Autor(en):
Imge EB*, Kilicoglu B, Devrim E, Cetin R, Durak I.
* Department of Biochemistry, Ankara University Faculty of Medicine.
Türkei
Veröffentlicht in:
Int J Radiat Biol 2010; 86 (12): 1044–1049
Veröffentlicht: Oktober 2010
auf EMF:data seit 03.06.2017
Weitere Veröffentlichungen:
Schlagwörter zu dieser Studie:
Enzymaktivität  |  (Oxidative) Stress-Reaktion  |  Gehirn-Stoffwechsel
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Wirkung von Mobiltelefon-Nutzung auf das Hirn-Gewebe von Ratten und die mögliche Schutzfunktion von Vitamin C – eine Vorstudie.

Effects of mobile phone use on brain tissue from the rat and a possible protective role of vitamin C – a preliminary study.

Original Abstract

Quelle: PubMed
Exposition:

900 MHz
Mobiltelefone
SAR = 0,95 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die Wirkung der 900-MHz-Mobilfunkstrahlung kann, abhängig von Frequenz und Feldstärke, gesundheitsschädlich sein. Vor allem ist die Seite des Gehirns betroffen, an der das Mobiltelefon direkt am Kopf gehalten wird. Reaktive Sauerstoff-Moleküle (reactive oxygen species, ROS) können verschiedene Gesundheitsprobleme verursachen, z. B. Entzündungen, Alterung, Krebs, Arteriosklerose, Hochdruck und Diabetes. Zum Schutz vor dieser oxidativen Schädigung haben Zellen antioxidative Enzyme wie SOD, Glutathion-Peroxidase (GSH-Px) und Katalase (CAT) und Antioxidantien wie Vitamin C und E. Die Superoxid-Dismutase (SOD) bewirkt, dass Superoxid-Anionen, die hauptsächlich in den Mitochondrien gebildet werden, in Wasserstoffperoxid (H2O2) überführt werden. H2O2 wird durch das Enzym GSH-Px in Wasser umgewandelt und durch die Katalase in Wasser und molekularen Sauerstoff. Durch das gestörte Gleichgewicht zwischen Antioxidantien und Überproduktion von ROS wird das endogene Antioxidations-Verteidigungssystem wahrscheinlich zerstört. Es werden durch ROS zelluläre Makromoleküle wie Fette (Lipide), Eiweiße (Proteine) Nukleinsäuren (DNA, RNA) geschädigt. Die Xanthinoxidase (XO) ist das letzte Enzym im Purin-Stoffwechsel, welches Hypoxanthin und Xanthin in Harnsäure überführt unter Bildung von H2O2. Der Zweck dieser Experimente war, die Wirkung der 900-MHz-Strahlung auf einige Aspekte des Purin-Stoffwechsels, auf die Enzyme, die freie Radikale abbauen, und auf den oxidativen Status des Gewebes sowie die mögliche schützende Wirkung von Vitamin C zu untersuchen.

Studiendesign und Durchführung

40 weibliche Ratten, 6 Wochen alt, wurden in 4 Gruppen zu je 10 Tieren eingeteilt (Scheinbestrahlung, 900-MHz-Strahlung eines Mobiltelefons, orale Vitamin C-Gabe allein und Bestrahlung + Vitamin C). Die Bestrahlung erfolgte über 4 Wochen. Der SAR-Wert betrug 0,95 W/kg, die Vitamin C-Gabe 250 mg/kg/Tag oral. Das Mobiltelefon befand sich etwa 10 cm oberhalb der Ratten, es war im Stand-by-Modus, 4-mal pro Tag wurde es auf anrufen für je 10 Minuten gestellt. Die beiden Gruppen Kontrolle und Vitamin C standen in einem anderen Raum ohne Strahlung. Nach Entnahme des Hirngewebes wurden im Gewebe Lipidperoxidation (MDA), das antioxidative Potenzial (AOP), Su-peroxid-Dismutase (SOD), Katalase (CAT), Glutathion-Peroxidase (GSH-Px), Xanthin-Oxidase(XO), Adenosin-Deaminase (ADA) und 5’-Nucleotidase (5’-NT) bestimmt.

Ergebnisse

Die 900-MHz-Strahlung verursachte eine Aktivitätshemmung der Enzyme, die eine Funktion im Purinstoffwechsel haben (5’-NT signifikant zur Kontrollgruppe und ADA signifikant zur Vitamin C-Gruppe). Bei der Xanthinoxidase gab es keine Aktivitätsunterschiede. Die Katalase-Aktivität war signifikant vermindert in der Bestrahlungsgruppe im Vergleich zur Kontrolle, aber signifikant erhöht in der 900-MHz + Vitamin C-Gruppe. Die Aktivität der GSH-Px war in beiden Gruppen mit Vitamin C erhöht im Vergleich zur 900-MHz- und zur Kontrollgruppe. Die MDA-Konzentrationen waren in der 900-MHz-Gruppe vermindert gegenüber der Kontrolle, erhöht bei zusätzlicher Gabe von Vitamin C.* Die Lipidperoxidation war in der 900-MHz-Gruppe signifikant niedriger als in den anderen 3 Gruppen.

Schlussfolgerungen

Einige Enzyme waren in ihrer Aktivität vermindert im Gewebe der Tiere, die der 900-MHz-Strahlung ausgesetzt waren (5’-NT, ADA, CAT und GSH-Px). Bei Anwesenheit von Vitamin C zusätzlich zu der 900-MHz-Strahlung war die Aktivität höher als bei der Strahlung allein. Andere Forscher hatten herausgefunden, dass Hemmung des Purin-Stoffwechsels zu Immunschwäche führen kann, dadurch können Menschen anfälliger für andere Krankheiten sein. Die Verminderung der Aktivitäten der antioxidativen Enzyme im Hirngewebe könnte andere Erkrankungen begünstigen, wie Krebs und Gefäßkrankheiten. Vitamin C steigerte die Aktivitäten der antioxidativen Enzyme. Dass MDA so niedrig war in der 900-MHz-Gruppe könnte daran liegen, dass zu Beginn der Be-strahlung Oxidationen stattfanden, später Resistenz gegen die oxidativen Angriffe auftrat. In der Gruppe 900-MHz + Vitamin C tritt die Erhöhung der MDA-Konzentration erst am Ende des Experiments auf, weil vorher ein antioxidativer Schutz durch das Vitamin C vorlag. Das Experiment war mit 45 Tagen recht lang. Das scheint ein entscheidender Faktor dafür zu sein, dass andere Forscher andere Ergebnisse erzielt hatten (kürzere Dauer sowohl bei täglicher Bestrahlungszeit als auch Gesamtdauer). Die Ergebnisse lassen schließen, dass Vitamin C eine schützende Wirkung gegen die schädliche Mobilfunkstrahlung auf das Hirngewebe der Ratten hat. * Anmerkung: Dieses Teilergebnis wirft Fragen auf: „MDA level was increased in mobile phone plus vitamin C group com-pared to mobile phone group. MDA levels were found to de-crease non-significantly in mobile phone group compared to control group. The results of the study were given at Table 1.“ (Originaltext) Die geringere MDA-Konzentrationen (Marker für ROS) erklären die Autoren damit, dass am Anfang der Befeldung die elektromagnetischen Felder Oxidationen in einigen Zellstrukturen des Hirngewebes verursachen, später erfolgt eine Resistenz gegen oxidative Angriffe. Das könnte zu weniger Endprodukten wie MDA am Ende führen. In der Gruppe Bestrahlung + Vitamin C könnte es sein, dass Vitamin C die Zellkomponenten gegen oxidative Angriffe schützen kann. Deshalb ist die oxidierbare Struktur im Hirngewebe am Ende der Studie immer noch vorhanden, die eine MDA-Produktion verursacht haben könnte. Zur Logik dieser Ergebnisse und Interpretation haben wir die Autoren angefragt, bis zum Redaktionsschluss jedoch keine Antwort bekommen.