenn die Mäuse PTZ erhalten und Krampfanfälle gezeigt hatten. Diese Ergebnisse zeigen, dass chronische Einwirkung (30 Tage) die Schwelle für epileptische Anfälle bei Mäusen senkt. Obwohl Kurzzeiteinwirkung der Mobiltelefon-Strahlung keine signifikanten Wirkungen auf die Anfälle bei Mäusen hat, könnte die ständige Nutzung des Mobiltelefons das Risiko eines epileptischen Anfalls erhöhen, deshalb sollte Mobilfunknutzung eingeschränkt werden.