Dies ist das erste bekannte Experiment, bei dem ein komplexes EMF verwendet wurde, das dem physiologischen Feuern von interzellulären Kalziumwellen nachempfunden ist. Die Ergebnisse zeigen, dass ein dynamisches, physiologisch gemustertes EMF die Vermehrung bösartiger Zellen hemmt und den Zelltod auslösen kann. Eine einzige Exposition mit dem Ca2+-modellierten EMF führte zu einem signifikanten Rückgang der durchschnittlichen Anzahl lebensfähiger Zellen um 50,3 %. Der vorgeschlagene Wirkmechanismus für dieses EMF mit spezifischer Frequenz umfasst die Erhöhung der Präsenz reaktiver Sauerstoffspezies, die unterschiedliche Aktivierung zellulärer Signalkaskaden und die Induktion eines schnellen Ca2+-Einstroms, die alle das Zellwachstum verringern und die Apoptose auslösen sollen. Zellen, die mit dem BAY K8644-Aktivator behandelt und dem Ca2+-EMF ausgesetzt wurden, zeigten keine signifikante Abnahme der durchschnittlichen Anzahl lebensfähiger Zellen im Vergleich zu den Gruppen ohne EMF und BAY K8644 + ohne EMF. Der Kalziumaktivator BAY K8644 ist ein spannungsabhängiger L-Typ-Kalziumkanal-Agonist, der die Permeabilität des Ca2+-Kanals erhöht, was zu einem kurzen Ca2+-Einstrom führt. Die Fähigkeit von BAY K8644, die Wirkungen von Ca2+-EMF zu hemmen, deutet darauf hin, dass die Wirksamkeit des Feldes in seiner Fähigkeit liegt, die kinetischen Eigenschaften von spannungsabhängigen Ca2+-Kanälen vom L- und T-Typ zu verändern. Außerdem ist das Ausbleiben einer Wirkung bei HEK293-Zellen von Bedeutung. Dies ist ein starkes Indiz für die Spezifität des Ca2+-EMF-Mechanismus. Krebs ist eine direkte Folge von Veränderungen in den Mechanismen, die für die Vermehrung und den Tod einer Zelle verantwortlich sind. Da die Ca2+-Signalübertragung für beide Prozesse entscheidend ist, kann die Bedeutung der Ca2+-Flüsse innerhalb und zwischen Zellen nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die abnorme Ca2+-Signalübertragung in bösartigen Zellen erfolgt durch die Veränderung und unterschiedliche Expression von Ca2+-Kanälen und -Pumpen. Da die Verabreichung des Aktivators die Wirkungen des Ca2+-EMF unterdrückte, wird angenommen, dass das Feld durch eine Erhöhung der Durchlässigkeit der T-Typ-Ca2+-Kanäle wirkt und so einen allmählichen Ca2+-Einstrom über den 40-minütigen Expositionszeitraum ermöglicht. Die konkurrierende Wirkung des Aktivators BAY K 8644 könnte die normale Ca2+-Signalisierung der bösartigen Zellen durch veränderte L-Typ-Kanäle fördern, während das Ca2+-EMF eine unregelmäßige, gestörte Signalisierung durch T-Typ-Kanäle bewirkt. Die Autoren schlagen vor, dass diese beiden konkurrierenden Wirkungen zu erheblichen Interferenzen führen, wobei die verbleibende Wirkung vernachlässigbar ist. Die Fähigkeit von Ca2+-EMF, die Vermehrung und das Überleben bösartiger Zellen zu beeinflussen, deutet darauf hin, dass die Exposition gegenüber spezifischen EMF als potenzielle Krebstherapie dienen könnte. Beachtliche mögliche medizinische oder auch militärische Anwendungsbereiche ergeben sich im Zuge des zu erwartenden Paradigmenwechsels „EMF-Signal steuert Biologie“ (Anm. der Redaktion). (AT)