ICT R&D program of Ministry of Science and ICT / Institute of Information & Communication Technology Planning & Evaluation (MSIT/IITP) [2019‐0‐00102, A Study on Public Health and Safety in a Complex EMF Environment].
Die öffentliche Sorge über die schädlichen Auswirkungen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf den menschlichen Körper nimmt weiter zu. Bei Tieren wurde über eine Vielzahl biologischer Wirkungen nach Hochfrequenzbelastung berichtet. Diese beinhalten u.a. Hinweise auf neurologische Veränderungen im Gehirn, gestörte Kalzium-Homöostase und verminderte Fortpflanzungsfähigkeit. Zu den zellulären Wirkungen der Hochfrequenz gehören Autophagie, Apoptose, Reaktionen auf DNA-Schadensantwort, mitochondriale Fehlfunktion, Veränderungen der Zellteilung und des Zellzyklus. Es existieren Hinweise, dass die verringerte Zellteilung auf eine hochfrequenzinduzierte zelluläre Seneszenz zurückzuführen ist. Als zelluläre Seneszenz wird ein Phänomen bezeichnet, bei dem sich Zellen aufhören zu teilen. Dies kann z.B. die Konsequenz von DNA-Schäden durch reaktive Sauerstoffspezies sein. Die Zellen bleiben metabolisch aktiv, unterliegen jedoch einem Zellzyklus-Arrest, wodurch eine Zellteilung ausgeschlossen wird. (Dies kann verhindern, dass sich geschädigte Zellen weiter vermehren und beispielsweise Tumore entstehen, Anm. d. Redaktion). Im Allgemeinen erfordert die Nutzung von Mobiltelefonen einen unmittelbaren Kontakt mit dem Kopf, was eine Hochfrequenzbelastung in unmittelbarer Nähe des Gehirns impliziert. Es ist daher denkbar, dass Hochfrequenzbelastung neuronale Zellen besonders beeinflusst. Die hier vorgestellte Studie beleuchtet mögliche biologische Auswirkungen von Hochfrequenz auf die Funktion der neuronalen Zelllinie SH-SY5Y (menschliche Neuroblastomzelllinie). Die Wirkung von Hochfrequenz auf Zellproliferation, Zellzyklus, DNA-Schäden, Apoptose und Seneszenz wurde analysiert.
Die menschliche Neuroblastomzelllinie SH-SY5Y wurde mit 1760 MHz LTE-Hochfrequenz bestrahlt. Die Befeldung erfolgte mit 4 W/kg SAR, 4 Stunden täglich über 4 Tage. Das Exposi
tionssignal wurde durch eine konische Hornantenne mit Breit-bandcharakteristik auf die Zellen übertragen. Als Kontrolle wurden scheinbestrahlte Zellen verwendet. Eine Temperaturerhöhung wurde ausgeschlossen. Nach der Bestrahlung wurden die Zellen mittels Durchflusszytometrie, Immunohistochemie sowie Zellteilungs-Assay untersucht
Es wurden keine signifikanten morphologischen Unterschiede nach Befeldung festgestellt. Allerdings war die Überlebensfähigkeit signifikant um bis zu 20% vermindert. Die Daten wiesen darauf hin, dass dies durch eine verminderte Zellteilung verursacht wurde. Diese wurde wiederum durch eine Zellzyklus-Verzögerung in der G0/G1-Phase der Zellen induziert. Anschließend untersuchten die Forscher verschiedene Marker für Apoptose und DNA-Schäden, welche jedoch keine Hinweise für Apoptose bzw. DNA-Schäden lieferten. Um den mechanistischen Hintergrund für die verringerte Zellteilung zu beleuchten, untersuchten die Wissenschaftler den Akt/mTOR Signalweg. Es ist bekannt, dass der Akt/mTOR Signalweg eine Schlüsselrolle bei diversen zellulären Prozessen, wie Zellteilung, Apoptose und Zellmigration spielt. Tatsächlich demonstrierten die Daten eine hochfrequenzverursachte zelluläre Seneszenz, welche durch den Akt/mTOR-Signalweg vermittelt wird. Danach wurden direkte
Zellzyklusregulatoren (p53, p21, p27), welche mit den Schlüsselproteinen der Zellzyklus-Kontrolle Cyclin-CDK interagieren, analysiert. Die Ergebnisse gaben Grund zur Annahme, dass die Zellzyklus-Verzögerung durch einen Expressionsanstieg der Zellzyklusregulatoren, auf Grund von hochfrequenter Befeldung, verursacht wurde. Der Cyclin-CDK-Komplex reguliert maßgeblich die Progression des Zellzyklus. Um zu untersuchen, ob der Anstieg der Cyclin-CDK-Inhibitoren p21 und p27 mit der Verzögerung des Zellzyklus in Zusammenhang stehen könnte, wurde die Expression verschiedener CDKs sowie Cyclin-D bestimmt. Die Autoren fanden heraus, dass die Hochfrequenzbelastung die Bildung von Cyclin-D, CDK4, CDK2 sowie aktiviertem Retinoblastom-Protein vermindern könnte, und dadurch den G1-S-Übergang des Zellzyklus verzögert.
Die Resultate der Autoren weisen darauf hin, dass Hochfrequenz (1760 MHz, 4 W/kg SAR, 4 Stunden/Tag, 4 Tage) die Zellteilung und damit das Zellwachstum von SH-SY5Y-Zellen neuronalem, menschlichen Ursprungs verringert. Die Verzögerung der Zellzyklus-Progression in der G0/G1-Phase wurde durch Veränderungen des Akt/mTOR-Signalweges verursacht. Verschiedene molekulare Zellzyklusregulatoren bzw. –mediatoren wurden untersucht und bestätigten die These. Die Hochfrequenz rief den Zustand der zellulären Seneszenz hervor, ohne DNA-Schäden zu verursachen. (RH)