Autor(en):
Doyon PR*, Johansson O.
* Doyon Independent Research, 1428 7th Ave., Santa Cruz, CA 95062, United States.
International
Veröffentlicht in:
Med Hypotheses 2017; 106: 71-87
Veröffentlicht: September 2017
auf EMF:data seit 29.05.2020
Weitere Veröffentlichungen:
Schlagwörter zu dieser Studie:
Grundlagenforschung  |  (Oxidative) Stress-Reaktion  |  Immunsystem
Reviews/Übersichtsarbeiten
zur EMF:data Auswertung

Elektromagnetische Felder können möglicherweise über die Calcineurin-Inhibierung zur Immunsuppression führen und dadurch das Risiko für opportunistische Infektion erhöhen: denkbare Wirkmechanismen.

Electromagnetic fields may act via calcineurin inhibition to suppress immunity, thereby increasing risk for opportunistic infection: Conceivable mechanisms of action.

Original Abstract

Exposition:

EMF allgemein

EMF:data Auswertung

Einleitung

In den vergangenen 30 Jahren gab es eine erhebliche Zunahme an zuvor seltenen Krankheiten und funktionellen Beeinträchtigungen, wie z.B. Autismus-Spektrum-Störung, Chronisches Müdigkeitssyndrom oder Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Viele von diesen Syndromen gehen mit einem geschwächten Immunsystem bzw. Störungen des Immunsystems (Allergien, Lebensmittelunverträglichkeiten, Autoimmunerkrankungen etc.) einher. Zeitgleich gab es einen starken Anstieg von durch Menschen verursachte elektromagnetische Felder (EMF). Außerdem verknüpfen eine Reihe von experimentellen und epidemiologischen Studien die Belastung mit elektromagnetischer Strahlung, mit vielen dieser Krankheitszustände, ihren Störungen im Immunsystem und ihren Symptomen. Ein möglicher Weg, wie elektromagnetische Felder das Immunsystem beeinflussen könnten, wäre über Ca2+-Signalkaskaden und das Enzym Calcineurin. Bei Calcineurin handelt es sich um eine Serin-Threonin-Phosphatase, die in einer Reihe von Geweben mit lebenswichtigen Funktionen wie z.B. Nerven, Herz, Skelett und Muskel vorkommt. Calcineurin spielt eine zentrale Rolle bei der Immunantwort und ist bei einer Vielzahl von Signalwegen beteiligt, die mit der zellulären Entwicklung zusammenhängen. Bezüglich des Immunsystems ist Calcineurin entscheidend an der Aktivierung, Zellteilung und Differenzierung von T-Lymphozyten beteiligt. Transplantatempfängern werden Calcineurininhibitoren verabreicht, um das Immunsystem zu unterdrücken und eine Organabstoßung zu verhindern. Dies hat die Nebenwirkung, dass die Empfänger leichter an sog. opportunistischen Infektionen, wie z.B. Pilz/Hefe-, Virus- und atypischen Bakterieninfektionen erkranken. Es gibt Hinweise darauf, dass Calcineurininhibitoren über die Erhöhung von oxidativem Stress wirken. Die Autoren stellen die Hypothese auf, dass elektromagnetische Felder, in Abhängigkeit von einer Reihe von Faktoren, eine stimulierende, hemmende oder gar keine Wirkung auf die Calcineurinaktivität haben können. Ein möglicher Mechanismus, wie eine hemmende Wirkung zu Stande kommen könnte, wäre eine pathologische Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS, Reactive Oxygen Species).

Quelle: ElektrosmogReport Mai 2020 | 26. Jahrgang, Nr. 2

Studiendesign und Durchführung

Die Autoren analysierten wissenschaftliche Literatur.

Ergebnisse

Diverse Studien zeigen, dass niederfrequente elektromagnetische Felder einen Ca2+-Einstrom, durch die Öffnung von spannungsabhängigen Kalziumkanälen verursachen können. Dies passiert allerdings nur bei bestimmten Frequenzen und Feldstärken. Es ist bekannt, dass die Aktivierung von T-Lymphozyten unter anderem mit einem Zustrom von Ca2+ verknüpft ist. Ein übermäßiger, pathologischer Einstrom von Ca2+ könnte jedoch zu der übermäßigen Produktion von ROS führen, welche wiederum Calcineurin hemmen und so die Immunantwort abschwächen. Es konnte experimentell demonstriert werden, dass ROS eine starke hemmende Wirkung auf Calcineurin besitzen. Eine Vielzahl von Studien zeigen nicht-thermische Wirkungen von elektromagnetischen Feldern auf das Immunsystem. Diese Wirkungen betreffen unter anderem immunspezifische Organe, angeborene und adaptive Immunzellaktivität, Antikörper, Autoimmunsystem und Empfindlichkeit gegenüber Nahrungsmitteln. Viele dieser Studien finden diese Wirkungen allerdings bei kurzeitigen Belastungen mit Leistungsdichten, die um ein Vielfaches stärker sind als die, welchen Menschen im Alltag ausgesetzt sind. Die Autoren gehen jedoch davon aus, dass die langfristige Belastung mit niedrigeren Leistungsdichten, welcher ein Großteil der Menschheit ausgesetzt sind, eine ähnliche Auswirkung haben könnte. Bei Menschen, die aus beruflichen Gründen mit elektromagnetischen Feldern belastet sind, existieren ebenfalls Wirkungen auf das Immunsystem. Unter anderem werden Verringerungen der Gesamtlymphozytenzahl, der T-Lymphozytenzahl sowie diverser biologischer Marker (CD4, CD3, interferon gamma, ODC Aktivität und Anzahl an NK-Zellen) beschrieben.

Schlussfolgerungen

Viele Studien zeigen, dass elektromagnetische Felder Auswirkungen auf das Immunsystem haben können. Es gibt Hinweise darauf, dass Calcineurininhibitoren ihre hemmende Wirkung durch die Stimulierung von ROS-Produktion verursachen. Es ist bekannt, dass auch elektromagnetische Felder ROS generieren. Des Weiteren wurde in einer Reihe von Studien demonstriert, dass ROS Calcineurin hemmen. Daher stellen die Autoren die Hypothese auf, dass EMF Calcineurin indirekt hemmen. Dies geschehe durch eine übermäßige ROS-Produktion als Folge eines pathologischen Kalziumzustroms in die Zelle und mache den Körper zunehmend anfällig für Infektionen. (RH)