Autor(en):
Karipidis K*, Brzozek C, Mate R, Bhatt CR, Loughran S, Wood AW.
* Australian Radiation Protection and Nuclear Safety Agency, Melbourne, Australia School of Health Sciences, Swinburne University of Technology, Melbourne.
Australien
Veröffentlicht in:
Environ Evid 2023; 12 (1): 9
Veröffentlicht: 11.05.2023
auf EMF:data seit 12.02.2024
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

The Australian Government’s Electromagnetic Energy Program.

Schlagwörter zu dieser Studie:
Wirkung auf Tiere  |  Wirkung auf Pflanzen
Reviews/Übersichtsarbeiten
zur EMF:data Auswertung

Welche Erkenntnisse gibt es über die Auswirkungen anthropogener hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Tiere und Pflanzen in der Umwelt: eine systematische Übersicht.

What evidence exists on the impact of anthropogenic radiofrequency electromagnetic fields on animals and plants in the environment: a systematic map.

Original Abstract

Background: Exposure to radiofrequency (RF) electromagnetic fields (EMF), particularly from telecommunications sources, is one of the most common and fastest growing anthropogenic factors on the environment. In many countries, humans are protected from harmful RF EMF exposure by safety standards that are based on guidelines by the International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP). The ICNIRP guidelines are based on knowledge of how RF EMF affects the human body, however, there are currently no recognised international guidelines to specifically protect animals and plants. Whether the ICNIRP guidelines for humans are adequate to provide protection to the environment is a subject of active debate. There is some public concern that new telecommunications technologies, like the 5G mobile phone network may affect the natural environment. This systematic map presents a searchable database of all the available evidence on whether anthropogenic RF EMF has an effect on plants and animals in the environment. The map also identifies gaps in knowledge, recommends future research and informs environmental and radiation protection authorities.

Methods: The method used was published in an a priori protocol. Searches included peer-reviewed and grey literature published in English with no time and geographic restrictions. The EMF-Portal, PubMed and Web of Science databases were searched, and the resulting articles were screened in three stages: title, abstract and full text. Studies were included with a subject population of all animals and plants, with exposures to anthropogenic RF EMF (frequency range 100 kHz–300 GHz) compared to no or lower-level exposure, and for any outcomes related to the studied populations. For each included study, metadata were extracted on key variables of interest that were used to represent the distribution of available evidence.

Review findings: The initial search, search update and supplementary searches produced 24,432 articles and of those 334 articles (237 on fauna and 97 on flora) that were relevant were included in the systematic map. The vast majority of studies were experiments conducted in a laboratory rather than observational studies of animals and plants in the natural environment. The majority of the studies investigated exposures with frequencies between 300 and 3000 MHz, and although the exposure level varied, it was mainly low and below the ICNIRP limits. Most of the animal studies investigated insects and birds, whereas grains and legumes were the most investigated plants. Reproduction, development and behaviour were the most investigated effects for animals, and germination and growth for plants. The vast majority of the studies employed poor quality methods.

Conclusion: There are distinct evidence clusters: for fauna, on insect and bird reproduction, development and behaviour; and for flora, grain and legume germination and growth that would benefit from specific systematic reviews. The systematic map also highlights the clear need for investigating the effects of RF EMF on more species and more types of effects, and for an improvement in the quality of all studies.

Exposition:

HF allgemein
100 kHz–300 GHz

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die Exposition durch hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) ist einer der häufigsten und am schnellsten wachsenden anthropogenen Faktoren in der Umwelt.  In vielen Ländern werden die Menschen durch Sicherheitsnormen, die auf den Richtlinien der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) beruhen, vor schädlicher HF-EMF-Exposition geschützt (so zumindest die offizielle Position, Anm. der Red.). Die ICNIRP-Richtlinien beruhen auf den Erkenntnissen über die Auswirkungen von HF-EMF auf den menschlichen Körper, doch gibt es derzeit keine anerkannten internationalen Richtlinien, die auch Tiere und Pflanzen schützen. Die Frage, ob die ICNIRP-Richtlinien ausreichen, um die Umwelt zu schützen, ist Gegenstand aktiver Diskussionen. Die Intensität von HF-EMF nimmt mit der Entfernung von der HF-Quelle sehr schnell ab. Obwohl es viele HF-Quellen in der Umwelt gibt, ist es die unmittelbare Nähe zu einer bestimmten Quelle (z. B. direkt neben einer Rundfunkantenne), die zu deutlich erhöhter Exposition führt. Die Öffentlichkeit ist besorgt, dass neue Telekommunikationstechnologien, wie 5G, die natürliche Umwelt beeinträchtigen könnten. Um dieses Risiko besser einschätzen zu können, haben nun eine Gruppe australischer Forscher eine systematische Karte erarbeitet, die eine grobe und breite Übersicht des Forschungsstandes darstellt. Das Ziel dieser systematischen Karte ist es, alle relevanten Beweise für die Auswirkungen von HF-EMF auf Tiere und Pflanzen in der Umwelt zu identifizieren, zu sammeln und zu kategorisieren. Diese Karte bietet eine durchsuchbare Datenbank mit allen verfügbaren Belegen dafür, ob anthropogene HF-EMF Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere in der Umwelt haben. Die Karte zeigt auch Wissenslücken auf, empfiehlt zukünftige Forschung und informiert Umwelt- und Strahlenschutzbehörden. Sie wurde von der „Australian Radiation Protection and Nuclear Safety Agency“ (ARPANSA) in Zusammenarbeit mit der „Swinburne University of Technology“ erstellt. Die ICNIRP bereitet derzeit eine Stellungnahme zu den Auswirkungen von EMF auf die Umwelt vor und prüft, ob die derzeitigen Expositionsrichtlinien für Menschen auch Pflanzen und Tiere in ihrer natürlichen Umgebung ausreichend schützen. Die hier beschriebene systematische Karte wird in das ICNIRP-Projekt einfließen und auch anderen Umwelt- und Strahlenschutzbehörden zur Verfügung gestellt werden.

Quelle: ElektrosmogReport Februar 2024 | 30. Jahrgang, Nr. 1

Studiendesign und Durchführung

Die angewandte Methode wurde in einem A-priori-Protokoll veröffentlicht. Es wurden die Datenbanken EMF-Portal, PubMed und Web of Science durchsucht, und die daraus resultierenden Artikel wurden in drei Stufen geprüft: Titel, Zusammenfassung und Volltext. Eingeschlossen wurden alle Studien, die Tiere oder Pflanzen zum Gegenstand hatten und die eine Exposition durch HF-EMF (bei 100 kHz–300 GHz) untersuchten. Alle Laborstudien an Nagetieren oder Primaten wurden jedoch ausgeschlossen, mit der Rechtfertigung, dass diese Studien das Ziel hatten, Auswirkungen beim Menschen zu modellieren. Für jede eingeschlossene Studie wurden Metadaten zu Schlüsselvariablen von Interesse extrahiert, welche zur Darstellung der Verteilung der verfügbaren Evidenz verwendet wurden.

Ergebnisse

Die Suche ergab 24 432 Artikel, von denen 334 Artikel (237 über Fauna und 97 über Flora) relevant waren und in die systematische Karte aufgenommen wurden. Bei der überwiegenden Mehrheit der Studien handelte es sich um Laborexperimente und nicht um Beobachtungsstudien von Tieren und Pflanzen in der natürlichen Umgebung. Die Mehrzahl der Studien untersuchte Expositionen bei Frequenzen zwischen 300 und 3000 MHz, und obwohl die Expositionsstärke variierte, war sie meist niedrig und lag unter den ICNIRP-Grenzwerten. In den meisten Tierstudien wurden Insekten (n=101) und Vögel (n=86) untersucht, während Getreide (n=21) und Hülsenfrüchte (n=19) die am häufigsten untersuchten Pflanzen waren. Bei den Tieren wurden vor allem die Entwicklung der Fortpflanzung und das Verhalten, bei den Pflanzen die Keimung und das Wachstum untersucht. In der überwiegenden Mehrheit der Studien wurden Methoden von schlechter Qualität verwendet (zumindest im interdisziplinären Vergleich, Anm. der Red.).

Schlussfolgerungen

Diese systematische Karte sammelte und katalogisierte die Originalforschung, die sich mit den Auswirkungen anthropogener HF-EMF auf Tiere und Pflanzen in der Umwelt befasst.
Es gibt eindeutige Evidenzcluster: für die Fauna zu Fortpflanzung, Entwicklung und Verhalten von Insekten und Vögeln und für die Flora zu Keimung und Wachstum von Getreide und Hülsenfrüchten, die von spezifischen systematischen Reviews profitieren würden. Die systematische Karte zeigt auch die klare Notwendigkeit, die Auswirkungen von HF-EMF auf mehr Arten bei mehr Frequenzen zu untersuchen, und eine Verbesserung der Qualität der Studien anzustreben. Die systematische Karte hat eine Reihe von Unterthemen identifiziert, die von einer weiteren Analyse profitieren würden. Die Cluster zu Fortpflanzung, Entwicklung und Sterblichkeit von Vögeln und Insekten könnten speziell untersucht und möglicherweise in einer großen systematischen Übersicht zusammengefasst werden.
Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit einer direkten Bestrahlung von Vögeln und Insekten, sowie der möglichen Exposition von Eiern in Nestern in der Nähe von Telekommunikationsantennen, sind diese Fragen relevant für politische Entscheidungsträger. Die Auswirkung von HF-EMF auf das Verhalten von Vögeln und Insekten ist ein weiteres Thema, zu dem es eine ganze Reihe von Arbeiten gibt, die von einem Review profitieren würden. Mit diesem Thema verbunden sind Studien zur Untersuchung der Magnetrezeption und Orientierung von Zugvögeln und bestimmten Insekten. Eine Synthese der Erkenntnisse zu letzteren Themen wird wahrscheinlich durch die besonders niedrige Qualität jener Studien erschwert, so dass eine sorgfältige Analyse des Risikos der Verzerrung erforderlich ist.

Ein besonderes öffentliches Anliegen im Zusammenhang mit der Einführung des 5G-Mobilfunknetzes sind die möglichen Auswirkungen auf Bienenvölker. Ein systematisches Review, welches alle Studien zusammenführt, welche das Verhalten und die Orientierung von exponierten Bienen untersucht haben, wäre für die politischen Entscheidungsträger sehr nützlich. Bei der Flora ist das offensichtliche Unterthema, zu dem es zahlreiche Studien gibt, die Thema einer systematischen Übersicht werden könnten, die Keimung und das Wachstum, hauptsächlich bei Getreide und Hülsenfrüchten. Es gibt nur eine kleine Anzahl von Beobachtungsstudien über die Abundanz bzw. den Rückgang von Populationen bestimmter Vögel und Insekten, und es besteht ein großer Bedarf an weiteren Beobachtungsstudien zur Untersuchung der ökologischen Auswirkungen von EMF. (AT)