Autor(en):
Ok F*, Emre M, Bisgin A, Jafarguliyev S, Boga I, Cetiner S, Yesyet G, Bagir E, Bayazit Y, Doran S.
* Department of Urology, Faculty of Medicine, Cukurova University, Adana.
Türkei
Veröffentlicht in:
Tumor Discov. 2024;3(1): 1703
Veröffentlicht: 19.02.2024
auf EMF:data seit 15.05.2024
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

Cukurova University Scientific Research Projects with grant number TSA-2019-12306.

Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Wirkung von 900-MHz-Mobilfunkstrahlung eines Mobiltelefons auf Hodenimmunität und das damit verbundene Risiko für Keimzelltumoren in den Hoden.

Effect of 900 MHz radiofrequency electromagnetic radiation emitted from mobile phone on testicular immunity and the associated risk of testicular germ cell tumor.

Original Abstract

The emission of radiofrequency electromagnetic radiation (RF-EMR) from mobile phones has been implicated in causing inflammatory changes in the testis. Nevertheless, the direct association of these changes with the development of testicular germ cell tumors (TGCT) remains unclear. Therefore, we purposed to investigate the effect of RF-EMR exposure on inflammatory changes in the testis, cytokine gene expression levels, and the incidence of TGCT. Twenty male Wistar albino rats were randomly assigned to either the study or control groups. The study group was exposed to RF-EMR at 900 MHz, 26 V/m, and a specific absorption rate (SAR) of 0.14 W/kg for 4 h/day over 8 weeks. Histopathological analysis, vitality analysis using Annexin V, and real-time polymerase chain reaction for the analysis of interleukin 1 (IL-1), IL-4, IL-10, tumor necrosis factor-alpha, and interferon-gamma (IFN-γ) cytokine gene expressions were performed on the testicular tissue. The median testis weight (163.0 g [133.0 – 183.0] vs. 179.0 g [134.0 – 195.0], P = 0.012) and volume (0.95 cm3 [0.800 – 1.400] vs. 1.100 cm3 [1.050 – 1.500], P = 0.031) of the study group were significantly lower compared to the control group. The seminiferous tubule damage (P < 0.001) and interstitial edema (P = 0.042) were significantly higher in the study group. The tunica albuginea thickness was significantly reduced in the study group (P < 0.001). The fold changes in the expression levels of IL-4 and IFN-γ increased significantly in the study group. Our findings indicate that RF-EMR exposure causes structural, histopathological, and inflammatory toxic effects on the testis. The observed elevation in gene expression levels of IL-4 and IFN-γ cytokines following RF-EMR exposure suggests their potential role as regulators of TGCT initiation, thereby offering a viable potential therapeutic target in combination with current treatments. Nonetheless, future well-designed studies are necessary to validate our findings.

Keywords

Radiofrequency electromagnetic radiation | Testis | Inflammation | Testicular germ cell tumor

Exposition:

900 MHz
Mobiltelefone
SAR = 0,14 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

Hochfrequenzstrahlung von Mobiltelefonen kann Zellschädigungen und entzündliche Veränderungen im Hoden hervorrufen, das ist vielfach belegt. Es ist aber unklar, ob es dadurch einen Zusammenhang mit der Entwicklung eines Keimzelltumors (Testicular germ cell tumor, TGCT) im Hoden kommen kann. Zytokine werden im Hoden gebildet, um die normale Funktion aufrechtzuerhalten. Unter Stressbedingungen (z. B. erhöhte ROS-Bildung) sorgen Zytokine für Entzündungsreaktionen unter Beteiligung von T-Lymphozyten. T-Lymphozyten treten in Erscheinung bei Keimzelltumoren in den Hoden, die die häufigsten Tumore bei jungen Männern darstellen, wobei Immunreaktionen ausgelöst werden. Diese Arbeit untersucht die Wirkung von Hochfrequenz auf die Genexpression von entzündlichen Zytokinen im Hoden und den möglichen Zusammenhang mit der Entwicklung von Keimzelltumoren.

Quelle: ElektrosmogReport Mai 2024 | 30. Jahrgang, Nr. 2

Studiendesign und Durchführung

2 Gruppen von je 10 männlichen Wistar-Albino-Ratten wurden 8 Wochen lang 4 Stunden täglich einem 900-MHz-Generator ausgesetzt, die Antenne war 32 cm von den Tieren entfernt angebracht. Das elektrische Feld betrug 26 V/m (entspricht 1,8 W/m2, die Red.), die SAR-Werte lagen zwischen 0,008 und 0,14 W/kg; die Körpertemperatur wurde permanent gemessen. Nach Beendigung der Bestrahlung wurden die Hoden entnommen und Gewicht und Volumen bestimmt. Die histopathologischen Untersuchungen betrafen Veränderungen an Samenkanälchen, Tunica albuginea und Leydig-Zellen und ob Ödeme im Interstitium auftraten. Weitere Tests waren DNA-Analysen zu Änderungen der Genexpression von den Entzündungszytokinen (Interleukine und Interferon-γ) IL-1, IL-4, IL-10 TNF-α und IFN-γ sowie auf apoptotische und nekrotische Zellen.

Ergebnisse

Das mittlere Gewicht der Hoden der bestrahlten Tiere war signifikant geringer als bei den Kontrollen. Das mittlere Volumen der Hoden war nach Bestrahlung ebenfalls signifikant geringer (0,95 cm3 vs. 1,10 cm3). Bei den bestrahlten Tieren gab es signifikant mehr Schäden an den Samenkanälchen (1,5 vs. 0,0), der Durchmesser war signifikant geringer als bei den Kontrollen (762,5 ± 83,4 µm vs. 775,7 ± 37,5 µm). Die durchschnittliche Dicke der Tunica albuginea war signifikant geringer (22,3 ± 4,61 µm vs. 87,4 ± 2,67 µm). Die Ödeme im Interstitium waren in der bestrahlten Gruppe signifikant stärker ausgeprägt als in der Kontrollgruppe. Die Anzahl der Leydigzellen war in der Kontrollgruppe höher. Bei der Genanalyse zeigte sich die Genexpression des anti-entzündlichen Zytokins IL-4 und des immunitätsfördernden Interferons IFN-γ signifikant erhöht, um mehr als das 6-fache bzw. fast das 10-fache. Die Vitalitätsanalyse (Annexin V) ergab kaum Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (43,6 % vs. 45,7 %), demnach gab es kaum Unterschiede bezüglich der Apoptose.

Die stark erhöhten Werte der IL-4- und IFN-γ-Konzentrationen, die beide u. a bei Tumorentwicklung und -bekämpfung eine Rolle spielen, könnten auf einen Zusammenhang mit der Entwicklung (Initiation) von Keimzelltumoren hindeuten. Es wird angenommen, dass das Risiko für TGCT aus einer Kombination von genetischen, hormonellen und umweltbedingten Faktoren besteht. Ein umweltbedingter Faktor kann Mobilfunkstrahlung sein, da das Telefon oft in der Nähe der Hoden getragen wird.

Schlussfolgerungen

900-MHz-Mobilfunkstrahlung erzeugt strukturelle, histopathologische und entzündliche Veränderungen im Hoden. Die Strahlung reduziert Gewicht und Volumen der Hoden signifikant, erhöht Schädigung der Samenkanälchen und Ödeme im Interstitium und vermindert die Dicke der Tunica albuginea. Zudem wird die Expression der Gene IL-4 und IFN-γ gesteigert, welche potenziell mit der Entwicklung von Keimzelltumoren in Hodengewebe im Zusammenhang stehen. Diese Zytokine könnten Regulatoren für die Initiation der Keimzelltumoren darstellen. Die in dieser Studie festgestellten stark erhöhten Expressionen von IL-4 und IFN-γ, die die Progression von Krebs beeinflussen, gibt Aufschluss über die mögliche Beteiligung an der Entstehung von Keimzelltumoren im Hoden. Das könnte eine zusätzliche Behandlungsmöglichkeit zusammen mit den bereits vorhandenen bieten. Zukünftige Studien sollten dem nachgehen. (IW)