Autor(en):
Guo Y*, Liu Y, Wang X.
* Department of Neurology, The First Affiliated Hospital of Chongqing Medical University, Chongqing Key Laboratory of Neurology, Chongqing, 400016.
China
Veröffentlicht in:
Acta Epileptologica 2, 9 (2020)
Veröffentlicht: 29.06.2020
auf EMF:data seit 27.05.2022
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

The National Natural Science Foundation of China (No. 81671301).

Schlagwörter zu dieser Studie:
Hirnaktivität & EEG
Reviews/Übersichtsarbeiten
zur EMF:data Auswertung

Elektromagnetische Aktivität: ein möglicher Akteur bei Epilepsie.

Electromagnetic activity: a possible player in epilepsy.

Original Abstract

Epilepsy is a common disease with frequent occurrences. Many precipitating factors contribute to epileptic seizures, such as hyperventilation and alcohol consumption. An increasing number of studies have also found that electromagnetic activity in the environment can also affect epileptic seizures. However, many neuromodulatory devices that produce electromagnetic fields have been applied in the diagnosis and treatment of epilepsy. In this paper, we performed literature search in the PubMed, Medline and EMBASE databases and reviewed retrospective, prospective, or cross-sectional studies and case reports on the effects of electromagnetic activity on epilepsy. The application of electromagnetic activity in the diagnosis and treatment of epilepsy is also reviewed.

Keywords

Electromagnetic activity | Epilepsy | Electroencephalogram | Magnetoencephalography | Repetitive transcranial magnetic stimulation

Exposition:

EMF allgemein

EMF:data Auswertung

Einleitung

Epilepsie ist eine häufige neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende Anfälle gekennzeichnet ist, mit einer weltweiten Prävalenz von 0,7 %. Verschiedene Faktoren können bei Patienten mit Epilepsie Anfälle auslösen, wie Alkoholkonsum und Hyperventilation. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass auch elektromagnetische Aktivitäten in der Umwelt bei Epilepsiepatienten Anfälle auslösen können. Zur Diagnose und Behandlung von Epilepsie wurden jedoch auch Geräte zur neuronalen Modulation eingeführt, die elektromagnetische Felder erzeugen. Künstliche elektromagnetische Strahlung wird von der Weltgesundheitsorganisation als viertgrößte Quelle von Umweltverschmutzung angesehen, gleich nach Luftverschmutzung, Wasserverschmutzung und Lärm. Die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) ist eine nicht-invasive neuro-elektrophysiologische Technik, die z.B. zur Behandlung von Depressionen, Schizophrenie, der Parkinson-Krankheit und Epilepsie eingesetzt wird.

Quelle: ElektrosmogReport Mai 2022 | 28. Jahrgang, Nr. 2

Studiendesign und Durchführung

Dieses systematische Review baut auf einer Literaturrecherche in PubMed, Medline und EMBASE auf.

Ergebnisse

Störungen der natürlichen elektromagnetischen Aktivität – sogenannte geomagnetische Stürme (GMS) – erhöhen nachweislich in Tierstudien die Anfälligkeit für Epilepsie. Michon et al. setzten chronisch epilepsiekranke Ratten künstlichen Magnetfeldern aus, die verschiedene Intensitäten erhöhter geomagnetischer Aktivität simulierten und zeigten, dass die exponierten Ratten ein erhöhtes Auftreten von Anfällen am nächsten Tag erfuhren. Bureau et al. fanden heraus, dass wenn die Intensität der künstlichen geomagnetischen Aktivität 20–25 nT überstieg, die Anfälle schneller auftraten als bei durchschnittlicher täglicher geomagnetischer Aktivität. Ob geomagnetische Stürme auch Auswirkungen auf Epileptiker haben, ist jedoch noch unbekannt. In einer Reihe von Studien wurde berichtet, dass rTMS episodische epileptische Anfälle auslösen kann bei gesunden Personen und Epileptikern. Dhuna et al. fanden heraus, dass einer von 8 Epilepsiepatienten, die rTMS erhielten, einen epileptischen Anfall entwickelte. Eine Meta-Analyse aus dem Jahre 2017 ergab, dass rTMS bei 30% der Epileptiker zu einer 50%igen Anfallsreduktion führt. Der genaue Mechanismus der rTMS ist nach wie vor unbekannt; aktuelle Studien deuten darauf hin, dass rTMS epileptische Anfälle unterdrückt, indem sie die synaptische Übertragung, die neuronale Erregbarkeit und die Funktion der Ionenkanäle verändert oder die ephaptischen Interaktionen unterbricht, die für die neuronale Synchronisation entscheidend sind. Der Frequenzbereich des menschlichen Elektroenzephalogramms (EEG) stimmt mit dem Frequenzbereich der Schumann-Resonanz (0–45 Hz) überein. Das Schumann-Resonanzsignal bietet einen beständigen externen Taktgeber, der zur Stabilisierung der elektrischen Aktivität des Gehirns beiträgt. Die Hauptfrequenz der Hirnaktivität kann 8–13 Hz erreichen, was mit den natürlichen elektromagnetischen Wellen der Erde übereinstimmt (d.i. die Schumann-Resonanz); dies scheint ein Ergebnis der Anpassung des menschlichen Gehirns an die Umwelt im Laufe der Evolution zu sein. Geomagnetische Stürme können auch Veränderungen in der EEG-Aktivität des Gehirns hervorrufen. Eine Studie an 10 gesunden Probanden zeigte, dass eine verlängerte Exposition mit GSM-Mobilfunk die interhemisphärische Kohärenz in den Alpha-2- (zwischen 8 und 10 Hz) und Alpha-3-Bändern (zwischen 10 und 12 Hz) erhöht, was zeigt, dass die GSM-Wellen die kortikale Erregbarkeit und die Ausbreitung von neuraler Synchronisationsaktivität beeinflussen können. Darüber hinaus ist die ältere Bevölkerung empfindlicher auf das GSM-Mobilfunksignal als jüngere Menschen. Epileptische Patienten zeigen nach Exposition mit GSM-Mobilfunk eine signifikant höhere interhemisphärische Kohärenz der Alpha-Rhythmen (einschließlich Alpha 2 und Alpha 3) im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen, was darauf hindeutet, dass Epileptiker noch empfindlicher auf die elektromagnetischen Wellen des Mobiltelefons reagieren und eher hochsynchrone Aktivität in ihren Neuronen aufweisen.

Schlussfolgerungen

Laut den Autoren sollten die folgenden Fragen in Zukunft untersucht werden: Erstens sollte geklärt werden, ob elektromagnetische Aktivität die Epilepsie oder die Anfallsschwelle beim Menschen beeinflussen kann. Bislang gibt es nur eine kleine Anzahl von Fallberichten und Tierstudien zu diesem Thema. Zweitens: Obwohl sich positive Auswirkungen der rTMS auf die Anfallshäufigkeit gezeigt haben, sind aufgrund der Variabilität der rTMS-Stimulationsprotokolle noch weitere gut konzipierte Studien erforderlich, um die langfristige Effizienz und Sicherheit dieses therapeutischen Ansatzes zu validieren. Drittens: Um elektromagnetische Aktivität besser zu verstehen und einzusetzen, sollte sich weitere Grundlagenforschung auf die
neuronalen Netzwerke sowie auf die zellulären und molekularen Mechanismen konzentrieren, die den Wirkungen von elektromagnetischen Feldern zugrunde liegen. (AT)