Autor(en):
Nyirenda VR*, Namukonde N, Lungu EB, et al.
* Department of Zoology and Aquatic Sciences, School of Natural Resources, The Copperbelt University, P.O. Box 21692, Kitwe.
Sambia
Veröffentlicht in:
Biologia 77, 2237–2249 (2022)
Veröffentlicht: 01.06.2022
auf EMF:data seit 08.12.2022
Weitere Veröffentlichungen:
Schlagwörter zu dieser Studie:
Wirkung auf Tiere
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Auswirkungen eines von einem Mobilfunkmast erzeugten elektromagnetischen Strahlungsgradienten auf die Verteilung von Landvögeln und Insekten in einem Savannenschutzgebiet.

Effects of phone mast-generated electromagnetic radiation gradient on the distribution of terrestrial birds and insects in a savanna protected area.

Original Abstract

Exposition:

Mobilfunk-Basisstation
Ø Leistungsflussdichte: 23-430 μW/m²

430 μW/m² (unmittelbare Nähe zum Funkmasten; Standort „Heron Camp“)
135 μW/m² (8 km Abstand; Standort „Chunga Camp“)
23 μW/m² (12 km Abstand; Standort „Hook bridge“)

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die unsachgemäße Errichtung von Infrastrukturen wie Wildschutzzäune, Straßen, Stromleitungen, Gebäude und Mobilfunkmasten kann sich nachteilig auf Wildtiere auswirken. Todesfälle aufgrund von Kollisionen von Wildtieren mit solchen Infrastrukturen sind vielfach dokumentiert. Es gibt jedoch auch nicht-physische und weniger untersuchte Auswirkungen, wie z. B. die "versteckten" negativen ökologischen Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung (EMS) auf die terrestrische Fauna. Seit den 1990er Jahren hat es ein beispielloses Wachstum im Telekommunikationssektor gegeben, was zu einer explosionsartigen Zunahme der unterstützenden Infrastruktur, wie z. B. der Mobilfunkmasten, geführt hat, deren Aufstellung nur begrenzt oder gar nicht geregelt ist.

Die EMS eines Mobilfunkmasten besteht aus polarisierten elektromagnetischen Feldern, die für die Tierwelt bioaktiver sind als die natürliche nicht-ionisierende EMS. Die fortgesetzte Exposition von Menschen, Wildtieren und der Vegetation gegenüber EMS kann unterschiedliche Auswirkungen haben, die von verringerter Produktivität, Verhaltensänderungen und Zellschäden, Neurodegeneration, Missbildungen, erhöhter Anfälligkeit für Krankheitserreger und Parasiten bis hin zu hohen Sterblichkeitsraten gehen. Die unsachgemäße Errichtung von Mobilfunkmasten kann möglicherweise unbeabsichtigte und unerwünschte negative biologische und ökologische Auswirkungen haben.

Quelle: ElektrosmogReport Dezember 2022 | 28. Jahrgang, Nr. 4

Studiendesign und Durchführung

In dieser Studie wurden die Auswirkungen der von Mobilfunkmasten erzeugten EMS auf das Vorkommen (Abundanz) und den Artenreichtum von Landvögeln und Insekten im Kafue-Nationalpark, Sambia, untersucht. Die Beobachtungen im Felde liefen über drei Jahre (2016–2018). Zehn Probeflächen von je 100 m × 100 m wurden an drei Standorten in unterschiedlicher Entfernung (1–12 km) und EMS-Stärken angelegt. Alle drei Standorte befanden sich in einer Savannenumgebung mit ähnlichen Vegetationstypen und unterschieden sich nur durch die Entfernung zum Mobilfunkmasten. Für die Bestandsaufnahme der Vögel wurden Punktzählungen in 15 Probeflächen (5 Probeflächen pro Probenahmestelle) mit Quadraten von 100 m × 100 m durchgeführt. Für die Insekten wurden verschiedene Methoden wie Handsammlung, Kescher und verschiedene Typen von Fallen verwendet. Tausendfüßler, Käfer, Ameisen, Termiten, Spinnen sowie Schmetterlinge und Bienen wurden separat und laut spezifischen Probenahme-Protokollen gezählt und bestimmt. Die Daten wurden anhand von biologischen Indizes der Artenvielfalt (z. B. Shannon-Wiener und Simpson) analysiert.

Ergebnisse

Die Vielfalt der Tierwelt nahm mit zunehmender EMS-Stärke signifikant ab. Am Standort „Heron Camp“ in direkter Nähe zum Mobilfunkmasten betrug die durchschnittliche EMS-Stärke 430 μW/m² . In 8 km Abstand (Standort „Chunga Camp“) wurde eine Leistungsdichte von 135 μW/m² gemessen, in 12 km Abstand (Standort „Hook bridge“) 23 μW/m². Es gab einen signifikanten Unterschied in der Anzahl der Vögel über das EMS-Gefälle hinweg. Das dem Mobilfunkmast am nächsten gelegene Gebiet wies die geringste Anzahl von Arten auf (n = 5). Der Standort mit der geringsten Elektrosmogbelastung wies die höchste durchschnittliche Anzahl an Vögeln auf. Es gab auch signifikante Unterschiede im Artenreichtum der Vögel über den EMS-Gradienten während des Untersuchungszeitraums. Die durchschnittliche Zahl der aktiven Baumhöhlennester nahm mit abnehmender EMS-Stärke deutlich zu. Es gab signifikante Unterschiede in der Anzahl der Insekten über den EMS-Gradienten hinweg. Der Standort Hook Bridge mit der geringsten Elektrosmog-Belastung (250 μA/m) wies die höchste durchschnittliche Anzahl von Insekten (n = 602) auf, die achtzehn Arten angehörten. Am Standort Chunga mit mäßiger EMS-Belastung (600 μA/m) wurden im Mittel 233 Insekten aus sechs Arten gezählt. Im Heron Camp (1070 μA/m), dem Standort am Mobilfunkmasten, wurden nur 22 Insekten aus drei Arten gefunden.

Schlussfolgerungen

Die EMS-Stärke korreliert negativ mit der terrestrischen Vogel- und Insektenvielfalt. Die Verringerung der Abundanz und des Reichtums an Vögeln könnte nicht nur auf direkte biologische und ökologische Auswirkungen von EMS zurückzuführen sein, sondern auch auf indirekte Auswirkungen wie den Verlust der Fruchtbarkeit von Bäumen infolge von EMS. Es besteht ein Bedarf an der Formulierung und Umsetzung von korrespondierenden Maßnahmen, die die Landnutzung im Verhältnis zu den ökologischen Leistungen bewerten und überwachen. Zu den künftigen Maßnahmen sollte auch die Erforschung der psychophysiologischen und kognitiven Reaktionen der Arten gehören, die in dieser Studie nicht untersucht wurden, um das Verständnis darüber zu verbessern, was die Entscheidungen einer Art über die Nutzung ihres Lebensraums beeinflusst, wenn sie mit künstlicher EMS konfrontiert wird. Die Autoren schlagen vor, dass bei der Einrichtung drahtloser Telekommunikationsinfrastrukturen die EMS-Werte berücksichtigt werden sollten, insbesondere in biologischen „Hotspots“ wie Naturschutzgebieten. Für ein anpassungsfähiges Management wild lebender Vögel und Insekten plädieren die Autoren für eine Politik, die verlangt, dass vor der Installation von Mobilfunkmasten umfassende biologische Bestandsaufnahmen durchgeführt werden müssen. Die Zusammensetzung, Struktur und Abundanz der Arten zum Zeitpunkt der Installation und die beobachteten Trends nach der Installation sollten als Bedingungen des Betriebs von Mobilfunkmasten legal verankert werden. (AT)