Autor(en):
Dasgupta S*, Leong C, Simonich MT, Truong L, Liu H, Tanguay RL
* Sinnhuber Aquatic Research Laboratory, Department of Environmental and Molecular Toxicology, Oregon State University, Corvallis, Oregon 97333.
USA
Veröffentlicht in:
Environ Sci Technol Lett 2022; 9 (4): 327-332
Veröffentlicht: 12.04.2022
auf EMF:data seit 06.09.2022
Weitere Veröffentlichungen:
Schlagwörter zu dieser Studie:
Gedächtnis, Lernen, Verhalten
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Transkriptomische und langfristige Verhaltens-Störungen im Zusammenhang mit der Exposition bei 3,5-GHz-Hochfrequenz-Feldern während der Entwicklung von Zebrafischen.

Transcriptomic and Long-Term Behavioral Deficits Associated with Developmental 3.5 GHz Radiofrequency Radiation Exposures in Zebrafish.

Original Abstract

Exposition:

3500 MHz
SAR = 8,27 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die schrittweise Einführung von 5G hat in den letzten Jahren zu einer verstärkten Erforschung ihrer möglichen gesundheitlichen Auswirkungen geführt. Da ein Mangel an robusten, wissenschaftlichen Daten besteht, herrscht eine Skepsis gegenüber der Sicherheit dieser nicht-ionisierenden Strahlung. Diese berechtigten Bedenken wurden allerdings auch missbraucht, um unbegründete Verschwörungstheorien, wie z.B. einen Zusammenhang zwischen 5G und COVID-19, zu schüren. Dementsprechend ist es von großer Bedeutung, die nicht-thermischen, biologischen Auswirkungen von 5G zu untersuchen, um belastbare wissenschaftliche Daten zu generieren.

Der Zebrabärbling ist ein relevantes Modell für die menschliche Gesundheitsforschung. Die Entwicklungsstadien des Zebrabärblings reagieren empfindlich auf Umweltstress. Außerdem können Zielmoleküle einfach aus Ganztierproben ermittelt werden. Damit hat der Zebrabärbling einige Vorteile gegenüber z.B. Nagetieren als Modellorganismus, z.B. was physische Größe, Generationszeit, interne Entwicklung, hohe Kosten und auch Probenaufarbeitung anbelangt. Die Autoren der hier vorgestellten Studie nutzen dieses Modell, um die Auswirkungen von Hochfrequenz auf biologische Prozesse, genauer gesagt sensomotorische Verhaltensänderungen und deren transkriptomische Grundlage zu untersuchen. (Als Transkriptom bezeichnet man die Gesamtheit der zu einem definierten Zeitpunkt abgelesenen Gene. Diese abgelesenen Gene (DNA) werden in mRNA überschrieben. Die mRNA wird im Prozess der Translation durch Ribosomen in Proteine „umgewandelt“, Anm. d. Redaktion). Bereits 2020 veröffentlichten die Autoren eine Studie, welche subtile sensomotorische Defizite im Larvenstadium (120 h nach Befruchtung) beschreibt, vermutlich als Konsequenz von 3,5-GHz-Hochfrequenzbelastung. Das Ziel der hier besprochenen Studie war es, die langfristigen Auswirkungen auf das Verhalten, hervorgerufen durch kurzfristige Hochfrequenzbelastung zu verstehen.

Quelle: ElektrosmogReport September 2022 | 28. Jahrgang, Nr. 3

Studiendesign und Durchführung

Die Wissenschaftler bestrahlten die Eier des Zebrabärblings in einem speziellen, temperaturregulierten Faraday’schen Käfig. Die Embryonen wurden 6–48 h nach Befruchtung mit 30–32 dBm bei 3,5 GHz Hochfrequenz belastet. Der berechnete SAR-Wert betrug 8,27 W/kg. Die Kontrollen wurden scheinbestrahlt (Transkriptomanalyse) bzw. nicht-bestrahlt (langfristige Verhaltensanalyse). Die Transkriptomanalyse, welche Veränderungen in der Ableserate von Genen untersucht, wurde unmittelbar nach Bestrahlungsende durchgeführt. Die Analyse der Hochfrequenzwirkung auf das Verhalten adulter Tiere fand 3 Monate nach der Befruchtung statt.

Ergebnisse

Das Ziel der Wissenschaftler war es, durch Transkriptom­analysen molekulare Marker zu identifizieren, welche in Zusammenhang mit den beobachteten sensomotorischen Defiziten der Studie von 2020 stehen könnten. Außerdem sollte überprüft werden, ob diese Defizite in späteren Lebensstadien fortbestehen. Die Bewertung der Transkriptomanalyse zeigte, dass unterschiedliche Stoffwechselprozesse zum Teil stark gestört waren. Zu diesen Stoffwechselprozessen gehören der Kohlenstoff-Stoffwechsel, der durch Folat vermittelte Ein-Kohlenstoff-Stoffwechsel, der Aminosäurestoffwechsel sowie die Biosynthese von Aminosäuren. Unter den different abgelesenen Genen war die Ableserate von hnrnpdl (Gen, dessen Protein wichtig ist für prä-RNA-Verarbeitung und den RNA-Stoffwechsel) sowie mkrn2 (Gen, dessen Protein bei Proteinmodifikation eine Rolle spielt) erhöht.  Es wurden jedoch keine spezifischen Störungen von Signalwegen beobachtet, welche unmittelbar die sensomotorischen Störungen erklären könnten.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die 3,5 GHz grundlegende Nukleinsäuresynthese und Stoffwechselwege beeinflussen, welche wiederum die zelluläre Homöostase und Entwicklung stören könnten. Um herauszufinden, ob eine kurzfristige Hochfrequenzbestrahlung während der Entwicklung anhaltende Verhaltensänderungen hervorrufen kann, wurde das Sozialverhalten, die Raubtiervermeidung sowie die Schreckreaktion von adulten Zerbrabärblingen analysiert, welche während ihrer Entwicklung bestrahlt wurden. Bei der Untersuchung des Sozialverhaltens zeigten lediglich männliche Exemplare eine signifikante Veränderung nach Befeldung. Bei der Raubtiervermeidung war das Verhalten beider Geschlechter signifikant verändert. Bei der Schreckreaktion wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen befeldeten Exemplaren und Kontrollexemplaren festgestellt.

Schlussfolgerungen

Die Daten weisen darauf hin, dass Hochfrequenz Auswirkungen auf das Sozial- und Angstverhalten von adulten Zebrabärblingen haben könnte. Grund für diese, wenn auch subtile, Verhaltensstörung könnte die Kurzzeitbefeldung 3 Monate vor den Verhaltensanalysen sein. Die Untersuchung der zugrundeliegenden, molekularen Veränderungen weist auf Komponenten der Nukleinsäuresynthese sowie des Stoffwechsels hin. Laut den Autoren könnten Störungen solcher wichtiger biochemischer Prozesse während der Entwicklung auch die neuronale Entwicklung beeinträchtigen. Als nächsten Schritt sehen die Wissenschaftler die Untersuchung von Langzeitbefeldungen mit schneller Frequenzmodulation an, um die Nutzung von 5G-Mobiltelefonen bzw. den Aufenthalt in der Nähe von ­5G-­In­frastruktur realer abbilden zu können. (RH)