Autor(en):
Saikhedkar N*, Bhatnagar M, Jain A, Sukhwal P, Sharma C, Jaiswal N.
* Department of Zoology, University College of Science, M.L. Sukhadia University, Udaipur.
Indien
Veröffentlicht in:
Neurol Res 2014; 36 (12): 1072–1079
Veröffentlicht: 01.12.2014
auf EMF:data seit 01.06.2017
Weitere Veröffentlichungen:
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Wirkungen von Mobiltelefon-Feldern (900 MHz Hochfrequenz) auf Struktur und Funktionen des Ratten-Gehirns.

Effects of mobile phone radiation (900 MHz radiofrequency) on structure and functions of rat brain.

Original Abstract

Quelle: PubMed
Exposition:

900 MHz
Mobiltelefone
SAR = 0,9 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

Etwa 600 Mio. Personen weltweit nutzen Mobilfunk, in Indien wird 900 MHz genutzt. Da die Geräte nah am Gehirn betrieben werden, sind sie grundsätzlich als gefährliche Quellen von elektromagnetischen Feldern anzusehen. Sie sind als Krebs erregend eingestuft, das Risiko für Akustikusneurinome und Gliome ist erhöht, LTE beeinflusst die Hirnaktivität. Hier sollten weitere Erkenntnisse zu Verhalten und biochemischen und histologischen Veränderungen gewonnen werden durch Experimente zur Wirkung von 900-MHz-Strahlung auf Rattenhirne. Das Ziel der Studie war 1. grundlegende Informationen über Langzeitwirkung von Mobiltelefonen auf die Zellen des Hippocampus in Rattenhirnen zu erhalten, 2. die Wirkung auf den Antioxidationsstatus und 3. auf das Verhalten, insbesondere auf Lernen und Gedächtnis, zu bewerten.

Studiendesign und Durchführung

30 Tage junge Ratten, Gewicht ca. 120 g, bildeten 5 Gruppen, davon je 3 Tiere für Scheinbestrahlung und unbehandelte Kontrolle, dann für die 3 Testgruppen je 7 Tiere für Verhalten, biochemische (Antioxidantien) und histologische (Gewebe von Regionen des Hippocampus) Untersuchungen. Die Bestrahlung erfolgte mit einem 900-MHz-Mobiltelefon, das innen am Dach des Käfigs befestigt war. Die SAR betrug durchschnittlich 0,9 W/kg, die 4 Stunden täglich (9.00–13.00 Uhr) 15 Tage lang einwirkten. Untersucht wurden mit verschiedenen Verhaltenstests (Offenes Feld, Labyrinth, Wasserlabyrinth) Ängstlichkeit, räumliches Lernen und Gedächtnis. Der Antioxidationsstatus wurde mit SOD, CAT, reduziertem Glutathion (GSH), Ascorbinsäure und Malondialdehyd (MDA) überprüft und die Schädigung der Nervenzellen mit der Cresylviolett-Färbung. Die Untersuchung des Gewebes des Hippocampus wurde im Mikroskop durchgeführt.

Ergebnisse

Es ergaben sich signifikante Veränderungen im Verhalten. Die bestrahlten Ratten zeigten einen signifikanten Anstieg der Aktivität, des Eintretens in die Peripherie und längeren Aufenthalt dort. Das bedeutet stärkere Ängstlichkeit und mehr Stress. Die Tests bezüglich des Lernverhaltens ergaben, dass die bestrahlten Tiere mehr Zeit brauchten, um das Ziel zu erreichen und sie wurden nicht besser bei den wiederholten Tests. Das zeigt schlechtes Lernen im Vergleich zu den scheinbestrahlten und den unbehandelten Tieren. Bei den bestrahlten Tieren zeigten einige auch ein Erstarrungsverhalten im Wasserlabyrinth, sie trieben bewegungslos im Wasser. Das deutet auf eine Art Hilflosigkeit oder Depressionen hin. Im klassischen Labyrinth-Test machten die bestrahlten Tiere mehr Fehler und brauchten länger als die Kontrolltiere, um die Belohnung zu finden; das blieb auch so nach den Testphasen. Signifikante Unterschiede gab es im Gehalt der antioxidativen Enzyme und der nicht-enzymatischen Antioxidantien, dazu Anstieg der Lipidperoxidation in den Hirnen der bestrahlten Ratten. Abnahme der Aktivitäten von SOD und Katalase in Hirn und Leber, die GSH-Konzentrationen nahmen im Gehirn signifikant ab, während sie in der Leber leicht anstieg. Die Konzentrationen der Ascorbinsäure stiegen in der Leber signifikant an, jedoch kaum im Gehirn. Die MDA-Konzentrationen stiegen in Gehirn und Leber signifikant an. Die histologischen Untersuchungen ergaben neurodegenerative Veränderungen der Zellen in den Regionen CA1, CA3, Gyrus dentatus (DG) des Hippocampus und in der Hirnrinde. Die Kontrollen hatten gesunde Zellen im Hippocampus in großer Anzahl mit kompakter Anordnung. Die Färbung zeigte klare Abgrenzung zwischen Kern und Zytoplasma. Bei den bestrahlten Tieren waren Zellschäden und degenerierte Zellen in den Hippocampus-Regionen und der Hirnrinde zu sehen. Einige dunkel gefärbte Stellen in den Zellen deuten auf Schrumpfungen hin, die über das Gebiet verstreut waren.

Schlussfolgerungen

Die bestrahlten Tiere zeigten bei allen Verhaltenstests Unterschiede zu den Kontrollen, in der Hälfte der Fälle waren es signifikante Verhaltensänderungen, die andere Hälfte war nicht signifikant. Antioxidantien: Signifikante Unterschiede in Leber und Gehirn, SOD runter, zeigt eine Ansammlung von Superoxid-Radikalen im Hirn, die nicht von der SOD aufgrund ihrer geringen Konzentration zu H2O2 umgewandelt wurden. Es könnte auch heißen, dass überhöhte Mengen H2O2 erzeugt wurden, was zur Überforderung des Enzyms führte. Ähnlich ist es mit der Katalase, die in Gehirn und Leber vermindert war. Dadurch entsteht der oxidative Stress im Gewebe. Oder die SOD auf andere Weise: es ist weniger H2O2 zur Verfügung für die Umwandlung in Wasser (H2O) und deshalb ist eine geringere Menge von Katalase im Gewebe. GSH als nicht-enzymatisches Antioxidans war signifikant vermindert im Gehirn, jedoch leicht erhöht in der Leber gegenüber den Gehalten in den Kontrollen. Entweder gab es keinen oxidativen Stress dort oder die Ascorbinsäure kompensierte in der Leber. In der Zellmembran sind Lipide die reaktivsten aller Biomoleküle. Sie bestehen aus Molekülketten, deren vielfach ungesättigte Fettsäuren durch ROS oxidiert werden können, das bedeutet Lipidperoxidation im Rattenhirn. Der hier gemessene Anstieg von MDA nach 900-MHz-Bestrahlung zeigt Hirnschädigung an. Die histologischen Ergebnisse zeigen neurotoxische Wirkungen, die das veränderte Verhalten und die Defizite beim Lernen und Gedächtnis erklären können. Obwohl die Experimente mit wenigen Tieren durchgeführt wurde, sind die Ergebnisse signifikant. Da jugendliche Tiere untersucht wurden, wird die besondere Empfindlichkeit während des Wachstums simuliert. Möglicherweise werden die Schäden durch tägliches Telefonieren mit dem Mobiltelefon erst im Erwachsenenalter sichtbar, deshalb müssen diese Ergebnisse ernst genommen werden.