Autor(en):
Roggeveen S*, van Os J, Viechtbauer W, Lousberg R.
* Department of Psychiatry and Psychology, Maastricht University, Maastricht.
Niederlande
Veröffentlicht in:
PLoS One 2015; 10 (6): e0129496-1–e0129496-13
Veröffentlicht: 08.06.2015
auf EMF:data seit 01.06.2017
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

The authors received no specific funding for this work.

Schlagwörter zu dieser Studie:
Hirnaktivität & EEG
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

EEG-Veränderungen aufgrund experimentell induzierter 3G-Mobilfunk-Strahlung.

EEG Changes Due to Experimentally Induced 3G Mobile Phone Radiation.
Exposition:

1900-2100 MHz
Mobiltelefone
UMTS/3G
SAR = 0,69 W/kg (lt. Herstellerangaben)

EMF:data Auswertung

Einleitung

Diese Studie sollte klären, ob die Strahlung eines 3G-Mobiltelefons (Smartphone) das EEG verändert. 3G-Mobiltelefone arbeiten bei 1900–2100 MHz, und obwohl es Bedenken bezüglich der Gesundheit gibt – Mobilfunkstrahlung wurde 2011 von der WHO als möglicherweise Krebs erregend eingestuft –, nutzen viele Leute das Gerät mit Begeisterung. Die Wirkung auf das EEG wird seit Mitte der 1990er Jahre erforscht, die Forschungsergebnisse sind widersprüchlich, z.T. wohl bedingt durch unterschiedliche Versuchsbedingungen und weil 87 % der EEG-Studien von der Mobilfunkindustrie bezahlt worden waren; hier kann ein Interessenskonflikt nicht ausgeschlossen werden. So hat z.B. 2012 das britische MTHR-Programm ergeben, dass es keine karzinogene Wirkung gibt. Nervengewebe funktioniert auf der Basis von elektrochemischen Prozessen, deshalb kann ein elektromagnetisch arbeitendes Gerät am Kopf sehr wahrscheinlich Störungen hervorrufen, aber es gibt wenig Berichte über schädliche Wirkungen. Das Ruhe-EEG kann bei einer Person an verschiedenen Tagen auch ohne veränderte Bedingungen unterschiedlich ausfallen, deshalb wurden diese Experimente mit 3 Scheinbestrahlungen vorgenommen, vor und nach der echten Bestrahlung.

Studiendesign und Durchführung

31 gesunde Frauen im durchschnittlichen Alter von 26,7 ± 8,5 Jahren haben je 2 Tests durchlaufen, die im Abstand von maximal 2 Tagen stattfanden. Einmal wurde das Gerät am Ohr und einmal an der Brust nahe am Herzen befestigt. Das Testgerät war ein echtes Mobiltelefon mit abgeschirmten Elektroden, damit keine Einflüsse auf die Messgeräte entstehen, und für die Kontrollen ein baugleiches Gerät mit inaktivem Akku. Jede Teilnehmerin hatte bei jedem Durchgang 4 Tests zu durchlaufen. Das 3G-Smartphone wurde von einem anderen Raum aus gesteuert, die Probanden konnten keine Geräusche und keine Vibrationen wahrnehmen. Unmittelbar vor und nach der Bestrahlung mit dem wählenden Smartphone erfolgte jeweils 15 Minuten Scheinbestrahlung, die restlichen 15 Minuten waren ebenfalls Scheinbestrahlungen. Das EEG wurde zweimal gemessen, einmal mit dem Smartphone in typischer Position am Ohr und im 2. Fall wurde das Gerät links neben dem Brustbein über dem Herzen festgeklebt. Die SAR ist vom Hersteller mit 0,69 W/kg am Kopf angegeben, aufgezeichnet wurde die Strahlungsaktivität bei den Frequenzen 1,9291–1,9397 GHz. Während der Tests sahen die Teilnehmerinnen eine Dokumentation über die Entstehung der Erde. Nach jedem 15-minütigen Abschnitt ging der Untersucher in den Raum, um das Telefon zu wechseln. Im Fall von 2 Schein-bestrahlungen hintereinander wurden 2 Schein-Telefone platziert. Zur Gewährleistung der Blindung für die Probandin erfolgte die Bestrahlung im 2. oder 3. Quartal einer Stunde. Im 1. und 4. Quartal gab es keine Bestrahlung. Aufgezeichnet wurden die EEG-Frequenzbänder Delta 0,5–4 Hz, Theta 4–7,5 Hz, Alpha 7,5–13 Hz, niederfrequente-Beta 13–20 Hz, höherfrequente-Beta 20–30 Hz und Gamma 30–47 Hz. Die Auswertungen erfolgten über eine Mehrebenen-Regressionsanalyse, um mit mehr Faktoren besser differenzieren zu können. Zwei Hypothesen wurden getestet: Aufgrund der Literatur wird ein Anstieg der Alpha-Aktivität während der Bestrahlung erwartet und wegen der geringen Entfernung zum Gehirn ist der Einfluss am Ohr stärker.

Ergebnisse

Die Temperaturunterschiede oder andere Parameter zwischen Kontrollen und Bestrahlung waren nicht signifikant. Die Platzierung des Gerätes an der Brust ergab auch keine signifikanten Unterschiede. Am Ohr jedoch waren nach Bestrahlung die Aktivitäten aller Frequenzbänder bis auf die Delta-Wellen signifikant höher als bei der Scheinbestrahlung. Tendenziell gab es ipsilateral eine stärkere Wirkung.

Schlussfolgerungen

In dieser Placebo-kontrollierten Studie wurde gezeigt, dass 15 min. Einwirkung der Strahlung eines 3G-UMTS-Smartphones Auswirkungen auf das EEG hat. Die Aktivitäten von Alpha-, Beta- und Gamma-Band waren in fast allen gemessenen Hirnregionen gesteigert. Die Ergebnisse der Berechnungen und die Schlussfolgerungen hängen stark von der Analysemethode ab. Diese Ergebnisse, signifikante Unterschiede, erhält man nicht, wenn das traditionelle Berechnungsverfahren ANOVA angewendet wird, was bei einigen anderen Studien der Fall ist. Wenn aber die Daten mit der geeigneten Mehrebenen- und Regressionsanalyse berechnet wird, sind nach Bestrahlung signifikante Unterschiede im Alpha-, Beta- und Gamma-Frequenzband über fast alle Hirnregionen zu sehen. Die Entfernung vom Gehirn spielt eine Rolle, größere führt zu geringem oder keinem Einfluss. Die Ergebnisse unterstützen die Vorstellung, dass durch die Nutzung des Mobiltelefons EEG-Veränderungen verursacht werden und dass die Wirkung von der Position des Gerätes abhängt. Weitere Studien zur physiologischen Relevanz und zur Langzeitwirkung sind dringend erforderlich.