Autor(en):
Kizilçay AO*, Tütüncü B, Koçarslan M, Gözel MA.
* Department of Computer Engineering, Zonguldak Bülent Ecevit University, Zonguldak.
Türkei
Veröffentlicht in:
Med Biol Eng Comput 2024 [im Druck]
Veröffentlicht: 16.11.2024
auf EMF:data seit 05.02.2025
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

The Scientific and Technological Research Council of Turkey (TUBITAK) ARDEB 1002 by Grant No 122E356.

Schlagwörter zu dieser Studie:
Blut-Hirn-Schranken-Durchlässigkeit
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Wirkungen von Mobiltelefon-Strahlung bei 1800 MHz und 2100 MHz auf die Blut-Hirn-Schranke von Neuseeländer-Kaninchen.

Effects of 1800 MHz and 2100 MHz mobile phone radiation on the blood-brain barrier of New Zealand rabbits.
Exposition:

1800 MHz
2100 MHz

EMF:data Auswertung

Einleitung

Im Kontext von möglichen gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Mobilfunk ist die Wirkung auf die Blut-Hirn-Schranke (BHS) von besonderer Bedeutung. Diese stellt eine lebenswichtige Barriere dar, welche eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung des physiologischen Milieus des zentralen Nervensystems spielt. Diese Barriere funktioniert im Normalfall so gut, dass sie die Resorption der meisten Pharmazeutika stark limitiert und somit Arzneimittelhersteller vor eine große Herausforderung stellt. Eine Beeinträchtigung der BHS ist mit schweren neurologischen Erkrankungen, wie Alzheimer, Schlaganfällen und multipler Sklerose assoziiert. Frühere Studien haben gezeigt, dass Hochfrequenz in der Lage sein kann, die BHS zu beeinträchtigen. Es konnten Substanzen in das Gehirn gelangen, welche bei einer intakten BHS nicht fähig gewesen wären, diese zu überwinden. Die Wechselwirkung zwischen Mobilfunk und der BHS zu verstehen ist von entscheidender Bedeutung, da jede Störung der BHS-Integrität schwere Auswirkungen auf die neurologische Gesundheit haben könnte. Die vorliegende Studie untersucht die Wirkung von 1800- und 2100-MHz-Strahlung auf die BHS anhand von Neuseeland-Kaninchen. Diese wurden ausgewählt, da sie aufgrund ihrer gut charakterisierten Physiologie und verhältnismäßig großen Gehirne häufig in der neurobiologischen Forschung eingesetzt werden. Das experimentelle Design beinhaltete eine nicht-thermische Befeldung im Bereich der typischen Mobilfunknutzung und intensive Charakterisierung der Befeldungsapparatur.

Quelle: ElektrosmogReport Februar 2025 | 31. Jahrgang, Nr. 1

Studiendesign und Durchführung

Insgesamt wurden 21 weibliche Kaninchen in 3 Gruppen (n = 7) unterteilt: Käfigkontrolle, 1800-MHz-GSM und 2100-MHz-GSM. Die Versuchstiere wurden einmalig für 38 min mit einer Leistungsintensität von 15 dBm befeldet. Die Befeldung wurde innerhalb eines Metallkäfigs durchgeführt, um elektromagnetische Interferenzen zu minimieren. Das Befeldungssystem ermöglichte eine Echtzeiterfassung der abgegebenen Hochfrequenz-Leistungswerte, wodurch gewährleistet werden konnte, dass die Versuchstiere zuverlässig und konstant den gewählten Leistungswerten ausgesetzt waren. Die Permeabilität der BHS wurde mittels Evans-Blue-Färbung beurteilt. Evans-Blue bindet an Plasmaproteine, vor allem an Albumin. Gelangt der Farbstoff ins Gehirn, ist die Integrität der BHS nicht mehr gewährleistet. (Albumin kann im Gehirn eine Reihe von pathologischen Reaktionen auslösen, darunter gestörte Kalium- und Neurotransmitter-Homöostase, Anm. d. Red.). Pro Versuchstier wurden 2 Gehirnproben aus jeder Hirn-Hemisphäre entnommen, homogenisiert und die Färbung spektrometrisch bei 620 nm analysiert.

Ergebnisse

Die Wissenschaftler beobachteten Veränderungen in den Evans-Blue-Konzentrationen im Hirngewebe der befeldeten Kaninchen im Vergleich zu den nicht-befeldeten Kontrollen. Die Werte für die Permeabilität der BHS waren sowohl bei der 1800-MHz- als auch der 2100-MHz-Versuchsgruppe im Vergleich zu den Kontrollen gesteigert, wobei lediglich die Werte der 2100-MHz-Gruppe statistische Signifikanz aufwiesen. Es wurde ein statistisch signifikanter Unterschied mit einem Konfidenzniveau von 95 % der Absorption bei 620 nm für linke und rechte Gehirnhälfte bei den Kaninchen der 2100-MHz-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt.

Schlussfolgerungen

Bereits die einmalige Befeldung unter nicht-thermischen Bedingungen mit einer Hochfrequenzintensität ca. zehnmal niedriger als der „Normalwert“ führte bei 2100 MHz zu einer erhöhten Durchlässigkeit der BHS. Der Befeldungsaufbau wurde von den Wissenschaftlern entworfen, um externe Störsignale zu minimieren, um dadurch eine valide Beurteilung der Hochfrequenzwirkung erzielen zu können. Die Versuchstiere wurden ausschließlich den gewünschten Hochfrequenzsignalen ausgesetzt, während die Umgebung kontinuierlich überwacht wurde, um ungewöhnliche Schwankungen zu identifizieren. Die beobachtete erhöhte Permeabilität der BHS könnte verschiedene neurologische Erkrankungen wie z. B. Alzheimer, Schlaganfälle und multiple Sklerose begünstigen. (Insbesondere die Hochfrequenz-Echtzeiterfassung sowie das Messsystem sind als qualitativ hochwertig an dieser Studie zu bewerten. In diesem Kontext wäre eine Scheinbefeldung der Kontrollgruppe wünschenswert gewesen (Anm. d. Red.). Die vorliegende Studie bestätigt die Ergebnisse von (Sırav & Seyhan, 2016, siehe unter 'Weitere themenbezogene Studien'). Dort wurde ebenfalls eine erhöhte Permeabilität der BHS nach einmaliger HF-Befeldung, jedoch an Ratten beobachtet. Auch bei längerfristiger HF-Befeldung wurden Beeinträchtigungen der BHS dokumentiert (Tang et al., 2015, siehe unter 'Weitere themenbezogene Studien'). (RH)

Sırav B, Seyhan N. (2016): Effects of GSM modulated radio-frequency electromagnetic radiation on permeability of blood–brain barrier in male & female rats. Journal of Chemical Neuroanatomy, 75, 123–127. https://doi.org/10.1016/j.jchemneu.2015.12.010

Tang J, Zhang Y, Yang L, Chen Q, Tan L, Zuo S, Feng H, Chen Z, Zhu G. (2015): Exposure to 900 MHz electromagnetic fields activates the mkp-1/ERK pathway and causes blood-brain barrier damage and cognitive impairment in rats. Brain Research, 1601, 92–101. https://doi.org/10.1016/j.brainres.2015.01.019