Autor(en):
Zhang Y*, Zhang Y, Ye Z, Yang S, Liu M, Wu Q, Zhou C, He P, Qin X.
* Division of Nephrology, Nanfang Hospital, Southern Medical University, Guangzhou.
China
Veröffentlicht in:
Int J Public Health 2023; 68: 1605358
Veröffentlicht: 16.02.2023
auf EMF:data seit 21.08.2023
Weitere Veröffentlichungen:
Schlagwörter zu dieser Studie:
Nieren
Epidemiologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Mobiltelefon-Nutzung, genetische Anfälligkeit und neu auftretende chronische Nierenkrankheiten.

Mobile Phone Use, Genetic Susceptibility and New-Onset Chronic Kidney Diseases.

Original Abstract

Objective: To examine the associations of mobile phone use and its use characteristics with new-onset CKD. Methods: 408,743 participants without prior CKD in the UK Biobank were included. The primary outcome was new-onset CKD. Results: During a median follow-up of 12.1 years, 10,797 (2.6%) participants occurred CKD. Compared with mobile phone non-users, a significantly higher risk of new-onset CKD was found in mobile phone users (HR = 1.07; 95% CI: 1.02–1.13). Moreover, among mobile phone users, compared with participants with weekly usage time of mobile phone making or receiving calls <30 min, a significantly higher risk of new-onset CKD was observed in those with usage time ≥30 min (HR = 1.12; 95% CI: 1.07–1.18). Moreover, participants with both high genetic risks of CKD and longer weekly usage time of mobile phones had the highest risk of CKD. Similar results were found using the propensity score matching methods. However, there were no significant associations of length of mobile phone use, and hands-free device/speakerphone use with new-onset CKD among mobile phone users. Conclusion: Mobile phone use was significantly associated with a higher risk of new-onset CKD, especially in those with longer weekly usage time of mobile phones making or receiving calls. Our findings and the underlying mechanisms should be further investigated.

Exposition:

Mobiltelefone

EMF:data Auswertung

Einleitung

Chronische Nierenerkrankungen haben eine große Bedeutung weltweit und sind ein wichtiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und frühzeitigen Tod. In 2017 gab es 697,5 Millionen Fälle chronischer Nierenerkrankungen weltweit mit einer Prävalenz von 9,1 %. Diese Erkrankung ist gut vermeidbar, deshalb ist frühzeitige Erkennung von Risikofaktoren wichtig, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Angesichts der steigenden Zahl von Mobilfunknutzern (2020 weltweit 8,2 Milliarden Verträge) stellt sich die Frage, ob die Nutzung eines Mobilfunkgeräts (Gespräche führen und empfangen) möglicherweise schädliche Auswirkungen bei Vielnutzern hat. Bekannte Symptome bei sehr häufigem Telefonieren mit dem Mobiltelefon sind Depressionen, Stress und Schlafstörungen, die auch Risikofaktoren für Nierenschädigung sind. Zell- und Tierexperimente haben gezeigt, dass Mobilfunkstrahlung oxidativen Stress, Entzündungsreaktionen, Kreatinin im Blut und DNA-Schädigung erhöht und so zur Entstehung von chronischer Nierenerkrankung beiträgt. Diese Studie sollte dazu klären, ob es einen Zusammenhang zwischen der Nutzungshäufigkeit von Mobiltelefonen und chronischer Nierenerkrankung gibt und ob genetische Faktoren das Risiko erhöhen.

Quelle: ElektrosmogReport September 2023 | 29. Jahrgang, Nr. 3

Studiendesign und Durchführung

In dieser Studie wurden 408 743 Teilnehmer ausgewählt, die in der Britischen Biobank (UK Biobank) erfasst sind, anfangs keine chronischen Nierenerkrankungen aufwiesen (Kreatinin, Albumin, geschätzte glomeruläre Filtrationsrate = eGFR) und von denen die gesamten Daten zum Telefonieren mit dem Mobiltelefon vorlagen. Die Fragen bezogen sich immer auf Gespräche führen und Gespräche annehmen. Die UK Biobank ist eine umfangreiche Kohortenstudie, die Daten zur Verfügung stellen soll, um untersuchen zu können, welche Faktoren aus den Bereichen Genetik, Umwelt und Lebensstil zu Gesundheitszustand bzw. Erkrankungen führen. Die Studie sammelte Daten von über 500 000 Menschen zwischen 37 und 73 Jahren aus England, Wales und Schottland von 2006–2010.

Die Daten zur Mobilfunknutzung – seit wann und wie häufig das Gerät zum Telefonieren pro Woche genutzt wird, ob Kopfhörer/Freisprecheinrichtung verwendet wird – beruhen auf der Selbsteinschätzung der Teilnehmer beim ersten Fragebogen. Nach Abgleich verschiedener Daten wurden für die Untersuchung zur Mobilfunknutzung 101 816 Personen ausgewählt, je 50 908 für die beiden Gruppen Nutzer/Nichtnutzer und chronische Nierenerkrankung. Die Unterteilung erfolgte in 6 Kategorien über die Jahre von „Kein Mobiltelefon oder zumindest einmal pro Woche“ bis „weiß nicht“ oder „will nicht antworten“. Die Frage zur Dauer der wöchentlichen Gespräche in den letzten 3 Monaten unterteilte sich in 8 Kategorien von „weniger als 5 Minuten“ über „mehr als 6 Stunden“ bis „will nicht antworten“. Zur Nutzung von Kopfhörer/Freisprecheinrichtung gab es ebenfalls mehrere Antwortmöglichkeiten in ähnlicher Weise. Die genetischen Risikofaktoren der Nierenfunktion wurden anhand von 263 Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs, das sind erblich veränderte Basenpaare, die Red.) berechnet, wobei die Teilnehmer in „hohes“, „mittleres“ oder „geringes“ genetisches Risiko für chronische Nierenerkrankungen eingestuft wurden. Andere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ethnie, Bildung, Einkommen, Rauchen, Alkohol, BMI, Diabetes, Blutdruck, Cholesterol, Medikamente u. a. wurden ebenfalls einbezogen.

Ergebnisse

Von den 408 743 Teilnehmern waren 348 602 Mobiltelefonnutzer und 60 141 Nichtnutzer, das Durchschnittsalter betrug 56,3 Jahre und 46,2 % waren männlich. Die Nutzer waren jünger, häufiger Raucher, BMI, eGFR und Einkommen waren höher, sie hatten niedrigeren Blutdruck und weniger nahmen Medikamente. Die Vieltelefonierer waren jünger, häufiger männlich, mehr Raucher und Nutzer von Kopfhörern/Freisprecheinrichtungen, hatten niedrigeren Blutdruck, weniger Medikamente, höheres Einkommen, höheren BMI und längere Mobiltelefongespräche. Bei der Folgestudie nach 12,1 Jahren trat bei 10 797 (2,6 %) Personen eine chronische Nierenerkrankung auf. Im Vergleich mit Nichtnutzern ergab sich bei den Nutzern ein signifikant erhöhtes Risiko für eine chronische Nierenerkrankung. Zudem hatten diejenigen Mobilfunknutzer, die das Mobiltelefon weniger als 30 Minuten pro Woche nutzten, ein signifikant geringeres Risiko als Nutzer von 30 Minuten oder mehr. Hatten die Nutzer zudem ein erhöhtes genetisches Risiko für Nierenerkrankungen, war das Risiko bei häufiger wöchentlicher Mobilfunknutzung (über 30 Minuten) am höchsten; die wöchentliche Nutzungszeit ergab dabei keine signifikanten Unterschiede. Die Länge der Gespräche und die Nutzung von Kopfhörern/Freisprecheinrichtungen ergaben ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen den Mobilfunknutzern. Die Ergebnisse wurden mit anderen Berechnungsmethoden bestätigt.

Schlussfolgerungen

Mobilfunknutzung (Gespräche führen und empfangen) stand in dieser Studie im Zusammenhang mit einem signifikant höheren Risiko, eine Nierenerkrankung zu erwerben, besonders bei Personen mit häufiger wöchentlicher Nutzung. Die Autoren liefern eine biologisch plausible Erklärung für den Zusammenhang zwischen Mobilfunk und chronischen Nierenerkrankungen. Sie beziehen sich auf die vielen Studien, die Auswirkungen des Mobilfunks auf den Sympathikus und den Blutdruck, dass Stress, Schlafstörungen und Depressionen entstehen können und dass auf Zellebene neben vielen Veränderungen oxidativer Stress, Entzündungsvorgänge und DNA-Schädigung auftreten.

Die Ergebnisse und die zugrunde liegenden Mechanismen sollten weiter untersucht werden. Wenn die Ergebnisse bestätigt werden, ist es für die Vermeidung von chronischer Nierenschädigung wichtig, die Dauer des Telefonierens mit dem Mobiltelefon zu reduzieren. (IW)