Autor(en):
Othman H*, Ammari M, Rtibi K, Bensaid N, Sakly M, Abdelmelek H.
* University of Carthage, Faculty of Sciences of Bizerte, Laboratory of Integrative Physiology, Jarzouna 7021.
Tunesien
Veröffentlicht in:
Environ Toxicol Pharmacol 2017; 52: 239-247
Veröffentlicht: Juni 2017
auf EMF:data seit 02.02.2018
Weitere Veröffentlichungen:
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Postnatale Entwicklung und Wirkungen auf das Verhalten durch eine in utero-Exposition von Ratten gegenüber hochfrequenten Wellen von konventionellen WiFi-Geräten.

Postnatal development and behavior effects of in-utero exposure of rats to radiofrequency waves emitted from conventional WiFi devices.

Original Abstract

Quelle: PubMed
Exposition:

2450 MHz
Mobiles Internet/WLAN

EMF:data Auswertung

Einleitung

Während früher Mikrowellenofen (2,45 GHz) und Radaranlagen erforscht wurden, sind heute drahtlose Einrichtungen, insbesondere WLAN-Geräte im Fokus der Forschung, die auch mit 2,45 GHz arbeiten und weit verbreitet sind. Das Nervensystem und ungeborene Lebewesen sind besonders empfindlich und es gibt bisher nur wenige Untersuchungen dazu. In diesen Experimenten wurde an Ratten untersucht, wie sich nicht-thermische, täglich einwirkende 2,45-GHz-Strahlung eines normalen WLAN-Gerätes auf Feten im Mutterleib später auf die Entwicklung der Nachkommen nach der Geburt auswirkt.

Quelle: ElektrosmogReport Juni 2017

Studiendesign und Durchführung

Zunächst wurden 2 x 5 trächtige Tiere in 2 Gruppen unterteilt (scheinbestrahlte Kontrolle, bestrahlte Gruppe) und die eine Gruppe täglich 2 Stunden mit einem 2,45-GHz-WLAN-Signal über die gesamte Schwangerschaft bestrahlt. Der Abstand von der Antenne des Modems betrug 25 cm. Nach der Geburt wurden die Entwicklung der Nachkommen auf Gewicht, wann sie die Augen öffnen, Nervensystem, Reflexe und Verhalten die ersten 17 Tage lang untersucht. Bis Tag 17 wurde jeden Tag gewogen, das Verhältnis männlich/weiblich festgestellt und wie viele nach Geburt sterben. Nach der Entwöhnung erfolgten 2 Verhaltenstests: Zur Beobachtung des Verhaltens der Nachkommen wurden Tests für Entwicklung der physischen Eigenschaften und der Reflexe durchgeführt wie Saugreflex, Gleichgewicht, 180°-Drehung, Negative Geotaxis und andere Reflexe. Nach 28 Tagen erfolgte Beobachtung der Ängstlichkeit und nach 40–43 Tagen der Motorik. Der oxidative Stress im Gehirn wurde mittels Lipidperoxidation (MDA) und der Aktivitäten der Enzyme SOD und Katalase an Tag 28 und 43 bestimmt. Die Aktivitäten von Cholinesterase und Butyrylcholinesterase in Gehirn und Blutserum wurden auch an Tag 28 und 43 ermittelt.

Ergebnisse

Die Nachkommen wurden am 21. Tag der Trächtigkeit geboren, es gab keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf Lebensfähigkeit u. a., das Verhältnis männlich/weiblich war ähnlich, etwa 57 zu 43 in beiden Gruppen. Die Anzahl der Nachkommen war bei den bestrahlten Muttertieren nur etwa halb so hoch (63 zu 37). In beiden Gruppen überlebten alle Tiere. Das Körpergewicht war nicht signifikant verschieden in den ersten 17 Tagen. Die Augen öffneten sich bei den bestrahlten Tieren einen Tag früher (15,8 statt 16,4 Tage). Die Entwicklung des Nervensystems wurde zuerst im Alter von 12 Tagen untersucht. Die bestrahlten Jungtiere reagierten bei den verschiedenen Reflex- und Verhaltenstests meist signifikant weniger bzw. langsamer als die Kontrolltiere (Saugreflex, Gleichgewicht, 180°-Drehung, Negative Geotaxis u. a.). Es scheinen Gleichgewichtssinn (vestibuläre Strukturen) und Reifung des Bewegungsapparates (Muskel-Rezeptoren) vor allem bei den Vorderpfoten an der Beeinträchtigung durch WLAN-Strahlung beeinträchtigt zu sein. Die Tests auf Ängstlichkeit und Motorik zeigten keine signifikanten Unterschiede, d. h. es gab keine Veränderungen des emotionalen Verhaltens und der Fähigkeit zur Koordination.

Die Bestimmung von oxidativem Stress, die Aktivitäten der Acethylcholinesterase und Butyrylcholinesterase ergab unterschiedliche Werte in den beiden Gruppen. Die bestrahlten Tiere zeigten an Tag 28 einen signifikanten Anstieg der MDA- und Wasserstoffsuperoxid(H2O2)-Konzentrationen sowie signifikante Abnahme der Enzymaktivitäten von Katalase und Superoxid-Dismutase. Am Tag 43 waren alle Werte fast gleich, nur H2O2 war in den bestrahlten Tieren noch hoch. D.h. der oxidative Stress scheint reversibel zu sein. Die Aktivität der Acethylcholinesterase im Gehirn war an Tag 28 und 43 signifikant erhöht, die Butyrylcholinesterase im Serum an Tag 43 niedriger. Beeinflussung der Cholinesterase-Aktivitäten könnten Auswirkungen auf die entsprechenden Neurotransmitter und damit das Verhalten haben.

Schlussfolgerungen

Aus den Daten ergibt sich, dass WLAN-Strahlung nah am Körper von Tier und Mensch nicht unschädlich ist. Die Studie zeigt, dass Bestrahlung der Mütter mit 2,45-GHz-WLAN-Frequenzen verschiedene nachteilige Auswirkungen auf die Nachkommen hat. Die Entwicklung des Nervensystems der Nachkommen ist bis zum 17. Tag verzögert, aber es gab keine Auffälligkeiten im Verhalten, weder im Empfindungsbereich noch bei der Bewegungsfähigkeit nach 28 und 43 Tagen. Das Verhalten der erwachsenen Tiere legt nahe, dass keine bleibenden Schädigungen auftreten. Die WLAN-Strahlung erzeugte oxidativen Stress im Nervengewebe der Nachkommen am Tag 28 und beeinflusste die Cholinesterase-Aktivität im Nervensystem und im Blutserum. Es wird oxidativer Stress im Gehirn erzeugt und die Aktivität der Acetylcholinesterase in Gehirn und Serum wird erhöht. Das Redox-Gleichgewicht wurde bis Tag 28 verschoben in Richtung oxidativen Stress. Die oxidativen Beeinträchtigungen durch die Bestrahlung im Mutterleib werden demnach bei den erwachsenen Tieren ausgeglichen. Die Frage ist zu klären, welche Langzeitwirkungen die WLAN-Strahlung auf Lebewesen hat.