Autor(en):
Panagopoulos DJ.
* National Center for Scientific Research “Demokritos”, Athens.
Griechenland
Veröffentlicht in:
Gen. Physiol. Biophys. (2019), 38, 445–454
Veröffentlicht: 01.09.2019
auf EMF:data seit 03.12.2019
Weitere Veröffentlichungen:
Schlagwörter zu dieser Studie:
DNA-Schädigung
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Chromosomenschädigung in menschlichen Zellen durch UMTS-Mobilfunkstrahlung.

Chromosome damage in human cells induced by UMTS mobile telephony radiation.
Exposition:

UMTS/3G
92 ± 27 μW/cm²; SAR lt. Herstellerangaben = 0,66 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

In den vergangenen Jahren ist sowohl in der wissenschaftlichen, als auch öffentlichen Wahrnehmung eine zunehmende Besorgnis über die potenziell negativen Auswirkungen von künstlichen elektromagnetischen Feldern (EMF) auf die menschliche Gesundheit entstanden. Sowohl hochfrequente EMF als auch niederfrequente EMF wurden durch die „International Agency for Research on Cancer“ (IARC) als möglicherweise krebserregend beim Menschen klassifiziert. Moderne drahtlose Kommunikationsgeräte kombinieren hochfrequente elektromagnetische Trägerwellen mit niederfrequenter Pulsierung und Modulation. Dadurch können Menge und Geschwindigkeit der übertragenen Daten optimiert werden. Die häufigste Quelle hochfrequenter elektromagnetischer Felder (HF-EMF) im Kommunikationsbereich stellt das „Universal Mobile Telecommunications System“ (UMTS) oder 3G dar. Milliarden Mobilfunknutzer sind weltweit der 3G-Strahlung ausgesetzt. Eine Reihe von Studien, unter anderem zwei groß angelegte Langzeitstudien des USA „National Toxicology Program“ (NTP) und des italienischen Ramazzini-Instituts, demonstrieren negative Auswirkungen von 2G- und 3G-Strahlung auf Tumorraten. Die Wissenschaftler der hier vorgestellten Studie untersuchten die potenziell genschädigende Wirkung von 3G-Strahlung, abgegeben durch ein handelsübliches Mobiltelefon, auf menschliche Blutzellen. Bei diesen Blutzellen handelt es sich um Lymphozyten. Lymphozyten stellen in der Wissenschaft ein bekanntes Modell dar, um die genschädigende Wirkung verschiedener Umwelteinflüsse wie z.B. Strahlung, Rauchen, Arzneimittel etc. beurteilen zu können. Dies erfolgt über einen sogenannten „G2-Assay“. Hierbei werden während der G2-Phase des Zellzyklus chromosomale Schäden mikroskopisch sichtbar, welche durch die untersuchten Umwelteinflüsse hervorgerufen werden. In der G2- bzw. prämitotischen Phase verdichten sich die Chromosomen, sodass diese unter dem Mikroskop sichtbar werden. Brüche oder Lücken innerhalb der Chromosomen weisen auf DNA-Schädigungen hin.

Quelle: ElektrosmogReport Dezember 2019 | 25. Jahrgang, Nr. 4

Studiendesign und Durchführung

Die Blutproben wurden 6 gesunden Spendern im Alter zwischen 28 und 42 Jahren entnommen. Bei den Individuen handelt es sich um Männer und Frauen mit „moderater“ Mobilfunknutzung (weniger als ca. 30 Minuten Gespräch pro Tag). Die Blutproben wurden in 30 ml Fläschchen kultiviert. Pro Individuum wurden 800 Zellen (400 bestrahlte und 400 scheinbestrahlte) auf chromosomale Schäden untersucht. Als Chromosomenschäden wurden Chromatidbrüche und Chromatidlücken gewertet. Die Bestrahlung der Proben erfolgte über ein handelsübliches Mobiltelefon, während eines aktiven Anrufs über 15 Minuten, mit 1 cm Abstand zu der Wand des Kulturfläschchens. Die dabei gemessene durchschnittliche Intensität der Mobilfunkstrahlung betrug 92 ± 27 μW/cm². Die niederfrequente Modulation erfolgte bei 100 Hz mit 12 ± 4,2 V/m und 0,09 ± 0,04 µT bzw. bei 1500 Hz 8 ± 4,6 V/m und 0,006 ± 0,002 µT. Laut Herstellerangaben beträgt der SAR-Wert des Telefons für den menschlichen Kopf 0,66 W/kg. Die gemessenen Strahlungsintensitätswerte sind repräsentativ für UMTS-Mobilfunkstrahlung im Anrufmodus und liegen weit unter den aktuellen Grenzwerten der ICNIRP.

Ergebnisse

Ein einzelner Anruf des 3G-Mobiltelefons über 15 Minuten erhöhte die Anzahl der chromosomalen Veränderungen um 100 - 275% im Vergleich zu den scheinbestrahlten Kontrollen. Die Blutproben der Individuen unterschieden sich in ihrer Empfindlichkeit gegenüber der Bestrahlung. Durch die Bestrahlung wurden hauptsächlich Lücken, in niedrigeren Prozentzahlen allerdings auch Brüche hervorgerufen. Sowohl Lücken als auch Brüche (so wie die Gesamtzahl der Veränderungen) waren im Vergleich zu den scheinbestrahlten Kontrollen signifikant erhöht.

Schlussfolgerungen

Es ist gut dokumentiert, dass DNA-Schäden während der Zellteilung in chromosomale Veränderungen umgewandelt werden. Die in dieser Studie beobachteten Chromosomenschäden sind also wahrscheinlich auf DNA-Schäden, verursacht durch Mobilfunkstrahlung, zurückzuführen. Diese DNA-Schäden konnten nicht durch zelluläre Mechanismen repariert werden und weisen auf die genschädigende/bioaktive Wirkung von Mobilfunkstrahlung hin. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass thermische Effekte keine Rolle spielen. Frühere Studien über Mobilfunkstrahlung an Lymphozyten erzielten keine einheitlichen Resultate. Der Autor schreibt dies unter anderem der Verwendung von simulierten Feldern anstatt realen Geräten als Strahlungsquelle zu. Die hohe Variabilität neuerer Mobilfunkstrahlung mache sie sehr bioaktiv, da sich lebende Organismen schlecht an sie gewöhnen können. Dies sei bei simulierten Feldern einfacher. Weiterhin empfiehlt er eine drastische Einschränkung der Mobilfunknutzung, den Einsatz von kabelgebundenen Headsets oder des Lautsprechers und generell einen möglichst großen Abstand von Mobiltelefonen zum Körper. (RH)