Autor(en):
Soubere Mahamoud Y*, Aite M, Martin C, Zhadobov M, Sauleau R, Le Dréan Y, Habauzit D.
* Institut national de la santé et de la recherche médicale (Inserm), Institut de recherche en santé, environnement et travail (Irset - Inserm UMR 1085), Transcription, Environment and Cancer group (TREC), Rennes, France.
Frankreich
Veröffentlicht in:
PLoS One. 2016 Aug 16;11(8):e0160810
Veröffentlicht: 16.08.2016
auf EMF:data seit 16.08.2019
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

French National Research Agency (Agence Nationale de la Recherche, ANR), under grant number 10-CESA-017-01 (BioREF project) and by the French Agency for Food, Environmental and Occupational Health & Safety (ANSES), under grant number EST-2014/2 RF/012 (BEMAM project).

Schlagwörter zu dieser Studie:
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Zusätzliche Wirkungen von Millimeterwellen und 2-Deoxyglucose Ko-Exposition auf das Transkriptom von menschlichen Keratinozyten.

Additive Effects of Millimeter Waves and 2- Deoxyglucose Co-Exposure on the Human Keratinocyte Transcriptome.

Original Abstract

Millimeter Waves (MMW) will be used in the next-generation of high-speed wireless technologies, especially in future Ultra-Broadband small cells in 5G cellular networks. Therefore, their biocompatibilities must be evaluated prior to their massive deployment. Using a microarray-based approach, we analyzed modifications to the whole genome of a human keratinocyte model that was exposed at 60.4 GHz-MMW at an incident power density (IPD) of 20 mW/cm² for 3 hours in athermic conditions. No keratinocyte transcriptome modifications were observed. We tested the effects of MMWs on cell metabolism by co-treating MMW-exposed cells with a glycolysis inhibitor, 2-deoxyglucose (2dG, 20 mM for 3 hours), and whole genome expression was evaluated along with the ATP content. We found that the 2dG treatment decreased the cellular ATP content and induced a high modification in the transcriptome (632 coding genes). The affected genes were associated with transcriptional repression, cellular communication and endoplasmic reticulum homeostasis. The MMW/2dG co-treatment did not alter the keratinocyte ATP content, but it did slightly alter the transcriptome, which reflected the capacity of MMW to interfere with the bioenergetic stress response. The RT-PCR-based validation confirmed 6 MMW-sensitive genes (SOCS3, SPRY2, TRIB1, FAM46A, CSRNP1 and PPP1R15A) during the 2dG treatment. These 6 genes encoded transcription factors or inhibitors of cytokine pathways, which raised questions regarding the potential impact of long-term or chronic MMW exposure on metabolically stressed cells.

Exposition:

60,4 GHz
5G
20 mW/cm²

EMF:data Auswertung

Einleitung

Als Millimeterwellen bezeichnet man Mikrowellen, deren Frequenzband zwischen 30 und 300 GHz liegt. Aller Voraussicht nach werden 5G-Netzwerke in diesem Frequenzbereich operieren. Es wird erwartet, dass 5G-Netzwerke ab 2020 flächendeckend zum Einsatz kommen. Aus diesem Grund müssen Wirkungen von Millimeterwellen auf Mensch und Umwelt zeitnah bewertet werden. Einige Publikationen beschreiben schmerzlindernde Wirkungen von Millimeterwellen sowie Wirkungen auf entzündliche Prozesse des Körpers, was auf eine Wechselwirkung von Millimeterwellen und dem menschlichen Körper hinweist. Die Mechanismen, welche hinter den therapeutischen Wirkungen von Millimeterwellen stehen, sind jedoch nicht bekannt. Die Autoren der hier vorgestellten Publikation untersuchten die Wirkung von 60 GHz-Millimeterwellen auf Hautzellen. In einem zweiten Schritt ahmten sie den sogenannten Warburg-Effekt nach. Dabei handelt es sich um eine Veränderung des Glukose-Stoffwechsels, bei dem ATP anaerob durch Milchsäure gewonnen wird, anstatt aerob über den Citratzyklus. Diese Stoffwechselveränderung wird bei verschiedenen Krebszellen beobachtet. Schlussendlich wurde das sogenannte Transkriptom der Hautzellen untersucht. Das Transkriptom ist definiert als die Gesamtheit aller RNA-Moleküle innerhalb einer Zelle, zu einem bestimmten Zeitpunkt. Jedes einzelne RNA-Molekül steht hierbei für ein abgelesenes Gen. Eine Transkriptomanalyse gibt also Aufschluss über ein verändertes Ableseverhalten des Genoms und liefert damit Hinweise für eine modifizierte Proteinbiosynthese.

Quelle: ElektrosmogReport September 2019 | 25. Jahrgang, Nr. 3

Studiendesign und Durchführung

Da Millimeterwellen eine vergleichsweise geringe Eindringtiefe in Gewebe aufweisen, untersuchten die Wissenschaftler Hautzellen. Es wurden in vitro Experimente durchgeführt, das heißt Zellen wurden in Zellkulturschalen außerhalb eines Körpers kultiviert. Bei den Zellen handelte es sich um primäre Keratinocyten (dominanter Zelltyp der Haut) und HaCaT-Zellen. Bei HaCaT handelt es sich um eine unsterbliche Keratinocyten-Zelllinie, welche immer noch Charakteristika der primären Keratinocyten aufweist, jedoch einfacher in der Kulturhandhabung ist. Die Zellen wurden mit 60 GHz Millimeterwellen bei 20 mW/cm² über 3 Stunden bestrahlt. In einem zweiten Schritt wurden sie zusätzlich mit 20 mM 2-Desoxyglucose behandelt, um den Warburg-Effekt nachzuahmen. 2-Desoxyglucose hemmt die aerobe ATP-Produktion der Mitochondrien (aerobe Glykolyse). Letztendlich wurden vier verschiedene Versuchsbedingungen miteinander verglichen: scheinbehandelt; bestrahlt; scheinbehandelt+2-Desoxyglucose; bestrahlt+2-Desoxyglucose. Das Ableseverhalten der Gene wurde durch Microarrays analysiert. Kandidaten, die einen Hinweis auf verändertes Ableseverhalten lieferten, wurden mittels RT-PCR überprüft.

Ergebnisse

Lediglich die Behandlung mit 2-Desoxyglucose, nicht aber mit Millimeterwellen hat eine Wirkung auf die intrazelluläre ATP-Konzentration. Dies weist darauf hin, dass Millimeterwellen nicht den durch 2-Desoxyglucose initiierten Stoffwechselstress verstärken. Nach dieser Feststellung wurde die Wirkung von Millimeterwellen auf das Transkriptom untersucht. Es konnten keine Unterschiede zwischen Bestrahlung und Scheinbestrahlung festgestellt werden. Die Zugabe von 2-Desoxyglucose (Vergleich scheinbestrahlt vs. scheinbestrahlt+2-Desoxyglucose) resultierte in einer veränderten Expression von 665 bzw. 770 Genen (in Abhängigkeit eines statistischen Schwellenwertes). Anschließend wurde die Doppelbelastung mit Millimeterwellen und 2-Desoxyglucose untersucht (Vergleich von bestrahlt+2-Desoxyglucose und scheinbestrahlt+2-Desoxyglucose). Es wurden mittels RT-PCR sechs Gene identifiziert, welche eine Wirkung von Millimeterwellen bei Stoffwechselstress bestätigen.

Schlussfolgerungen

Die Beobachtung, dass Millimeterwellen nicht den zellulären ATP-Gehalt beeinflussen, werten die Autoren als Hinweis dafür, dass nicht die Funktion der Mitochondrien beeinflusst wird. Fünf der sechs bei der Doppelbelastung identifizierten Gene sind mit Signalwegen von Zelloberflächenrezeptoren assoziiert. Dies könnte einen Hinweis darstellen, dass Millimeterwellen bei einer krebszellähnlichen Stoffwechselveränderung (Warburg-Effekt) die Zelloberfläche verändern. Außerdem zeigt dies eine Involvierung in der Zell-Zell-Kommunikation. Zwei der Gene haben Einfluss auf sehr wichtige Signalkaskaden, dem RAS/RAF- und dem JAK/STAT-Signalweg. Beide Signalwege sind mit Krebsentwicklung assoziiert. Die Wissenschaftler fordern zukünftig eine weitere Untersuchung, insbesondere der chronischen Belastung mit MMW, um die möglichen Risiken besser abschätzen zu können. (RH)