Autor(en):
Stasinopoulou M*, Fragopoulou AF, Stamatakis A, Mantziaras G, Skouroliakou K, Papassideri IS, Stylianopoulou F, Lai H, Kostomitsopoulos N, Margaritis LH.
* Department of Cell Biology and Biophysics, Faculty of Biology, University of Athens, Panepistimiopolis 15784, Zografou, Athens.
Griechenland
Veröffentlicht in:
Reprod Toxicol 2016; 65: 248-262
Veröffentlicht: Oktober 2016
auf EMF:data seit 14.05.2017
Weitere Veröffentlichungen:
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Wirkungen von prä- und postnataler Exposition bei 1880-1900 MHz-DECT-Basisstation-Feldern auf die Entwicklung bei Ratten.

Effects of pre- and postnatal exposure to 1880–1900 MHz DECT base radiation on development in the rat.

Original Abstract

Quelle: PubMed
Exposition:

1880–1900 MHz
Schnurlostelefone/DECT
SAR = 0,016 - 0,020 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

Diese Studie sollte die Wirkung von 1880–1900-MHz-Strahlung von DECT-Basisstationen von Schnurlostelefonen auf die Entwicklung von Ratten untersuchen, die vor und nach der Geburt bestrahlt worden waren. Schon 1961 wurde untersucht, ob die Strahlung, meist bei 2450 MHz, sich schädlich teratogen und reproduktiv auswirkt. Später fand man, dass teratogene Schädigung auftritt, wenn bestimmte SAR überschritten ist und Temperaturerhöhung entsteht. Seitdem sind viele zusätzliche Strahlungsquellen dazugekommen von drahtlosen Geräten wie Mobil- und Schnurlostelefone, Router (Wi-Fi), Tablets, iPads usw. Es wäre wichtig zu wissen, ob besonders empfindliche Personen wie Kinder, Schwangere, ältere Menschen und Elektrosensible stärker geschädigt werden. Es gibt nur wenige Studien zu Auswirkungen auf Tiere (Wachstum, Entwicklung, Reproduktion) oberhalb der ICNIRP-Grenzwerte von 0,08 W/kg Ganzkörper-Einwirkung. Gegenstand dieser Studie war das Risiko der Entwicklung, wenn DECT-Strahlung während der Trächtigkeit und nach der Geburt der Ratten einwirkt. Von besonderem Interesse war die Wirkung auf die Trächtigkeitskapazität, die Entwicklung des Embryos, das Wachstum des Neugeborenen und ob das Gehirn der Nachkommen vollständig entwickelt ist.

Studiendesign und Durchführung

Die weiblichen Tiere wurden während der gesamten Trächtigkeit mit einem elektrischen Feld von 3,7 ± 0,3 V/m (peak 35 V/m) 12 Stunden täglich bestrahlt, dabei war das Gerät 30 min an und 30 min aus. Die Basisstation stand zwischen 2 Käfigen im Abstand von 20 cm zur Mitte der Käfige, die abgeschirmt waren. Die Ganzkör-per-SAR betrug zwischen 0,016 und 0,020 W/kg für das worst-case-Szenario. Gewicht, Größe, Länge, Plazentadicke und Herzrate wurden gemessen. Nach der Geburt wurde je eine Gruppe der Muttertiere und der Nachkommen für 22 weitere Tage ähnlich bestrahlt, die andere Gruppe ohne Bestrahlung gehalten, die Kontrollgruppe wurde scheinbestrahlt. Der Tag 22 ist der Tag, nachdem die Tiere entwöhnt wurden. Am Tag 1 nach der Geburt erfolgten makroskopische Untersuchungen. Am Tag 22 wurden die Gehirne entnommen, in der Mitte geteilt und für Gewebeschnitte aufbereitet zur Untersuchung auf Gewebeveränderungen mikroskopisch und mit GFAP-Bestimmung. GFAP (Gliafasern-saures Protein) ist ein Protein, das erhöht ist, wenn Nervenzellen verletzt werden, um die Zellreste abzutransportieren.

Ergebnisse

Am Tag 17 der Trächtigkeit war die Herzrate statistisch bei den bestrahlten Tieren signifikant erhöht. Am ersten Tag nach der Geburt zeigten Gewicht und Länge keine signifikanten Unterschiede. Die histologischen Untersuchungen der 22 Tage alten Tiere (entspricht der frühen Kindheit beim Menschen) ergaben im Hippocampus, frontalen und somatosensorischen Cortex (wichtige Regionen bei der Entwicklung von Kindern betreffend Lernen, Gedächtnis, Sensorik), dass die Zelldichte der Pyramidenzellen im Hippocampus signifikant geringer war in den beiden bestrahlten Tiergrup-pen (sowohl den pre- als auch den pre- und post- bestrahlten Tieren) in der CA4-Region, nicht in den CA1-, CA3- und DG-Regionen. Sie war Folge der Zellzahl, nicht der Zellgröße, denn der Durchmesser der Zellen war gleich. Im frontalen und somatosensorischen Cortex gab es keine signifikanten Unterschiede. Die GFAP-Bestimmung ergab einen signifikanten Anstieg in der C4-Region im Hippocampus, nicht in den Cortex-Regionen.

Schlussfolgerungen

Die Daten zeigen, dass die Strahlung von DECT-Basisstationen mit 3,7 V/m keinerlei Änderungen in der somatogenetischen Entwicklung der Embryos zur Folge hat, aber die Herzrate am Tag 17 erhöht hat. Außerdem kann die Strahlung die körperliche Entwicklung bei den Neugeborenen verändern, entweder direkt durch Strahlungsabsorption der Embryos oder indirekt über Wirkungen bei der Mutter, z. B. hormonelle Einflüsse. Die geringe Zelldichte der Pyramidenzellen könnte potenziell eine starke Glia-Reaktion im Gehirn auslösen, deshalb wurde die GFAP-Expression (ein spezifisches Marker-Protein für Astrozyten) in der CA4-Region gemessen. Das Protein hilft, die Abbauprodukte der Zellen zu entsorgen. Hier könnte es erhöht sein, weil Pyramidenzellen durch die Strahlung geschädigt sind. Die Ergebnisse können vielleicht die Gedächtnisdefizite und Proteinveränderungen erklären, die auch in einer früheren Arbeit mit erwachsenen Mäusen unter denselben DECT-Bestrahlungsbedingungen erfolgt waren. Außerdem sah man signifikante Änderungen der somatischen Charakteristiken bei den neugeborenen Ratten. Pyramidenzellverlust und Erhöhung von GFAPs in der CA4-Region des Hippocampus bei den 22 Tage alten Jungtieren (prä- und post- bestrahlte Tiere), könnten potenziell zusammenhängen mit Beeinträchtigung der Entwicklung während der Fetalperiode. Zusammenfassend kann man sagen, dass die DECT-Bestrahlung der Ratten im Uterus mit SAR-Werten weit unterhalb der Grenzwerte die Herzrate der Embryos leicht beeinflusst, während die pre- und postnatale Bestrahlung im Hippocampus signifikante Veränderungen bei den Nachkommen hervorruft. Das könnten irreversible Schäden während der Embryogenese sein. Auch wenn die Ergebnisse nicht direkt auf den Menschen übertragen werden können, ist doch Vorsorge bei empfindlichen Personengruppen (Schwangere, Babies und Kinder) angebracht, bis mehr Studien zur Wirkung auf den Menschen erfolgt sind.