Autor(en):
Chow S-C*, Zhang Y, Ng RWM, Hui S-YR, Solov’yov IA, Lui W-Y.
* School of Biological Sciences, The University of Hong Kong, Pokfulam, Hong Kong SAR, China.
China
Veröffentlicht in:
Front Public Health 2024; 12: 1425023
Veröffentlicht: 09.08.2024
auf EMF:data seit 11.11.2024
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

Volkswagen Foundation (Lichtenberg professorship awarded to IAS), the Deutsche Forschungsgemeinschaft (SFB 1372 Magnetoreception and Navigation in Vertebrates, no. 395940726 to IAS; TRR386/1 – 2023 HYP*MOL, no 514664767 to IAS), the Ministry for Science and Culture of Lower Saxony Simulations Meet Experiments on the Nanoscale: Opening up the Quantum World to Artificial Intelligence (SMART) and Dynamik auf der Nanoskala: Von kohärenten Elementarprozessen zur Funktionalität (DyNano). IAS thanks the Federal Office for Radiation Protection for financial support (no. 2022-I-037, 3621EMF203). This work was supported by Seed Funding for Strategic Interdisciplinary Research Scheme (The University of Hong Kong).

Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Externe HF-EMF verändern die Zellzahl und das ROS-Gleichgewicht möglicherweise über die Regulierung des NADPH-Stoffwechsels und der Apoptose.

External RF-EMF alters cell number and ROS balance possibly via the regulation of NADPH metabolism and apoptosis.

Original Abstract

The influence of weak radio-frequency electromagnetic field (RF-EMF) on living organisms raises new concern because of the Industrial, Scientific, and Medical (ISM) frequency band at 6.78 MHz being promoted by the AirFuel Alliance for mid-range wireless power transfer (WPT) applications and product development. Human exposure to the RF-EMF radiation is unavoidable. In this study, we employed in vitro cell culture and molecular biology approach coupled with integrated transcriptomic and proteomic analyses to uncover the effects of RF-EMF on cells at molecular and cellular levels. Our study has demonstrated that weak RF-EMF is sufficient to exert non-thermal effects on human umbilical vein endothelial cells (HUVEC). Exposure of weak RF-EMF promotes cell proliferation, inhibits apoptosis and deregulates ROS balance. Alteration of several signaling pathways and key enzymes involved in NADPH metabolism, cell proliferation and ferroptosis were identified. Our current study provide solid evidence for the first time that the present safety standards that solely considered the thermal effect of RF-EMF on cell tissue are inadequate, prompt response and modification of existing Guidelines, Standards and
Regulation are warranted.

Keywords

RF-EMF radiation | mid-range wireless power transfer | cellular responses | metabolism | reactive oxygen species

Exposition:

6,78 MHz
Magnetfelder
10 µT; Zwischenfrequenz; drahtlose Energieübertragung
Exponiertes System:
Endothelzellen menschlicher Nabelschnurvenen (HUVEC)

Schlussfolgerung der Studie (lt. Autor)

[...] Unsere aktuelle Studie liefert erstmals stichhaltige Beweise dafür, dass die derzeitigen Sicherheitsstandards, die ausschließlich die thermische Wirkung von RF-EMF auf Zellgewebe berücksichtigen, unzureichend sind und eine sofortige Reaktion und Änderung der bestehenden Leitlinien, Standards und Verordnungen gerechtfertigt ist (Auszug aus dem Abstract, übersetzt mit DeepL).

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die Popularität Qi-zertifizierter kabelloser Ladegeräte in der Unterhaltungselektronik sowie Fertigungsbetrieben hat viel Aufmerksamkeit erregt. Die AirFuel Alliance, die von einer Gruppe Unternehmen gegründet wurde, beabsichtigt die Nutzung drahtloser Energieübertragungstechnologie (wireless power transfer – WPT) für Anwendungen im mittleren Distanzbereich auszuweiten. Das ISM-Frequenzband (industrial, scientific and medical) könnte mit 6,78 MHz operieren und für den Mittelstrecken-Bereich genutzt werden. Da derzeitige Sicherheitsrichtlinien ausschließlich thermische Wirkungen von Hochfrequenz auf Gewebe berücksichtigen, sind mögliche nicht-thermische biologische Wirkungen weitgehend unerforscht. Im Hinblick auf Gesundheitsvorsorge ist eine Untersuchung biologischer Auswirkungen von Hochfrequenz in diesem Bereich vor der Implementierung von WPT-Technologien geboten. Eine im Jahr 2016 durchgeführte Studie hat gezeigt, dass schwache hochfrequente Felder (10 µT bei 7 MHz) Zellwachstum und reaktive Sauerstoffspezies (ROS) beeinflussen konnten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die molekularen Mechanismen zu erforschen, wie schwache Hochfrequenz im Mittelstrecken-WPT zelluläre Prozesse beeinflussen kann. Die vorliegende Studie untersucht die Auswirkung von 6,78-MHz-Hochfrequenz bei 10 µT in vitro an Endothelzellen menschlicher Nabelschnurvenen (HUVEC) mittels RNA-Sequenzierung und Proteomanalysen.

Quelle: ElektrosmogReport November 2024 | 30. Jahrgang, Nr. 4

Studiendesign und Durchführung

Die HUVEC wurden der angesprochenen Hochfrequenz (10 µT bei 6,78 MHz) für 72 h ausgesetzt, die Kontrollzellen scheinbefeldet. Die Wissenschaftler untersuchten Zellzahl, Apoptose, ROS sowie veränderte Genexpression auf RNA- und Proteinebene im Transkriptomik- bzw. Proteomik-Ansatz. Bei ausgewählten Kandidaten veränderter Genexpression wurden die Omik-Daten mittels quantitativer PCR überprüft. Basierend auf den Omik-Daten wurde außerdem eine KEGG-Analyse angereicherter Signalwege durchgeführt. (Anm. d. Red.: Die KEGG-Analyse angereicherter Signalwege ist eine bioinformatische Methode, bei der statistisch überprüft wird, ob bestimmte Signalwegskomponenten im Vergleich zum normalen Expressionsprofil überrepräsentiert sind.

Ergebnisse

Die Hochfrequenzbefeldung führte zu einer signifikanten Steigerung der Zellzahlen bei signifikant verminderter Anzahl apoptotischer Zellen. Die ROS-Homöostase wurde mit einer signifikanten Abnahme des Superoxid-Anions gestört. Insgesamt wurden 101 unterschiedlich exprimierte Gene (Transkriptomik) und 136 unterschiedlich exprimierte Proteine (Proteomik) identifiziert. In Bezug auf ihre molekulare Funktion waren die unterschiedlich exprimierten Gene (UEG) und unterschiedlich exprimierten Proteine (UEP) hauptsächlich in Oxidoreduktase-Aktivitäten, Aldoketo-Reduktase-Aktivitäten (NADP) und Malatenzym-Aktivitäten angehäuft. Die KEGG-Analyse ergab, dass zahlreiche kanonische Signalwege des Energiestoffwechsels (Pyruvat-Stoffwechsel und Pentosephosphatweg), Fokalkontakt-Signalwege, Folat-Biosynthese und PI3-Akt-Signalwege sowohl auf transkriptioneller als auch auf translationaler Ebene signifikant angereichert waren. Schlüsselgene der NADPH/NADH Homöostase, darunter ME1 (Malatenzym 1) und NNT (Nicotinamid Nukleotid Transhydrogenase), wurden durch die Hochfrequenzbefeldung signifikant in ihrer Expression verändert. Die Komponenten des Folat-Biosynthese-Signalweges AKR1B, AKR1C und SPR waren nach der Befeldung signifikant hochreguliert. Tatsächlich ist der Folat-Biosyntheseweg nicht nur wahrscheinlich für die NADPH-Produktion, sondern als Schlüsselkomponente für das Gleichgewicht von BH4/BH2 (Tetrahydrobiopterin/Dihydrobiopterin) verantwortlich. Es ist bekannt, dass ein höheres BH4/BH2 Verhältnis die Entgiftung von ROS begünstigt und dadurch oxidativen Stress verringert sowie Zellproliferation fördert.

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass die Hochfrequenz (10 µT bei 6,78 MHz) diverse Signalwege und Enzyme moduliert, die unter anderem den NADPH-Spiegel und ROS-Homöostase regulieren bzw. Apoptose direkt und indirekt hemmen. Es ist bekannt, dass unkontrolliertes Wachstum und die Überwindung von Apoptose charakteristische Merkmale aller Krebszellen sind, unabhängig von Ursache oder Art. Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass die Regeneration und Aufrechterhaltung eines hohen NADPH-Spiegels eine wichtige Rolle bei der Tumorentstehung spielt. Die beiden Enzyme ME1 und NNT, welche direkt am Zitratzyklus bzw. der Elektronentransportkette beteiligt sind, waren nach der Befeldung signifikant erhöht. Diese beiden Enzyme sind bei diversen Krebsarten dysreguliert und mit der Entwicklung, Verlauf sowie Prognose assoziiert. Die Aldo-Keto-Reduktasen (AKR) sowie die Septapterin-Reduktase (SPR) sind entscheidende Enzyme der BH4-Biosynthese. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass AKRs und BH4-Synthese antioxidative Eigenschaften besitzen und somit Zellen vor Ferroptose schützen. Einen weiteren Fall von Hochregulierung tumorigener Faktoren stellt die Veränderung des PI3K-Akt-Signalweges dar. Die Bildung von Effektoren wie PKN, CCND1 und VEGF, welche mit Tumorwachstum bzw. Gefäßbildung assoziiert sind, waren signifikant erhöht. Laut den Autoren deute die Hochregulierung diverser pro-tumorigener Faktoren in der Tat darauf hin, dass die Anwendung von Hochfrequenz im Mittelstrecken-Bereich (z. B. drahtlose Energieübertragung) ein Gesundheitsrisiko darstelle. Die Studie liefere robuste Belege dafür, dass die gegenwärtigen Sicherheitsstandards, welche ausschließlich auf thermischen Wirkungen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern beruhen, unzureichend seien und eine sofortige Reaktion inklusiver Änderung bestehender Richtlinien angemessen sei. (RH)