Die Mobilfunktechnologie, eine der am schnellsten wachsenden Technologien weltweit, ist aus dem alltäglichen Leben vieler Nutzer nicht mehr wegzudenken. Sie wird sowohl zu Hause, an öffentlichen Orten, am Arbeitsplatz und in Schulen genutzt. Die möglichen, schädigenden Wirkungen dieser Technologie sind aus diesem Grund ein wichtiger Forschungsbereich. Mobiltelefone senden hochfrequente, nicht-ionisierende Strahlung aus. Eine Reihe von Studien berichten, dass die von Mobiltelefonen ausgesandte Strahlung schädliche Auswirkungen auf zellulärer und molekularer Ebene haben können. Darunter fallen unter anderem DNA-Schäden, verschiedene Krebsarten, oxidativer Stress, Lipidperoxidation und Anomalien in Chromosomen. Langzeitexposition gegenüber hochfrequenter Strahlung könnte dazu führen, dass sich die negativen Auswirkungen anhäufen. Die möglichen kumulierenden Wirkungen hängen von der Intensität und der Dauer der Bestrahlung ab. Die biologische Wirkungsweise von elektromagnetischen Feldern (EMF) wird bereits bei Intensitäten erfasst, die weit unterhalb von thermischen Wirkungen operieren. Aus diesem Grund können klassische thermodynamische Theorien das Phänomen nicht erklären. Da Mobiltelefone während des Telefonierens normalerweise nah am Kopf gehalten werden, kann die Strahlung 4 – 6 cm in den Kopf und damit das Gehirn vordringen. Das Gehirn ist besonders anfällig gegenüber reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), da es große Mengen an Lipiden und ungesättigten Fettsäuren enthält. Außerdem besitzt es ein schwaches antioxidatives Schutzsystem. Einzel- oder Doppelstrangbrüche der DNA, welche nicht korrekt repariert werden, können zu Krebs oder chromosomalen Anomalien führen. Chromosmale Anomalien können Zelltod und Mutationen bedingen. In der Literatur gibt es keine einheitliche Meinung dazu, ob hochfrequente Mobilfunkstrahlung in der Lage sind, genetische Schäden hervorzurufen. Aus diesem Grund versuchten die Wissenschaftler der hier vorgestellten Studie zu erfassen, ob DNA Schäden im Gehirn durch die Belastung mit Mobilfunkstrahlung entstehen. Außerdem wurde untersucht, inwiefern oxidativer Stress entsteht und welche Auswirkungen dieser hat.
Insgesamt wurden 28 erwachsene, männliche Sprague Dawley Ratten untersucht. Diese wurden in vier Gruppen unterteilt. Gruppe 1: scheinbestrahlt; Gruppe 2: 900 MHz Bestrahlung; Gruppe 3: 1800 MHz Bestrahlung; Gruppe 4: 2100 MHz Bestrahlung. Die Bestrahlung fand 6 Monate lang täglich für 2 Stunden statt. Die Antenne des Strahlungsgenerators wurde hierbei mittig in einem Plexiglaskarussell angebracht. Die Köpfe der Ratten waren während der Bestrahlung zur Antenne orientiert. Die Antenne war äquivalent zu den Antennen von Mobiltelefonen. Die kalkulierten Ganzkörper SAR-Werte betrugen 0,638, 0,166 und 0,174 W/kg für respektive 900, 1800 bzw. 2100 MHz. Nach der Probenentnahme untersuchten die Wissenschaftler DNA-Einzelstrangbrüche im Gehirn. Außerdem wurden verschiedene Marker für oxidativen Stress analysiert: TAS (totaler Antioxidant-Status); TOS (Totaler Oxidant-Status); OSI (oxidativer Stressindex); MDA (Malondialdehyde); 8-OHdG (8-Hydroxydeoxyguanosin); Totales Serumnitritlevel. Beim TAS-Wert wird die antioxidative Kapazität einer Probe bestimmt. Diese wird als Äquivalent des Vitamin E-Derivats Trolox angegeben. Vergleichbar wird beim TOS-Wert die oxidative Kapazität als H2O2-Äquivalent angegeben. Der OSI stellt den Quotienten aus TOS und TAS dar. MDA entsteht bei der Lipidperoxidation. 8-OHdG ist ebenfalls ein biologischer Marker für oxidativen Stress und Krebsbildung und wird durch DNA-Oxidation hervorgerufen. Das Serumnitritlevel stellt einen Marker für nitrosativen Stress (reaktive Stickstoffspezies) dar.
Die Arbeitsgruppe fand statistisch signifikant erhöhte Einzelstrangbrüche der DNA lediglich bei der 2100 MHz-Gruppe im Vergleich zu allen anderen Gruppen. Dies weist darauf hin, dass höherfrequente Strahlung DNA-Schädigungen hervorrufen kann. Der TOS-Wert war bei allen bestrahlten Gruppen im Vergleich zu der scheinbestrahlten Gruppe statistisch signifikant erhöht. Damit korrelierend ergab sich ein verringerter TAS-Wert der bestrahlten Gruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Des Weiteren fanden die Wissenschaftler eine statistisch signifikante Erhöhung der OSI, MDA und 8-OHdG Parameter bei den bestrahlten Gruppen im Vergleich zur scheinbestrahlten Gruppe. Bemerkenswerter Weise unterschieden sich auch die bestrahlten Gruppen untereinander signifikant, so dass eine Frequenzabhängigkeit des oxidativen Stresses in Gehirnzellen vermutet werden kann. Außerdem wurden erhöhte Nitritlevel bei der 1800 MHz- und 2100 MHz-Gruppe festgestellt.
Die Autoren der Studie adressierten die Fragestellungen, ob die Langzeitbelastung mit Mobilfunkstrahlung drei verschiedener Frequenzen (900, 1800 und 2100 MHz), DNA-Schädigungen und oxidativen Stress bzw. Schäden durch oxidativen Stress hervorrufen kann. Die Mobilfunkstrahlung scheint in der Lage zu sein, oxidativen Stress, Lipidperoxidation und DNA-Schädigung im Frontallappen des Gehirns zu verursachen. Dabei korreliert eine höhere Frequenz mit stärkeren Schädigungen. Laut den Autoren der Studie stehe dies im Einklang mit vielen aktuellen Studien und unterstütze die Hypothese, dass Mobilfunkstrahlung verantwortlich für Schäden an biologischem Gewebe sein kann. (RH)