Die Nutzung von drahtlosen Kommunikationsgeräten nimmt sowohl im privaten als auch öffentlichen Raum immer weiter zu. Obwohl immer mehr Literatur über die Bedeutung von Mikrowellenstrahlung für die Gesundheit des Menschen veröffentlicht wird, gibt es nach wie vor keine einhellige Meinung über die negativen Auswirkungen. Daten von mehreren Studien weisen darauf hin, dass 2,45 GHz Mikrowellenstrahlung (genutzt von z.B. WLAN-Routern) zu kognitiven Beeinträchtigungen führt. Einwirkung sowohl kontinuierlicher als auch gepulster Mikrowellen führt zu vermehrtem neuronalem Zelltod im Hippocampus. Der Hippocampus ist eine Struktur im Gehirn und stellt eine zentrale Schaltstation des limbischen Systems dar. Die neuronalen Schäden, die im Gehirn durch Mikrowellen verursacht werden, sind auf die übermäßige Produktion von freien Radikalen und reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) zurückzuführen. Die negativen Auswirkungen der Mikrowellenstrahlung wurden durch mehrere Studien in Frage gestellt, die zeigten, dass die Ganzkörperbelastung mit 2,45 GHz Mikrowellen keinen Einfluss auf die Lern- und Gedächtnisbildung hat. Die Autoren der hier vorgestellten Studie untersuchten die Wirkung von Mikrowellenstrahlung auf die Region des Hippocampus, Gedächtnisleistung sowie Parameter der synaptischen Plastizität, welche eng mit der Gedächtnisbildung verknüpft ist. Als synaptische Plastizität wird die Änderung der Stärke einer synaptischen Übertragung bezeichnet. Bei häufiger Nutzung bestimmter Synapsen können Neurone also einfacher erregt werden.
Diese Studie wurde mit erwachsenen, männlichen Spraque Dawley Ratten durchgeführt. 21 Exemplare nahmen insgesamt an den Versuchen teil: 11 wurden bestrahlt, 10 lediglich scheinbestrahlt. Das heißt, sie erfuhren dieselbe Bestrahlungsprozedur, allerdings war die Strahlungsquelle ausgeschaltet. Die Bestrahlung erfolgte mit einem 2,45 GHz Wi-Fi-Gerät für zwei Stunden täglich über 40 Tage. Der erreichte Ganzkörper-SAR-Wert betrug 0,017 W/kg. Nach der Bestrahlungsperiode wurden Verhaltenstests durchgeführt, welche die Gedächtnisleistung untersuchten. Es wurde zunächst ein Radial-Arm-Labyrinth-Test durchgeführt. Je nachdem wie schnell und sicher die Ratten das Labyrinth passieren, können Rückschlüsse auf deren Gedächtnisleistung getroffen werden. Außerdem wurden die Tiere einer passiven Vermeidungsprüfung unterzogen. Hierbei wurden die Tiere in eine Apparatur gesetzt, welche aus zwei Kammern besteht. Während der Lernphase wurden die Tiere grundsätzlich in der Kammer mit weißem Boden ausgesetzt. Beim Eintritt in die dunkle Kammer wurde der Durchgang zwischen beiden Kammern geschlossen und die Tiere erlitten einen Stromschlag über das Bodengitter. Bei dem eigentlichen Versuch wurde die Zeit gemessen, wann die Tiere die dunkle Kammer betraten. Nach der Beendigung der passiven Vermeidungsprüfung wurde eine elektrophysiologische Studie durchgeführt. Hierbei wurde die neuronale Reizweiterleitung im Hippocampus mittels Feldelektroden untersucht. Anschließend wurde die Zellphysiologie der Rattengehirne mit histochemischen Methoden bestimmt.
Die Mikrowellenstrahlung führte zu Defiziten im Lernverhalten sowie dem räumlichen Erinnerungsvermögen der Versuchstiere. Die bestrahlten Tiere brauchten in der Lernphase des Radial-Arm-Labyrinth-Test statistisch signifikant länger, um die Kriterien des Versuchs zu erfüllen. Außerdem wurden signifikant mehr Fehler während des Versuchs begangen und die bestrahlten Tiere brauchten länger, um das Labyrinth zu passieren. Bei der Vermeidungsprüfung verweilten die bestrahlten Tiere statistisch signifikant kürzer in der weißen Kammer, bevor sie die dunkle Kammer betraten. Die elektrophysiologische Studie ergab eine verminderte Reizbarkeit der CA1-Pyramidalneuronen des Hippocampus nach Bestrahlung. Ab einer Stimulationsstärke von 450 µA (minimale Stimulation 50 µA, maximale Stimulation 1200 µA) war der Unterschied statistisch signifikant. Des Weiteren konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass die Mikrowellenstrahlung die Langzeitplastizität, nicht aber die Kurzzeitplastizität der Synapsen negativ beeinflusst. Die histochemischen Untersuchungen ergaben eine statistisch signifikant verringerte Anzahl der CA1-Pyramidalneuronen in den bestrahlten Rattenhirnen.
Die Arbeitsgruppe konnte durch ihre Verhaltensversuche zeigen, dass 2,45 GHz Mikrowellenstrahlung eines WLAN-Geräts das räumliche Erinnerungsvermögen sowie Lernverhalten von Ratten verschlechtert. Um der Ursache dieser Verschlechterung auf den Grund zu gehen, führten die Wissenschaftler eine elektrophysiologische Studie durch, deren Ergebnisse darauf hindeuten, dass eine verminderte Reizbarkeit von pyramidalen Neuronen des Hippocampus vorliegt. Außerdem werde die Langzeitplastizität der Neuronen negativ beeinflusst. (RH)