Autor(en):
Narayanan SN*, Kumar RS, Kumar N, Prabhakar P, Nayak SB, Bhat PG.
* Department of Physiology, Melaka Manipal Medical College, Manipal Academy of Higher Education, Manipal 576104.
Indien
Veröffentlicht in:
Behav Brain Res 2025; 481: 115424
Veröffentlicht: 07.01.2025
auf EMF:data seit 05.05.2025
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

Indian Council of Medical Research (ICMR), New Delhi, “Ad-hoc” research grant (No.5/10/FR/21/2011-RHN, IRIS ID: 2011-08800).

Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Mögliche Wirkungen von hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf kontextuelle Furcht-Konditionierung, den perivaskulären Raum im Hippocampus, Apoptose und die Mikroarchitektur der Nebenniere bei Ratten.

Possible effects of radiofrequency electromagnetic radiation on contextual fear conditioning, hippocampal perivascular space, apoptosis and adrenal gland microarchitecture in rats.

Original Abstract

Whilst the world sees the tremendous growth of mobile phone technology, radiofrequency electromagnetic radiation (RF-EMR) induced possible health effects have emerged as a topic of recent day debate. The current study is designed to test the hypothesis that chronic 900 MHz radiation exposure would potentially dysregulate the stress response system (HPA axis) in vivo, via, its non-thermal mechanisms, leading to alterations in the microarchitecture of the adrenal gland, vulnerable brain regions such as the hippocampus which may results in altered behaviours in rats. Male albino Wistar rats aged four weeks, weighing 50–60 g were subjected to 900 MHz radiation from a mobile phone for four weeks at a rate of one hour per day. On the 29th day, animals from the control, sham exposed and RF-EMR exposed groups were tested for contextual fear conditioning. They were later euthanized to study hippocampal and adrenal gland cytoarchitecture. Bright and dark compartment transitions in the avoidance box were considerably elevated in the RF-EMR exposed group and they exhibited a significant decrease in the latency to enter the dark compartment during the contextual fear conditioning test. Apoptosis was apparent in the CA3 region and perivascular space was significantly increased in the hippocampus of the radiation-exposed group. In addition to lymphocytic infiltrates, congested sinusoids, apoptotic-like changes were evident in the zona fasciculata of the adrenal gland. However, the cytoarchitecture of the adrenal medulla was comparable in all three groups. Chronic RF-EMR exposure caused changes in contextual fear conditioning, enlargement of hippocampal perivascular space, apparent CA3 apoptosis, and apoptotic-like changes in the zona fasciculata of the adrenal gland in rats.

Keywords

Mobile phone | Contextual fear conditioning | Hippocampus | Perivascular space | Apoptosis | Adrenal gland

Exposition:

900 MHz
SAR = 1,15 W/kg Leistungsdichte: 1,466 W/m² max.

EMF:data Auswertung

Einleitung

Zahlreiche Studien deuten auf mögliche biologische, nicht-thermische Auswirkungen von mobiler Telekommunikationstechnologie, insbesondere auf das Gehirn hin. Von besonderem Interesse ist der Hippocampus, der sich im Temporallappen befindet und als Teil des limbischen Systems für eine Vielzahl von Funktionen verantwortlich ist. Er spielt eine wesentliche Rolle bei der Bildung des episodischen Gedächtnisses (Raum-Zeit) und der Hemmung bestimmter Verhaltensweisen. Die vorliegende Publikation untersucht die Auswirkung von 900-MHz-Mobilfunk auf Verhaltensänderungen, das Stressreaktionssystem (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse; HPA-Achse), sowie Veränderungen in der Hippocampus- bzw. Nebennierrenrindenstruktur am Modellorganismus Ratte. Ziel ist es nicht-thermische Wirkungen von Mobilfunk zu charakterisieren.

Quelle: ElektrosmogReport Mai 2025 | 31. Jahrgang, Nr. 2

Studiendesign und Durchführung

Die Studie umfasst 36 junge männliche Wistar-Ratten, aufgeteilt in unbefeldete Kontrollgruppe, scheinbefeldete Kontrollgruppe und befeldete Kontrollgruppe (n = 12). Als Strahlungsquelle diente ein kommerzielles GSM-Mobiltelefon im Lautlos-Modus, welches zentral im Käfig platziert wurde und über einen Autodialer einmal täglich, 50-mal pro Stunde über 1 h angerufen wurde. Die Befeldungsperiode betrug 4 Wochen (1 h/Tag). Das Mobiltelefon operierte mit 900 MHz, der Hersteller gab den SAR-Wert mit 1,15 W/kg an. Die maximale gemessene Leistungsdichte betrug 1,466 W/m². Die Verhaltensanalysen erfassten die kontextuelle Furchtkonditionierung (Passive-Avoidance-Test), was Rückschlüsse auf Angstverhalten und Gedächtniskonsolidierung ermöglicht. Im Hippocampus wurden perivaskuläre Räume sowie Apoptose (n = 3) untersucht. Die Nebennieren wurden qualitativ histopathologisch analysiert.

Ergebnisse

Die befeldeten Tiere zeigten im Vergleich zu den beiden Kontrollgruppen hyperaktives und angstähnliches Verhalten. Auch die Gedächtnisleistung war signifikant beeinträchtigt. Die perivaskulären Räume waren im Vergleich zu den Kontrollgruppen vergrößert, es wurde jedoch lediglich im Vergleich zur unbefeldeten Kontrollgruppe statistische Signifikanz erreicht. Die Zahl der apoptotischen Zellen in der CA3-Region des Hippocampus wiesen einen erhöhten Trend auf, der ebenfalls keine statistische Signifikanz erreichte. Qualitativ wurden in der Zona fasciculata der Nebenniere apoptotische Zellveränderungen, lymphozytäre Infiltrate und gestaute Sinusoide beobachtet, andere Regionen der Nebennierenrinde sowie das Nebennierenmark wiesen keine Veränderungen nach Befeldung auf.

Schlussfolgerungen

Die Studie legt nahe, dass die chronische, nicht-thermische Mobilfunkbefeldung zu signifikanten Veränderungen des Angstgedächtnisses führte. Dies ging einher mit strukturellen Veränderungen des Hippocampus und der Nebennierenrinde. Die Autoren hypothetisieren, dass eine HPA-Achsen-Dysregulation zugrunde liegen könnte. Als Schwäche ihrer Studie nennen sie, dass keine Stressmarker wie z.B. Corticosteron analysiert wurden, um diese Hypothese zu untermauern. Weitere Arbeiten seien erforderlich, um beteiligte Signalwege zu identifizieren und Stresshormonspiegel zu messen.

Anmerkungen der Redaktion:

Das grundsätzliche Studiendesign mit realitätsnaher Befeldungsquelle (kommerzielles Mobiltelefon), konservative Befeldungsdauer, schein- und unbefeldeten Kontrollen und einem multidisziplinären Ansatz (Verhalten, Histologie) ist positiv hervorzuheben und stärkt die Aussagekraft der Studie. Negativ anzumerken ist jedoch die kleine Probenanzahl (n = 3) bei der Apoptoseanalyse, welche nicht klar in der Publikation kommuniziert wird, sondern dem Methodenteil zu entnehmen ist. Dies wirkt intransparent, und wirkt sich doppelt negativ auf die Studie aus, da sich trotz geringer Probenzahl ein Trend zeigte, welcher bei mehr Proben möglicherweise statistische Signifikanz erreicht hätte. Die Studie bestätigt frühere Publikationen, welche Schädigungen des Hippocampusgewebe durch nicht-thermische Mobilfunkbefeldung beschreiben. So wurden Störungen der HPA-Achse bzw. Angststörungen (Zheng et al., 2023), Beeinträchtigungen der synaptischen Plastizität bzw. des Gedächtnisses (Karimi et al., 2018) und Veränderungen von molekukaren Signalwegen (Tan et al., 2022) in Säugetieren dokumentiert (s.u. 'Weitere themenbezogene Studien', ganz unten). (RH)

Karimi N, Bayat M, Haghani M, Saadi HF, Ghazipour GR. (2018). 2.45 GHz microwave radiation impairs learning, memory, and hippocampal synaptic plasticity in the rat. Toxicology and Industrial Health, 34(12), 873–883. https://doi.org/10.1177/0748233718798976

Tan B, Canturk Tan F, Yalcin B, Dasdag S, Yegin K, Yay AH. (2022). Changes in the histopathology and in the proteins related to the MAPK pathway in the brains of rats exposed to pre and postnatal radiofrequency radiation over four generations. Journal of Chemical Neuroanatomy, 126, 102187. https://doi.org/https://doi.org/10.1016/j.jchemneu.2022.102187

Zheng R, Zhang X, Gao Y, Gao D, Gong W, Zhang C, Dong G, Li Z. (2023). Biological effects of exposure to 2650 MHz electromagnetic radiation on the behavior, learning, and memory of mice. Brain and Behavior, 13(6), 1–13. https://doi.org/10.1002/brb3.3004