Autor(en):
Smith-Roe SL*, Wyde ME, Stout MD, Winters JW, Hobbs CA, Shepard KG, Green AS, Kissling GE, Shockley KR, Tice RR, Bucher JR, Kristine L. Witt KL.
* Division of the National Toxicology Program, National Institute of Environmental Health Sciences, Research Triangle Park, North Carolina.
USA
Veröffentlicht in:
Environ Mol Mutagen 2019 [im Druck]
Veröffentlicht: 21.10.2019
auf EMF:data seit 02.12.2019
Weitere Veröffentlichungen:
Schlagwörter zu dieser Studie:
DNA-Schädigung
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Bewertung der genschädigenden Strahlung von Mobiltelefonen bei männlichen und weiblichen Ratten und Mäusen nach subchronischer Feldeinwirkung.

Evaluation of the genotoxicity of cell phone radiofrequency radiation in male and female rats and mice following subchronic exposure.
Exposition:

900-1900 MHz
SAR = 0; 1,5; 3 oder 6 W/kg (Ratten) bzw. 0; 2,5; 5; oder 10 W/kg (Mäuse)

EMF:data Auswertung

Einleitung

In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Nutzung von Mobiltelefonen weltweit nahezu allgegenwärtig geworden. Die Zahl der Mobilfunkverträge lag 2017 nach Angaben der Internationalen Fernmeldeunion bei ~7,68 Milliarden, bei ~5,12 Milliarden Kunden. Es besteht die Sorge, dass Mobilfunkstrahlung in der Lage ist, die menschliche Gesundheit zu beeinträchtigen. Einige epidemiologische Studien deuten darauf hin, dass die Nutzung von Mobiltelefonen das Risiko bestimmter Krebsarten im Gehirn erhöhen könnte. Schlussfolgerungen aus diesen Beobachtungen könnten allerdings verfrüht sein, da sich der Zeitraum nur auf die letzten zwei Jahrzehnte beschränkt und daher für Auswirkungen in Bezug auf Krebs eine zu kurze Zeitspanne darstellt. Der derzeitige Kenntnisstand der Wissenschaft bezüglich möglicher genschädigender Wirkungen von Mobilfunkstrahlung ist nicht eindeutig. Die bisherigen widersprüchlichen Befunde könnten zum Teil auf die immensen technischen Herausforderungen zurückzuführen sein, die mit der Untersuchung der Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung verbunden sind. Für die hier vorgestellte Studie wurden Ratten und Mäuse aus der Krebsstudie des US National Toxicology Program (NTP) (vgl. ElektrosmogReport 7/2016 und 3/2018) verwendet.

Quelle: ElektrosmogReport Dezember 2019 | 25. Jahrgang, Nr. 4

Studiendesign und Durchführung

In der NTP Studie wurden Sprague Dawley Ratten und B6C3F1/N Mäuse beider Geschlechter ganzkörperbestrahlt. Die Bestrahlung mit GSM-Mobilfunk (2G) und CDMA-Mobilfunk (3G-Standard in den USA) erfolgte in speziell konstruierten Räumen, welche eigens für die Krebsstudie entwickelt wurden. Die Bestrahlung der Ratten begann bereits im Mutterleib (Tag 5 nach Befruchtung), während die der Mäuse an Tag 35 nach Geburt startete. Die Belastung mit Mobilfunk erfolgte über 18 Stunden am Tag in 10-minütigen Intervallen. Daraus resultierte eine Gesamtbelastung von 9 Stunden und 10 Minuten pro Tag. Die Versuchstiere waren in 4 Gruppen unterschiedlichen Strahlungsintensitäten ausgesetzt, was in einem SAR-Wert von 0; 1,5; 3 oder 6 W/kg (Ratten) bzw. 0; 2,5; 5; oder 10 W/kg (Mäuse) resultierte. Ratten wurden mit einer Frequenz von 900 MHz, Mäuse mit 1900 MHz bestrahlt. Nach insgesamt 19 Wochen (Ratten) bzw. 14 Wochen (Mäuse) Exposition wurden jeweils 5 Versuchstiere pro Geschlecht aus jeder der 4 Bestrahlungsgruppe aus der laufenden NTP-Krebsstudie entfernt und die Wirkung der subchronischen Belastung mit Mobilfunkstrahlung untersucht, mit zwei Methoden, dem alkalischen Komet-Test sowie dem Mikrokern-Test. Der Komet-Test liefert Aufschluss über DNA-Schäden, während der Mikrokern-Test Chromosomenschäden aufzeigt. Es wurden verschiedene Gewebe analysiert: Beim Komet-Test betraf dies Zellen von 3 Hirnregionen (frontale Hirnrinde, Hippocampus, Kleinhirn), Leberzellen sowie Leukozyten des peripheren Bluts. Der Mikrokern-Test erfolgte an unreifen und reifen Erythrozyten des peripheren Bluts.

Ergebnisse

Der Komet-Test zeigt: In Ratten wurde lediglich bei der Bestrahlung des Hippocampus männlicher Tiere mit 3G-Mobilfunk (CDMA) eine eindeutige, dosisabhängige Erhöhung der DNA-Schädigung nachgewiesen. In allen anderen Proben (Gewebe, 2G-Mobilfunk, weibliche Tiere) konnten lediglich uneindeutige bzw. keine DNA-Schäden gefunden werden. Bei Mäusen wurden im frontalen Kortex männlicher Tiere bei beiden Mobilfunkarten (2G und 3G) dosisabhängige DNA-Schäden beobachtet. Auch die Leukozyten der weiblichen Tiere zeigten eine erhöhte sowie dosisabhängige Schädigung der DNA. Die restlichen Proben zeigten keine oder uneindeutige Ergebnisse in Bezug auf DNA-Schäden. Insgesamt wiesen 8 von 40 Probetypen eindeutige oder uneindeutige DNA-Schäden auf, der Rest zeigte keine Hinweise auf einen negativen Einfluss von Mobilfunkstrahlung auf DNA-Beschädigung. Der Mikrokern-Test lieferte keine Hinweise auf Chromosomenschäden durch Mobilfunkstrahlung.

 

Schlussfolgerungen

Die beiden Modulationsarten der weltweit benutzten Mobiltelefone, CDMA und GSM, wurden durch NTP auf Krebs getestet in 2-jährigen Experimenten mit Ratten und Mäusen. Obwohl die Ergebnisse des Mikrokern-Tests negativ ausfielen, wurden durch den Komet-Test in mehreren Geweben sowohl von Ratten als auch Mäusen DNA-Schäden nachgewiesen. Dies deutet darauf hin, dass Mobilfunkstrahlung DNA-Schäden verursachen kann. Die DNA-Schädigungen wurden hauptsächlich im Gehirn von männlichen Ratten und Mäusen beobachtet. Laut den Wissenschaftlern hätte eine höhere Anzahl von Versuchstieren dazu beitragen können, die Erkennbarkeit von DNA-Schäden zu verbessern. Eine weitere Limitierung der Studie sei das Fehlen einer histopathologischen Untersuchung, durch die z. B. entzündliche oder zytotoxische Prozesse festgestellt werden könnten. Die Ergebnisse des Experiments deuten an, dass die Belastung mit Mobilfunkstrahlung messbare, genschädigende Wirkungen hervorrufen könnte. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass die am stärksten belasteten Gruppen (6 W/kg in Ratten bzw. 10 W/kg in Mäusen) eine höhere Exposition aufweisen, als Menschen durch einen normalen Mobiltelefongebrauch ausgeliefert sind. Die Frage, ob Mobilfunk negative gesundheitliche Auswirkungen beim Menschen verursachen könnte, sei also nicht geklärt, weitere Studien sind in Arbeit. (RH)