Autor(en):
Echchgadda I*, Cantu JC, Tolstykh GP, Butterworth JW, Payne JA, Ibey BL
* Air Force Research Laboratory, 711Th Human Performance Wing, Airman Systems Directorate, Bioeffects Division, Radio Frequency Bioeffects Branch, JBSA Fort Sam Houston, 4141 Petroleum Road, San Antonio, TX, 78234.
USA
Veröffentlicht in:
Sci Rep 2022; 12: 3506
Veröffentlicht: 03.03.2022
auf EMF:data seit 06.09.2022
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

Grant from the Air Force Office of Scientific Research (AFOSR), number 19RHCOR071 (to I.E.*)

Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Veränderungen in der Erregbarkeit von primären Hippocampus-Neuronen nach Exposition bei hochfrequenten elektromagnetischen 3,0 GHz-Feldern.

Changes in the excitability of primary hippocampal neurons following exposure to 3.0 GHz radiofrequency electromagnetic fields.

Original Abstract

Exposures to radiofrequency electromagnetic fields (RF-EMFs, 100 kHz to 6 GHz) have been associated with both positive and negative effects on cognitive behavior. To elucidate the mechanism of RF-EMF interaction, a few studies have examined its impact on neuronal activity and synaptic plasticity. However, there is still a need for additional basic research that further our understanding of the underlying mechanisms of RF-EMFs on the neuronal system. The present study investigated changes in neuronal activity and synaptic transmission following a 60-min exposure to 3.0 GHz RF-EMF at a low dose (specific absorption rate (SAR) < 1 W/kg). We showed that RF-EMF exposure decreased the amplitude of action potential (AP), depolarized neuronal resting membrane potential (MP), and increased neuronal excitability and synaptic transmission in cultured primary hippocampal neurons (PHNs). The results show that RF-EMF exposure can alter neuronal activity and highlight that more investigations should be performed to fully explore the RF-EMF effects and mechanisms.

Exposition:

3 GHz
137 V/m (<1 W/kg)
SAR = Ø ~0,3 W/kg; max. ~0,7 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

Da bekannt ist, dass Hochfrequenzstrahlung positive wie negative Wirkungen auf das Gehirn haben kann, sollte nach den zugrunde liegenden Mechanismen geforscht werden. Diese Studie untersuchte Änderungen in der Nervenzellaktivität und synaptischen Plastizität, da bisher nur wenige Studien den Einfluss von Mikrowellen auf das Nervensystem und synaptische Übertragung untersucht haben. Frühere Studien haben ergeben, dass elektromagnetische Felder geringer Intensität (Ganzkörper-SAR ≤ 4 W/kg) die Hirnfunktionen beeinflussen können, abhängig von Intensität und Dauer der Einwirkung (positive oder negative Änderung des Lern- und Erinnerungsvermögens oder von Aufgabenlösungen). Für Lernen und Gedächtnis sind Aktivität und Plastizität der Nervenzellen sehr wichtig. Auch morphologische Veränderungen können auftreten, z. B. bei Anzahl und Wachstum der Neuriten. Da es weitere Forschung braucht, um die Mechanismen zu verstehen, wie elektromagnetische Felder in den Zellen wirken, wurden die Reaktionen von Nervenzellen auf das 60-minütige Einwirken von 3-GHz-Strahlung bei geringer Dosis (durchschnittlich ~0,3 W/kg, maximal ~0,7 W/kg) untersucht.

Quelle: ElektrosmogReport September 2022 | 28. Jahrgang, Nr. 3

Studiendesign und Durchführung

Die Zellkulturen stammen von primären embryonalen Hippocampuszellen (PHNs) von Ratten, zur Bestrahlung wurden 40.000 Zellen/cm² pro Ansatz eingesetzt. Die Zellen wurden einem konstanten elektrischen Feld von 137 V/m (<1 W/kg) über 60 Minuten bei 3,0 GHz ausgesetzt. Der durchschnittliche SAR-Wert betrug im gesamten Ansatz 0,1 (0,3–0,8) W/kg. Demzufolge wurde der Temperaturanstieg mit ~0,08 bzw. 0,2 °C als nicht-signifikant bestimmt und mit Messungen bestätigt (ΔT °C = 0,11 ± 0,03 °C). Es wurden 3 unabhängige Ansätze ausgeführt. Die Bestimmung der Überlebensrate der Zellen wurde 24 Stunden nach Ende der Bestrahlung durchgeführt. Die Bestimmung der Calcium-Konzentrationen in den Zellen (Intensität der Fluoreszenz, quantitative Analyse) erfolgte unmittelbar vor der Bestrahlung bzw. der Scheinbestrahlung und nach den 60 Minuten Behandlung innerhalb von 15 Minuten. Die Bestimmung von Spannung und Strom an den Zellmembranen (Patch-Clamp-Elektrode) erfolgte innerhalb von 30 Minuten nach Bestrahlung bzw. Scheinbestrahlung.

Ergebnisse

Die Temperaturerhöhung war nach Bestrahlung im normalen physiologischen Bereich, daher vernachlässigbar, die Überlebensrate der Zellen war nicht vermindert. Die der Strahlung ausgesetzten Zellen zeigten eine statistisch signifikante Abnahme der Amplitude des ausgelösten Aktionspotenzials gegenüber den scheinbestrahlten Zellen (94,37 ± 3,49mV, n=20 zu 82,42 ± 4,11 mV, n=20). Dazu kam es zu einer signifikanten Depolarisation des Membran-Ruhepotenzials nach Bestrahlung (-68,36 ± 1,27, n=11 mV zu -61,75 ± 2,27 mV, n=16). Die Dauer des Aktionspotenzials war erhöht. Der Plasmamembran-Widerstand war nicht-signifikant verschieden. Die gesteigerte Depolarisation des Ruhepotenzials nach Bestrahlung deutet auf eine erhöhte Erregbarkeit der Zellmembranen hin; d. h., die Zellen erreichen die Schwelle früher und feuern bei geringerer Spannung. Das wurde bestätigt durch viel geringere Ströme, die das Aktionspotenzial auslösen. Die bestrahlten Zellen zeigten ein größeres synaptisches Potenzial mit einer großen Anzahl von spontanen Aktionspotenzialen (sAPs) im Vergleich zu den Kontrollzellen (40 % der Kontrollzellen feuerten 5 sAPs in 2 Minuten, während 100 % der bestrahlten Zellen 123 sAPs feuerten). Dieser Anstieg an sAPs nach Bestrahlung bestätigt die Annahme, dass HF-Bestrahlung zum Anstieg der Erregbarkeit von Nervenzellen führt. Die Amplituden des Aktionspotenzials, das Ruhepotenzial und die Schwelle der Depolarisation waren bei den bestrahlten Zellen geringer als bei den Kontrollzellen.

Die intrazellulären Calcium-Ionen-Konzentrationen (Mittelwert von n=48 Zellen) sind bei den bestrahlten Zellen hochsignifikant gesteigert. Der Einstrom von Calcium-Ionen in die Zelle ist ein wichtiger Mechanismus bei der Regulation des Membranpotenzials, wobei die Änderungen des Membranpotenzials die Erregbarkeit der Zelle, die Ausschüttung von Neurotransmittern und die synaptische Plastizität kontrollieren. Diese Regulation ist abhängig vom Aktionspotenzial. Wenn das Aktionspotenzial das Nervenende erreicht hat, wird der spannungsempfindliche Ca2+-Ionenkanal geöffnet und das Ca2+ strömt in die Zelle.

Zur Erfassung der Wirkung von 3,0-GHz-Strahlung auf die Übertragung an den Synapsen wurden die post-synaptischen exzitatorischen und inhibitorischen Ströme gemessen. Die Messungen bestätigten, dass die Strahlung das Feuern der spontanen Aktionspotenziale dramatisch steigert. Die synaptische Übertragung wird durch die 3,0-GHz-Strahlung geringer Intensität potenziert.

Schlussfolgerungen

Die Bestrahlung mit 3,0 GHz geringer Intensität veränderte 15 Minuten nach Ende der 60-minütigen Bestrahlung deutlich die Aktivität der Nervenzellen, d. h. die Erregbarkeit der embryonalen Hippocampuszellen war auf nicht-thermische Weise verändert. Vor allem erzeugte die Strahlung eine signifikante Depolarisation des Ruhepotenzials und eine signifikante Abnahme der Amplitude des Aktionspotenzials, das von einem Anstieg der Ca2+-Ionen in der Zelle begleitet war und die synaptische Übertragung wurde durch die 3,0-GHz-Strahlung potenziert. Diese Befunde deuten auf die Möglichkeit veränderter Gehirnfunktion hin. Die Wirkung der Strahlung auf Erregbarkeit der Hippocampuszellen, den Calciumspiegel und die synaptische Übertragung zeigt, dass mehr Forschung betrieben werden muss, um die zugrunde liegenden Mechanismen der EMF-Wirkung zu verstehen. (IW)