Autor(en):
Hao YH*, Zhao L, Peng RY.
* Department of Experimental Pathology, Beijing Institute of Radiation Medicine, Beijing 100850, China.
China
Veröffentlicht in:
Biomed Environ Sci 2018; 31 (1): 57-65
Veröffentlicht: Januar 2018
auf EMF:data seit 20.09.2021
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

National Natural Science Foundation of China [No. 31570847]. Department of Experimental Pathology, Beijing Institute of Radiation Medicine, Beijing 100850, China.

Schlagwörter zu dieser Studie:
(Oxidative) Stress-Reaktion  |  Autophagie
Reviews/Übersichtsarbeiten
zur EMF:data Auswertung

Wirkungen elektromagnetischer Strahlung auf die Autophagie und ihre Regulation.

Effects of electromagnetic radiation on autophagy and its regulation.
Exposition:

EMF allgemein
75 Hz - 1800 MHz

EMF:data Auswertung

Einleitung

Ein aus China kommender Review untersucht den Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern (EMF) und Autophagie. Mit der ständig wachsenden Verwendung elektronischer Technologien nimmt auch die Exposition der Bevölkerung zu elektromagnetischer Strahlung (EMS) schnell zu. Dieser Trend ist in Zukunft vermutlich noch ausgeprägter, und könnte ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko für die Menschheit werden. Die Problematik ist unter dem Begriff „Elektrosmog“ nunmehr flächendeckend bekannt. Das zellbiologische Phänomen der Autophagie wurde 1962 entdeckt, und es findet starkes Interesse im Bereich der Biomedizin, da die Autophagie an vielen physiologischen und pathologischen Prozessen beteiligt ist. Autophagie bedeutet „sich selbst essen“, und rührt daher, dass einzelne Zellen auch über eine Form der „Verdauung“ verfügen, die im Extremfall mit der Apoptose, d.h. Zelltod, endet. Die Autophagie ist ein zellulärer Recyclingweg, der in eukaryotischen Zellen existiert und der zytoplasmatische Komponenten wie fehlgefaltete Proteine (z.B. Prione) und geschädigte Organellen (z.B. Mitochondrien) zu den Lysosomen transportiert – Vesikel mit Verdauungsenzymen, um sie dort abzubauen und schließlich zu recyceln. Die Autophagie spielt eine entscheidende Rolle bei Zellanpassung, der Beseitigung von intrazellulären Parasiten, dem Anti-Aging und der Tumorunterdrückung. Im weiteren Sinn werden drei Arten der Autophagie unterschieden: Makroautophagie, Mikroautophagie und Chaperon-vermittelte Autophagie (CMA). In der vorliegenden Studie ist jedoch unter „Autophagie“ immer die Makroautophagie gemeint. Bei der Makroautophagie wird das Ziel durch eine Doppelmembran (Autophagosom) umwickelt, welche dann in einem weiteren Schritt mit Lysosomen verschmilzt, die Verdauungsenzyme beinhalten.

Quelle: ElektrosmogReport September 2021 | 27. Jahrgang, Nr. 3

Studiendesign und Durchführung

Die Autoren haben 10 Studien ausgewertet, die Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf die Autophagie untersuchten. In 7 Studien konnte eine Aktivierung der Autophagie belegt werden. Die Autoren weisen darauf hin, dass dies ein sehr junges Forschungsfeld ist, vieles noch nicht erforscht wurde und kein allgemeiner Konsens besteht. Scheinbar sind hauptsächlich nicht-thermische Effekte verantwortlich – die meisten Studien verwendeten niederfrequente (NF) oder hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) im nicht-thermischen Bereich, generell um oder unterhalb von 4 W/kg (SAR) für die HF-EMF. Effekte von EMS auf die Autophagie sind unterschiedlich je nach verwendeter Zelllinie oder Zelltyp. In einer Studie führte Bestrahlung mit EMS nur bei bösartigen Krebszellen (des Pankreas) zur Autophagie, jedoch nicht bei nicht-malignen Pankreaszellen. Die Auswirkungen von EMS auf die Autophagie sind auch abhängig vom verwendeten Nährmedium. Die Effekte sind scheinbar dosisabhängig, wobei höhere EMS-Dosen zu einer stärkeren Induktion der Autophagie führen.

Ergebnisse

Mechanismen: EMS führt zur Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS, „freie Radikale“) in den exponierten Zellen. Der hierbei entstehende oxidative Stress kann viele Zellbestandteile oder Makromoleküle schädigen – meistens auf irreversible Weise. Die veränderten Proteine oder geschädigten Organellen müssen abgebaut werden, und neue wiederhergestellt werden, um das Überleben der Zellen zu sichern. Auf diese Weise führt EMS zur Induktion der Autophagie – dies kann mit Antioxidantien verhindert werden. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass NF-EMF die sogenannte microRNA miR-30a herunterreguliert, was wiederum zur Aktivierung der Autophagie führt.

Schlussfolgerungen

Die Autoren bemängeln, dass wegen fehlender Standardisierung der EMS-Parameter, die Resultate verschiedener Labors / Forschergruppen nicht miteinander vergleichbar oder
konsistent sind. Dies bewirke Hindernisse in Bezug auf die Formulierung (schützender) gesetzlicher Richtlinien, und verzögere Fortschritte in diesem Forschungsfeld.

Anm. der Redaktion: Hinweise häufen sich, dass fehlgebildete Proteine, d.h. Prionen, bei vielen neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt sind (z.B. Alzheimer und Parkinson). Prionen werden durch Autophagie neutralisiert, so dass eine gezielte Steuerung dieser Prozesse medizinisch wertvoll wäre. Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass kurzfristige Exposition gegenüber EMS das Risiko, an der Alzheimer-Krankheit zu erkranken, reduziert und Symptome mildert, wohingegen chronische Exposition ein verschlimmernder Faktor ist. Genaue Kenntnisse der hierbei relevanten Mengen an EMS scheinen unabdingbar für medizinische Anwendungen – was auch zu allgemeinerer Anerkennung schädlicher Effekte führen sollte. (AT)