Autor(en):
Kim JH*, Seok JY, Kim YH, Kim HJ, Lee JK, Kim HR.
* Department of Pharmacology, College of Medicine, Dankook University, Cheonan 31116.
Südkorea
Veröffentlicht in:
Int J Mol Sci 2024; 25 (16): 8589
Veröffentlicht: 06.08.2024
auf EMF:data seit 11.11.2024
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

Basic Science Research Program through the National
Research Foundation (NRF) of Korea (grant number NRF-2022R1A2C1012144 to J.H.K.).

Schlagwörter zu dieser Studie:
Gedächtnis, Lernen, Verhalten
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Hochfrequenz-Exposition induziert synaptische Dysfunktion in kortikalen Neuronen, die Lern- und Gedächtnis-Veränderungen in frühen postnatalen Mäusen verursacht.

Exposure to Radiofrequency Induces Synaptic Dysfunction in Cortical Neurons Causing Learning and Memory Alteration in Early Postnatal Mice.

Original Abstract

The widespread use of wireless communication devices has necessitated unavoidable exposure to radiofrequency electromagnetic fields (RF-EMF). In particular, increasing RF-EMF exposure among children is primarily driven by mobile phone use. Therefore, this study investigated the effects of 1850 MHz RF-EMF exposure at a specific absorption rate of 4.0 W/kg on cortical neurons in mice at postnatal day 28. The results indicated a significant reduction in the number of mushroom-shaped dendritic spines in the prefrontal cortex after daily exposure for 4 weeks. Additionally, prolonged RF-EMF exposure over 9 days led to a gradual decrease in postsynaptic density 95 puncta and inhibited neurite outgrowth in developing cortical neurons. Moreover, the expression levels of genes associated with synapse formation, such as synaptic cell adhesion molecules and cyclin-dependent kinase 5, were reduced in the cerebral cortexes of RF-EMF-exposed mice. Behavioral assessments using the Morris water maze revealed altered spatial learning and memory after the 4-week exposure period. These findings underscore the potential of RF-EMF exposure during childhood to disrupt synaptic function in the cerebral cortex, thereby affecting the developmental stages of the nervous system and potentially influencing later cognitive function.

Keywords

radiofrequency electromagnetic fields | cerebral cortex | synapse | cell adhesion molecules | cyclin-dependent kinase 5 | spatial learning and memory

Exposition:

1850 MHz

EMF:data Auswertung

Einleitung

Da die Nutzung von Mobiltelefonen in der Regel mit einem engen Kontakt zum Kopf verbunden ist, sind mögliche Mobilfunkwirkungen auf das Zentrale Nervensystem (ZNS) von besonderer Bedeutung. Trotz wissenschaftlicher Kontroversen häufen sich die Belege dafür, dass Mobilfunk schädliche Auswirkungen, wie z. B. Beeinträchtigung der intrazellulären Kalzium-Homöostase, neuronale Schäden sowie Störungen der Neurotransmitter im ZNS besitzen kann. Vorhergehende Studien haben belegt, dass die spezifische Absorptionsrate (SAR) von 5-jährigen Kindern doppelt so hoch ist wie die von 20-jährigen Erwachsenen. Daher kann die Mobilfunkbelastung für Kinder, deren ZNS sich noch in der Entwicklungsphase befindet, gravierendere Auswirkungen haben. In diesem Kontext besonders hervorzuheben ist die Großhirnrinde, welche an einer Reihe wichtiger Funktionen beteiligt ist, darunter Sinneswahrnehmung, motorische Kontrolle, höhere kognitive Prozesse und komplexe Verhaltensweisen. Dysfunktionen der Großhirnrinde sind mit neurodegenerativen Krankheiten wie z. B. Morbus Alzheimer und im Falle einer beeinträchtigten Entwicklung bei Kindern mit Aufmerksamkeits- bzw. Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und Autismus-Spektrums-Störung (ASS) assoziiert. Die vorliegende Studie untersucht den Einfluss von Mobilfunk auf die Synapsenentwicklung von Großhirnrinden-Neuronen von Mäusen. Der Fokus lag dabei auf veränderter Expression von wichtigen Genen und Proteinen, die an der Synapsenbildung beteiligt sind, darunter Neurexin, Neuroligin und die Cyclin-abhängige Kinase 5 (CDK5). Auch veränderte Verhaltensweisen der Mäuse wurden untersucht.

Quelle: ElektrosmogReport November 2024 | 30. Jahrgang, Nr. 4

Studiendesign und Durchführung

Die Autoren befeldeten neugeborene Mäuse von Tag 1 nach Wurf 4 Wochen lang. Die ersten drei Wochen geschah dies in Beisein der Muttertiere. Die Jungtiere wurden mit 1850 MHz kontinuierlichen Wellen ohne Frequenzmodulation 5h/Tag befeldet. Der SAR-Wert betrug 4 W/kg. Dies entspricht in diversen Staaten der maximal zulässigen Belastung für normale Mobilfunknutzer, basierenden auf den Empfehlungen von Organisationen zum Schutze vor nicht-ionisierender Strahlung wie CENELEC, ICNIRP und IEEE. (Die 4 W/kg beziehen sich allerdings auf Extremitäten, bei Kopf und Rumpf liegen die Maximalwerte bei 1,6 bzw. 2,0 W/kg, Anm. d. Red.). Die Wissenschaftler untersuchten die neuronale Entwicklung sowie Synapsenbildung mit Fokus auf dendritische Dornfortsätze mittels Elektronenmikroskopie. In vitro wurde an kultivierten primären Neuronen die Expression von PSD95, einem Schlüsselregulator der synaptischen Plastizität, sowie das Neuritenwachstum analysiert. Im Anschluss wurde die bereits angesprochene Gen- (nlgn2, nlgn3, nrxn1a) bzw. Proteinexpression (CDK5) von Schlüsselkomponenten der Synapsenbildung ausgewertet. Als Letztes wurden mögliche Verhaltensänderungen als Konsequenz der Hochfrequenzbefeldung mittels Morris-Wasserlabyrinth erfasst.

Ergebnisse

Die Autoren beobachteten bei den Neuronen der Großhirnrinde eine signifikante Verringerung der dendritischen Dornenfortsätze, insbesondere der pilzartigen Dornfortsätze, die für ihre starke synaptische Signalübertragung bekannt sind, in den Neuronen der Großhirnrinde. Sowohl Dendritenbildung (PSD95) als auch Neuritenlänge- und Verzweigung waren in den kultivierten kortikalen Neuronen signifikant vermindert. Dies deutet darauf hin, dass Mobilfunk die synaptische Struktur und Dichte sowie das Neuritenwachstum hemmt. Die Expression (mRNA-Ebene) der synaptischen Zelladhäsionsproteine Neuroligin 2, Neuroligin 3 und Neurexin 1α, welche für die Aufrechterhaltung der Synapsen und neuronalen Verbindung entscheidend sind, nahm im präfrontalen Kortex der befeldeten Mäuse signifikant ab. Auch die Expression (Protein-Ebene) von CDK5, welches entscheidend ist für zahlreiche Prozesse der neuronalen Entwicklung, einschließlich Wachstum und Reifung von Synapsen, Bildung von Dornfortsätzen und synaptischer Plastizität, war signifikant verringert. Der Verhaltenstest untermauerte die molekularbiologischen Erkenntnisse. Es wurde eine signifikante Beeinträchtigung des räumlichen Lernens und Gedächtnisses bei den jungen befeldeten Mäusen festgestellt.

Schlussfolgerungen

Insgesamt deuten die Ergebnisse der vorgestellten Publikation darauf hin, dass bei den gewählten Befeldungsbedingungen (kontinuierliches 1850-MHz-Feld, 4 W/kg SAR, 5 h/Tag, 4 Wochen), der Mobilfunk Synapsenbildung und -funktion beeinträchtigt sowie die Spiegel essenzieller synaptischer Moleküle reduziert, was in verminderten kognitiven Leistungen der neugeborenen Mäuse resultiert. Eine Dysregulation der synaptischen Adhäsionsmoleküle ist mit diversen kognitiven Krankheiten wie Autismus-Spektrums-Störungen, Schizophrenie und geistiger Behinderung assoziiert. CDK5 wird mit der Lern- und Gedächtnisprozessen in Verbindung gebracht. So sind beispielsweise CDK5-defizitäre Mäuse in Bezug auf räumliches Lernen stark eingeschränkt. Die Resultate unterstreichen das gesundheitsschädliche Potenzial von Mobilfunk während der Entwicklung, vor allem im Hinblick auf neurologische Entwicklungsstörungen wie Autismus-Spektrums-Störung. (RH)