Autor(en):
Bortkiewicz A*, Gadzicka E, Szymczak W.
* Nofer Institute of Occupational Medicine, Łódź, Department of Work Physiology and Ergonomics.
Polen
Veröffentlicht in:
Int J Occup Med Environ Health 2017; 30 (1): 27-43
Veröffentlicht: Januar 2017
auf EMF:data seit 18.07.2018
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

National Committee for Scientific Research (KBN) in Poland (project number IMP 10.3). Title of the project: “The association between EMF emitted by mobile phones and the occurrence of intracranial tumors-meta-analysis.” Project manager: Prof. Wiesław Szymczak.

Schlagwörter zu dieser Studie:
Gehirn-/ZNS-Tumor
Reviews/Übersichtsarbeiten
zur EMF:data Auswertung

Mobiltelefon-Nutzung und das Risiko von im Schädel gelegenen Tumoren und Speicheldrüsentumoren - eine Meta-Analyse.

Mobile Phone Use and Risk for Intracranial Tumors and Salivary Gland Tumors – A Meta-Analysis.

Original Abstract

Results of epidemiological studies on the association between use of mobile phone and brain cancer are ambiguous, as well as the results of 5 meta-analysis studies published to date. Since the last meta-analysis (2009), new case-control studies have been published, which theoretically could affect the conclusions on this relationship. Therefore, we decided to perform a new meta-analysis. We conducted a systematic review of multiple electronic data bases for relevant publications. The inclusion criteria were: original papers, case-control studies, published till the end of March 2014, measures of association (point estimates as odds ratio and confidence interval of the effect measured), data on individual exposure. Twenty four studies (26 846 cases, 50 013 controls) were included into the meta-analysis. A significantly higher risk of an intracranial tumor (all types) was noted for the period of mobile phone use over 10 years (odds ratio (OR) = 1.324, 95% confidence interval (CI): 1.028–1.704), and for the ipsilateral location (OR = 1.249, 95% CI: 1.022–1.526). The results support the hypothesis that long-term use of mobile phone increases risk of intracranial tumors, especially in the case of ipsilateral exposure. Further studies are needed to confirm this relationship.

Keywords

electromagnetic fields | brain tumors | acoustic neuroma | salivary gland tumors | cellular phone | case-control Studies

Exposition:

Mobiltelefone

EMF:data Auswertung

Einleitung

Bis 2009 waren 5 Metastudien zu Mobiltelefonnutzung und Hirntumoren veröffentlicht worden, seitdem gibt es weitere Ergebnisse, die die Schlussfolgerungen ändern könnten. Deshalb wurde diese neue Metastudie erstellt, in der insgesamt 24 Original-Studien und Fall-Kontroll-Studien bis 2014 einbezogen wurden (26.846 Fälle und 50.013 Kontrollen). Auffällig ist, dass die verschiedenen Studien inhomogene Ergebnisse lieferten. Die Unterschiede beruhen teils in der Art der Berechnung und teils, weil die Fallzahlen oder die Zeiträume zu klein sind. Beispielsweise haben Lahkola et al 2006 nur 12 Studien bis 2005 und nur 2–5 Jahre betrachtet, für relevante Ergebnisse zu kurz. Das negative Ergebnis dieser Studie zeige nicht, dass Mobilfunkstrahlung keine Wirkung auf die Inzidenz (Zahl der Neuerkrankungen in einem bestimmten Zeitraum) an Krebs habe. Die Autoren diskutieren die Methoden und das Risiko für Fehler, z. B. unklare Strahlungsintensitäten oder Fehldeutungen, besonders bei Fall-Kontroll-Studien.

Quelle: ElektrosmogReport Mai 2017

Studiendesign und Durchführung

Seit der letzten Meta-Analyse 2009 wurden weitere Fall-Kontroll-Studien durchgeführt, deshalb wurde diese neue Meta-Analyse erstellt. Einbezogen wurden relevante Veröffentlichungen bis Ende März 2014, die aus vielen elektronischen Quellen zusammengestellt wurden, Originalarbeiten, Fall-Kontroll-Studien und Veröffentlichungen bestimmter Institutionen (z. B. WHO, ICNIRP usw.). 24 Studien wurden in diese Meta-Analyse (26846 Fälle, 50013 Kontrollen) einbezogen. Nicht verwendet wurden Veröffentlichungen ohne genaue Angaben zur Anzahl der Fälle. Unterschieden wurden bei den Berechnungen die Art des Tumors und die Dauer der Nutzung, wobei man 10 Jahre oder mehr gesondert betrachtete. Außerdem wurden die Tumorarten (Gliome, Meningeome, Akustikusneurinome) und die Seite, an der das Telefon gehalten wird (ipsilateral), einzeln berechnet.

Ergebnisse

Nach Auswertung aller Daten zusammen finden die Autoren keine erhöhten Risiken für alle Tumorarten und auch nicht für einzelne Tumorarten getrennt berechnet (Gliome, Meningeome, Akustikusneurinome), für alle Mobiltelefontypen und analoge Telefone. Betrachtet man alle Tumorarten und alle Telefontypen für Telefonnutzung über 10 Jahre, ergibt sich ein signifikant erhöhtes Risiko (Faktor 1,46). Ein signifikant erhöhtes Risiko ergab sich auch (Risikofaktor von 1,25), wenn die regelmäßige Nutzung 10 Jahre oder mehr betrug. Berechnet man das Risiko für alle Telefontypen und alle Tumorarten, die intracranial und ipsilateral auftraten, war das Risiko mit Faktor 1,29 signifikant.

Diese Ergebnisse, dass signifikant erhöhte Tumorrisiken bestehen, stimmen mit denen von Hardell und Mitarbeitern 2007, 2008, 2011 und 2015 überein. Morgan und Mitarbeiter stellten 2015 erhöhte Hirntumorraten fest und vertreten die Ansicht, dass Mobilfunkstrahlung als „wahrscheinlich“ statt „möglicherweise“ Krebs erregend für den Menschen (Klasse 2A statt 2B nach IARC) eingestuft werden muss. Die CERENAT-Studie fand für bestimmte intracraniale Tumorarten 2014 ebenfalls signifikant erhöhte Raten bei starker Nutzung des Mobiltelefons. Dagegen hatten Lahkola und Mitarbeiter 2006 keine erhöhten Tumorraten gefunden, hatten aber nur 2780 Fälle betrachtet, von denen 748 das Mobiltelefon nur 2–5 Jahre benutzt hatten, ein zu kurzen Zeitraum. Auch andere Arbeiten wie die von Davis et al. 2013 kommen zum selben Ergebnis, dass das Hirntumorrisiko bei über 10-jähriger Nutzung signifikant erhöht ist. Personen, die mit der regelmäßigen Nutzung begannen, bevor sie 20 Jahre alt waren, hatten ipsilateral ein vierfach höheres Gliom-Risiko. Kan und Mitarbeiter haben 2008 mit 9 Fall-Kontroll-Studien bei 10-jähriger Nutzung und darüber einen Risikofaktor von 1,25 für intracraniale Tumoren (Gliome, Meningeome und Akustikusneurinome) errechnet. Andere Autoren fanden ebenfalls signifikant erhöhte Risiken nach 10 Jahren und mehr (Myung 2009 in 23 Fall-Kontroll-Studien > 10 J mit Faktor 1,18, Khurana 2009 >10 Jahre für Gliome und Akusticusneurinome). Kan und Myung fanden auch einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Lage des Tumors und der Mobiltelefonnutzung 10 Jahre und mehr, was auch mit dieser Meta-Analyse übereinstimmt.

Schlussfolgerungen

Bei Langzeitnutzung, d.h. bei Nutzung des Mobiltelefons mehr als 10 Jahre, besteht ein signifikant erhöhtes Risiko für intracraniale Tumore, insbesondere auf der Kopfseite, an der das Telefon gehalten wird (ipsilateral). Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Langzeitnutzung des Mobiltelefons (mehr als 10 Jahre) das Risiko für einen Hirntumor erhöht, insbesondere auf der Seite, an der das Telefon gehalten wird. Hardell et al. (2013) betonen die Signifikanz der „Lebenszeit-Expositionsdosis“, d.h. bei Einwirkung von Mobilfunkstrahlung mehr als 1640 Stunden beträgt der Risikofaktor 2,55 für Akustikusneurinome. Diese Ergebnisse unterstützen die Einstufung der Expertengruppe der International Agency for Research on Cancer (IARC), dass Mobiltelefonstrahlung „möglicherweise Krebs erregend“ ist. Weitere Forschung wird benötigt, um zu bestätigen, dass elektromagnetische Felder von Mobiltelefonen Krebs erregend für den Menschen sind.