Die biophysiologischen Parameter beschreiben physikalische und biologische Faktoren, die die zelluläre Empfindlichkeit gegenüber Einwirkung der Hochfrequenzfelder durch Messung der Absorptionsrate der Strahlung bestimmen. Um eine biologische Antwort zu erzielen, muss das elektromagnetische Feld zunächst die Oberfläche des biologischen Systems durchdringen und dadurch interne Felder hervorrufen. Die Eindringtiefe ist von einer Reihe von Faktoren abhängig, darunter die Parameter des EMF (z.B. Intensität, Feldstärke), Distanz der Strahlungsquelle vom biologischen System sowie Form und Geometrie des biologischen Systems. Einige Studien weisen darauf hin, dass hochfrequente Felder stark genug sind, um den menschlichen Schädel zu durchdringen, so dass ca. 40 % der Strahlung tiefer in das Gehirn vordringen können. Es wird von einer Eindringtiefe von 4–5 cm ausgegangen. Eine vergleichbare Eindringtiefe wird beim Hoden vermutet. Die Frage ist, auf welche Weise die Strahlung zelluläre Bestandteile schädigen und dadurch zu erhöhter Unfruchtbarkeit beitragen kann. DNA-Schäden sind eines der größten Probleme in Bezug auf Unfruchtbarkeit oder Hodenkrebs. Da es sich bei HF-EMF um nicht-ionisierende Strahlung handelt, besitzen die Photonen nicht genug Energie, um chemische Bindungen zu brechen oder biologische Moleküle zu ionisieren. Es wird also davon ausgegangen, dass elektromagnetische Strahlung nicht direkt DNA-Schäden hervorrufen kann. Es wurden also indirekte Mechanismen wie die Freie-Radikal-Hypothese gebildet, um die DNA-Schädigungen zu erklären. Zum Thema freie Radikale und reaktive Sauerstoffspezies später mehr.
Eine Vielzahl von Spermienparametern, wie z.B. Spermienqualität, Spermienanzahl, Beweglichkeit und Morphologie werden durch Alterung sowie Lebensstilfaktoren (z.B. Alkohol- und Tabakkonsum) beeinträchtigt. Zudem trägt häufige Nutzung von Mobiltelefonen oder anderen EMF-Geräten zur Verschlechterung verschiedener Spermienparameter bei. So wurde in verschiedenen Studien Verminderung der Anzahl beweglicher Spermien, Abnahme der generellen Spermienbeweglichkeit, Überlebensfähigkeit, Zunahme an reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) und abnormale Spermienmorphologie mit der Nutzung von Mobiltelefonen in Verbindung gebracht. Ein Tierversuch zeigte signifikant verringerte Spermienanzahl und einen erhöhten Anteil apoptotischer Zellen (Apoptose = programmierter Zelltod) nach der Einwirkung von Mobilfunkstrahlung (Mobiltelefon als Strahlungsquelle) für 2 Std/Tag über 35 Tage. Eine andere Studie zeigte reduzierte Spermienanzahl und -beweglichkeit nach der Bestrahlung von Ratten mit einem WLAN-verbundenen Laptop (7 Std/Tag über eine Woche). Zwei Publikationen beschreiben, dass das Tragen von Mobiltelefonen in einer Hosentasche oder am Gürtel die Beweglichkeit von Spermien vermindert. Eine Reihe von Studien konnte belegen, dass die generelle Nutzung von Mobiltelefonen in einer verringerten Spermienkonzentration und -beweglichkeit, veränderter Morphologie und verminderter Überlebensfähigkeit resultiert. Auch morphologische Veränderungen der Hoden konnte demonstriert werden.
Eine Arbeitsgruppe zeigte eine Verminderung von Durchmesser und Gewicht der Hodenkanälchen (Ort der Spermienbildung im Hoden) sowie geringere durchschnittliche Höhe des Epithelgewebes der Hodenkanälchen nach Bestrahlung. Auch die Spermatogenese (Entwicklung und Reifung der Spermien) wird auf molekularer Ebene beeinträchtigt. Bei der Spermatogenese handelt es sich um einen aktiven Teilungsprozess, welcher in zwei Phasen untergliedert ist: der mitotischen und meiotischen Phase. In der mitotischen Phase findet eine Vermehrung der Spermienvorläufer statt, während in der meiotischen Phase der Chromosomensatz reduziert wird (diploid zu haploid) und schließlich reife Spermien entstehen. An diesem komplizierten Prozess sind verschiedene Schlüsselmoleküle beteiligt, welche den Zellzyklus regulieren. Der Zellzyklus wird durch die Belastung mit Mobilfunkstrahlung gestört. Dies resultiert in geringerer Anzahl reifer Spermien sowie einer erhöhten Anzahl von apoptotischen Spermien. Die Arbeitsgruppe um den Autor der Arbeit konnte zeigen, dass die Aktivität eines dieser Schlüsselmoleküle, der Spermienproteinkinase C, nach Einwirkung von Mobilfunkstrahlung verringert ist. Des Weiteren konnten die Wissenschaftler eine verminderte Aktivität eines weiteren Schlüsselenzyms, der Histonkinase H1, demonstrieren. Die Konzentrationen einer dritten Kinase, der Spermienkreatinkinase, war nach der Bestrahlung mit Mikrowellen erhöht. Die Kreatinkinase spielt eine wichtige Rolle bei der Fortbewegung des Spermiums. Die Autoren der Arbeit weisen darauf hin, dass die drei Kinasen eine wichtige Rolle im Zellstoffwechsel und der Spermatogenese spielen und eine Veränderung der Spermienkinasen durch Mobilfunkstrahlung zu Unfruchtbarkeit führen könnten.
Neben der Beeinflussung der Enzyme hat die Bestrahlung auch Auswirkungen auf den Hormonhaushalt der Hoden. Mikrowellenstrahlung vermindert die Zellzahl der so genannten Leydig-Zellen in Ratten. Bei den Leydig-Zellen handelt es sich um die Testosteronproduzenten. Die Reduktion dieses Zelltyps durch Mikrowellen hat bei den Ratten eine Verringerung der Testosteronkonzentration im Blutserum zur Folge. Mehrere Studien zeigten auf, dass Testosteron unerlässlich ist für die Spermatogenese sowie die Morphologie und Physiologie der Hodenkanälchen. Aus diesem Grund haben Veränderungen des Testosteronspiegels nachteilige Auswirkungen auf die männliche Fruchtbarkeit. Neben dieser unmittelbaren Wirkung auf die Testosteron-produzierenden Zellen kann die Belastung mit HF-EMF die Hormonsekretion in der Hirnanhangdrüse verändern. Hierbei ist eine ganze Reihe von Hormonen betroffen, die unter anderem auch Auswirkungen auf die Spermatogenese und Testosteronproduktion haben können. Unter anderem ist die Bildung des luteinisierenden Hormons (LH) und des follikelstimulierenden Hormons (FSH) betroffen. Diese sind beide an der Reifung der Spermien beteiligt. Auch die Zirbeldrüse wird in ihrer Hormonsekretion negativ beeinflusst. So zeigten Wissenschaftler eine Verminderung der Melatoninkonzentration in der Zirbeldrüse. Melatonin besitzt eine so genannte antigonadotrophe Wirkung, d.h. es verkleinert die Geschlechtsdrüsen. Außerdem stellt es ein wichtiges Antioxidans dar.
Einige Studien fanden heraus, dass unfruchtbare Männer Schädigungen der Spermien-DNA aufweisen. Abgesehen von anderen Lebensstilfaktoren konnte nachgewiesen werden, dass das kontinuierliche Nutzen von Mobiltelefonen die Spermien-DNA schädigt. In einem Tierversuch, bei dem die Antenne eines 3G-Mobiltelefons in der Nähe der Hoden von Ratten positioniert war (2 Std/Tag über 60 Tage), wurden Strangbrüche der DNA der Spermienzellen gefunden. Zwei weitere Publikationen beschreiben DNA-Schädigungen der Spermien- bzw. Hodenzellen durch die Bestrahlung mit 2,45 GHz Mikrowellen. Die Belastung von ejakuliertem, menschlichem Samen mit 2,45-GHz-Strahlung in vitro führte zu Veränderung der Beweglichkeit der Spermien sowie DNA-Strangbrüchen. Allerdings ist die HF-Strahlung nicht stark genug, um bei kurzfristiger Belastung genomische Schäden hervorzurufen. Es wird davon ausgegangen, dass die Schäden durch langfristige und kumulative Wirkung hervorgerufen werden. Auch hier wird vorgeschlagen, dass oxidativer Stress eine Schlüsselrolle bei dem zugrundeliegenden Mechanismus der Spermien-DNA-Fragmentierung spielt.
Auch Zellorganellen des Spermiums sind von den Auswirkungen der nicht-ionisierenden Strahlung betroffen. Mikrotubuli (röhrenartige Proteinkomplexe) besitzen vielfältige Funktionen innerhalb des Spermiums. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Zellteilung und dem intrazellulären Transport. Außerdem besteht der Schwanz des Spermiums (Flagellum) hauptsächlich aus Mikrotubuli. Jegliche Änderungen in der Konformation der Mikrotubuli kann zu einer veränderten Form der Geißel führen und dadurch die Beweglichkeit der Spermien schwerwiegend verschlechtern. Das kann zu Unfruchtbarkeit führen. Eine Publikation beschreibt Veränderungen der Anordnung der Mikrotubuli nach Bestrahlung mit Mobilfunk. Neben einem funktionstüchtigen Antrieb braucht das Spermium Energie, um sich fortbewegen zu können. Diese Energie wird in Form von ATP (Adenosintriphosphat) durch die Mitochondrien des Spermiums zu Verfügung gestellt. Wissenschaftler fanden heraus, dass HF-EMF die Mitochondrien der Spermien beschädigt, wodurch die Beweglichkeit der Spermien auf einer anderen Ebene beeinträchtigt wird. Außerdem führt die Beschädigung der Mitochondrien zu einer erhöhten Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS).
Der Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, ist die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies und dadurch hervorgerufener oxidativer Stress. Als oxidativer Stress wird ein Zustand bezeichnet, bei dem das natürliche Gleichgewicht zwischen Oxidantien und Antioxidantien stark auf die Seite der Oxidantien verschoben ist. Die freien Radikale können Lipide, Proteine und DNA oxidieren, was zu einer Beschädigung von Zellen, Geweben und Organen führen kann. Eine Arbeitsgruppe berichtete, dass oxidativer Stress der Hauptfaktor sein könnte, der eine Erhöhung der Spermien-DNA-Schäden verursacht. Spermien sind besonders anfällig gegenüber oxidativem Stress. Bereits kleine Änderungen der ROS-Konzentration spielen eine wichtige Rolle bei der Funktion der Kopfkappe des Spermiums und dessen Fähigkeit, in die Eizelle vorzudringen. Eine Publikation zeigte, dass die ROS-Konzentration im Samen von Ratten, die Mobilfunkstrahlung ausgesetzt waren, signifikant erhöht war. Eine Reihe von Wissenschaftlern berichten, dass erhöhte ROS-Konzentrationen ein Zellgift darstellen und das zum Verlust von Beweglichkeit, Anzahl und Überlebensfähigkeit der Spermien führen kann. Mehrere Studien zeigen, dass unfruchtbare Männer erhöhte ROS-Konzentrationen sowie eine geringere antioxidative Kapazität im Samen aufweisen. Es ist also wichtig, die hochreaktiven, freien Radikale durch Antioxidantien abzufangen. Die antioxidativen Schutzmechanismen des Körpers (Superoxiddismutase, Glutathionperoxidase, Melatonin) werden jedoch durch die Bestrahlung geschwächt.
Die Auswirkungen von Strahlentherapie auf die Fruchtbarkeit von Männern bietet weitere Einsicht in die Folgen von elektromagnetischer Strahlung. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass bei der Behandlung von Hodenkrebs eine Strahlentherapie schädlichere Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat als Chemotherapie. Während der ersten 50–60 Tage nach einer moderaten Bestrahlung (1,5–2 Gy Dosis) ist die Spermienanzahl um bis zu 50% verringert. Die Erholungszeit für ein normales Volumen und normale Anzahl der Spermien beträgt 9–18 Monate bei einer Strahlendosis unter 1 Gy, 30 nach 2–3 Gy und 5 oder mehr Jahre bei 4–6 Gy.
Als Schutzmaßnahmen vor HF-EMF in Bezug auf Fruchtbarkeit schlagen die Autoren der Arbeit die Aufnahme von Antioxidantien vor. Insbesondere die Behandlung mit Melatonin reduziert oxidativen Stress und stellt die physiologischen Testosteronkonzentrationen wieder her. Auch der Konsum von grünem Tee, der eine Reihe von Antioxidantien enthält, verbessert die Qualität der Geschlechtszellen.