Autor(en):
Li Y*, Deng P, Chen C, Ma Q, Pi H, He M, Lu Y, Gao P, Zhou C, He Z, Zhang Y, Yu Z, Zhang L.
* Key Laboratory of Medical Protection for Electromagnetic Radiation, Department of Occupational Health, Ministry of Education, Third Military Medical University, Chongqing.
China
Veröffentlicht in:
Front Public Health 2021; 9: 771508
Veröffentlicht: 22.11.2021
auf EMF:data seit 24.02.2022
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

National Natural Science Foundation of China (Grant Nos. 31670854 and 31770906).

Schlagwörter zu dieser Studie:
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Hochfrequente elektromagnetische Befeldung mit 1800 MHz beeinträchtigt das Wachstum von Neuriten mit einer Abnahme von Rap1-GTP in primären Hippocampus-Neuronen und Neuro2a-Zellen der Maus.

1,800 MHz Radiofrequency Electromagnetic Irradiation Impairs Neurite Outgrowth With a Decrease in Rap1-GTP in Primary Mouse Hippocampal Neurons and Neuro2a Cells.

Original Abstract

Background: With the global popularity of communication devices such as mobile phones, there are increasing concerns regarding the effect of radiofrequency electromagnetic radiation (RF-EMR) on the brain, one of the most important organs sensitive to RF-EMR exposure at 1,800 MHz. However, the effects of RF-EMR exposure on neuronal cells are unclear. Neurite outgrowth plays a critical role in brain development, therefore, determining the effects of 1,800 MHz RF-EMR exposure on neurite outgrowth is important for exploring its effects on brain development.

Objectives: We aimed to investigate the effects of 1,800 MHz RF-EMR exposure for 48 h on neurite outgrowth in neuronal cells and to explore the associated role of the Rap1 signaling pathway.

Material and Methods: Primary hippocampal neurons from C57BL/6 mice and Neuro2a cells were exposed to 1,800 MHz RF-EMR at a specific absorption rate (SAR) value of 4 W/kg for 48 h. CCK-8 assays were used to determine the cell viability after 24, 48, and 72 h of irradiation. Neurite outgrowth of primary hippocampal neurons (DIV 2) and Neuro2a cells was observed with a 20 × optical microscope and recognized by ImageJ software. Rap1a and Rap1b gene expressions were detected by real-time quantitative PCR. Rap1, Rap1a, Rap1b, Rap1GAP, and p-MEK1/2 protein expressions were detected by western blot. Rap1-GTP expression was detected by immunoprecipitation. The role of Rap1-GTP was assessed by transfecting a constitutively active mutant plasmid (Rap1-Gly_Val-GFP) into Neuro2a cells.

Results: Exposure to 1,800 MHz RF-EMR for 24, 48, and 72 h at 4 W/kg did not influence cell viability. The neurite length, primary and secondary neurite numbers, and branch points of primary mouse hippocampal neurons were significantly impaired by 48-h RF-EMR exposure. The neurite-bearing cell percentage and neurite length of Neuro2a cells were also inhibited by 48-h RF-EMR exposure. Rap1 activity was inhibited by 48-h RF-EMR with no detectable alteration in either gene or protein expression of Rap1. The protein expression of Rap1GAP increased after 48-h RF-EMR exposure, while the expression of p-MEK1/2 protein decreased. Overexpression of constitutively active Rap1 reversed the decrease in Rap1-GTP and the neurite outgrowth impairment in Neuro2a cells induced by 1,800 MHz RF-EMR exposure for 48 h.

Conclusion: Rap1 activity and related signaling pathways are involved in the disturbance of neurite outgrowth induced by 48-h 1,800 MHz RF-EMR exposure. The effects of RF-EMR exposure on neuronal development in infants and children deserve greater focus.

Keywords

Neuro2a cell | Rap1 | Rap1-GTP | neurite outgrowth | primary mouse hippocampal neurons | radiofrequency electromagnetic radiation

 

Exposition:

1800 MHz
GSM
SAR = 4 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die zunehmende Nutzung drahtloser Kommunikationstechnologie in der modernen Gesellschaft führt zu einer erhöhten Belastung mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF). Insbesondere die Beliebtheit von Mobiltelefonen nimmt rapide zu. So nutzen beispielsweise in Korea 90% der 13-jährigen Teenager Mobiltelefone. Das Gehirn reagiert bekanntermaßen sehr empfindlich auf hochfrequente Strahlung. Sowohl neuronale als auch kognitive Funktionen können durch Hochfrequenzbelastung beeinflusst werden. Innerhalb des Gehirns stellt der Hippocampus, welcher mit Lernen und Gedächtnis assoziiert ist, eine der sensibelsten Regionen gegenüber Mobilfunkstrahlung dar. Primäre Hippocampusneuronen sind klassische Zellen zur Bewertung des Neuritenwachstums. Störungen im Neuritenwachstum können zu gestörten neuronalen Entwicklungen und Erkrankungen führen. Es spielt eine Schlüsselrolle bei der Bildung neuronaler Netzwerke während der Entwicklung sowie der Nervenregeneration nach Traumata bzw. Erkrankungen. Das Protein Rap1 kann die Umstrukturierung des Zytoskeletts beeinflussen und damit das Wachstum von Neuriten sowie dendritischer Dornen im Gehirn fördern. In den Neuronen Neugeborener ist Rap1 ein entscheidender Regulator bei der Bildung von Axonen. Rap1 interagiert mit Botenstoffen und wandelt extrazelluläre Reize in intrazelluläre Signale um. Dabei fungiert es als molekularer Schalter mit einer aktiven und einer inaktiven Form. Rap1 kann MEK aktivieren, was wiederum ein Schlüsselmolekül des MAPK-Signalwegs darstellt. Der Rap1-MEK-MAPK Signalweg kann die Entwicklung, Plastizität sowie das Überleben von Neuronen beeinflussen, insbesondere durch die Regulierung des Neuritenwachstums. Inwiefern Rap1 am Neuritenwachstum beteiligt ist, wenn Neuronen mit Hochfrequenz bestrahlt werden, ist jedoch unbekannt. Das Ziel der hier vorgestellten Studie ist es, die Wirkung von Hochfrequenz auf das Neuritenwachstum in vitro zu untersuchen und dabei die Rolle von Rap1 zu beleuchten.

Quelle: ElektrosmogReport März 2022 | 28. Jahrgang, Nr. 1

Studiendesign und Durchführung

Diese in-vitro-Studie wurde an primären Hippocampusneuronen sowie Neuro2a-Zellen der Maus durchgeführt. Das Experiment wurde in einem Doppelblindansatz angelegt. Die kultivierten Zellen wurden für die Überprüfung der Überlebensfähigkeit 24, 48 und 72h mit 1800 MHz bestrahlt. Die maximale Bestrahldauer der restlichen Analysen betrug 48h. Es wurde das sXc-1800 Bestrahlungssystem (IT’Is Foundation Zürich, Schweiz) verwendet. Die Hochfrequenzbestrahlung erfolgte im GSM-Gesprächsmodus mit einem Expositionsintervall von 5 Minuten Befeldung ein und 10 Minuten Befeldung aus. Der SAR-Wert betrug 4 W/kg. Nach der Befeldung wurde die Überlebensfähigkeit der Zellen sowie das Neuritenwachstum untersucht. Außerdem wurden verschiedene immunohistochemische, Expressions- und Aktivitätsanalysen durchgeführt.

Ergebnisse

Die Überlebensfähigkeit der Zellen war weder bei den primären Neuronen noch den Neuro2a-Zellen nach 24–72h Befeldungsdauer eingeschränkt. Im Gegensatz dazu wurde das Neuritenwachstum (u.a. Länge der Neuriten) nach 48h Befeldung in beiden Zelltypen beeinträchtigt. Die Bildung des Proteins Rap1 wurde weder auf Gen- noch auf Proteinebene negativ durch die 48-stündige Hochfrequenzbelastung beeinflusst. Allerdings war die aktive Form des Rap1 (Rap1-GTP) in beiden Zelltypen nach Bestrahlung vermindert. Übereinstimmend damit war auch die aktive Form des „downstream“ Signalmoleküls MEK (p-MEK1/2) verringert. Um zu überprüfen, ob hier ein kausaler Zusammenhang besteht, implementierten die Wissenschaftler eine konstitutiv aktive Version des Rap1 in die Neuro2a-Zellen. Die Überexpression des aktiven Rap1 hob die Störung des Neuritenwachstums als Folge der 48h Hochfrequenzbelastung auf.

Schlussfolgerungen

Die Autoren konnten eine Störung des Neuritenwachstums neuronaler Zellen als Konsequenz von 1800-MHz-Hochfrequenzbefeldung demonstrieren. Da die Aktivität des Rap1 Proteins in Folge der Befeldung abnahm und die konstitutiv aktive Version von Rap1 das Neuritenwachstum wiederherstellen konnte, könnte Rap1 ein potenzieller neuer Kandidat sein, wie Hochfrequenz die Gehirnentwicklung stört. Laut den Autoren wäre ein möglicher Mechanismus, dass Hochfrequenz die Rap1-Aktivität durch Rap1GAP senkt, welches in weniger aktivem MEK (p-MEK1/2) und schließlich vermindertem Neuritenwachstum resultiert. Aufgrund der entwicklungsbedingten Anfälligkeit von Kindern und Jugendlichen könne die Hochfrequenzbelastung die programmierte neuronale Entwicklung stören und damit abnormales Verhalten und Krankheiten verursachen. Der Einfluss von Hochfrequenz auf das sich entwickelnde Gehirn erfordere daher größte Aufmerksamkeit. (RH)