Die Häufigkeit von Erkrankungen, welche mit Neuronen des Hippocampus (HIPPON) und des Spinalganglions (DRGN) assoziiert sind, wie Epilepsie, Migräne und periphere Schmerzen, steigt mit der Zunahme der Handynutzung. Der Schmerzrezeptor TRPV1, welcher unter anderem durch Capsaicin (Chilischärfe), oxidativen Stress und hohe Temperaturen aktiviert wird, kommt in HIPPON und DRGN häufig vor. Das Ziel der vorgestellten Studie war es, die molekularen Mechanismen, wie Mobilfunkstrahlung auf die HIPPON und DRGN wirkt, zu beleuchten. Dazu wurde die Auswirkung der Hochfrequenz auf Apoptose, oxidativen Stress und Ca²⁺-Einstrom in die Neurone mit Fokus auf eine mögliche TRPV1-Aktivierung untersucht.
Weibliche Wistar-Ratten (n = 8) wurden mit 900 MHz oder 1800 MHz Hochfrequenz 1 h täglich, 5 Tage die Woche über eine Periode von einem Jahr bestrahlt. Die Kontrollen wurden nicht-bestrahlt. Es lag eine 217 Hz Pulsmodulation vor. Die Stärke des elektrischen Feldes betrug 11 V/m und resultierte in einem SAR-Wert von 0,1 W/kg.
Nach der einjährigen Befeldungsperiode wurden die HIPPON und DRGN isoliert und Untersuchungen an ihnen durchgeführt. Die Wissenschaftler analysierten elektrophysiologische Eigenschaften (Patch-Clamp-Technik), Ca²⁺-Konzentrationen (Fura-2-Spektroskopie), intrazelluläre reaktive Sauerstoffspezies (ROS; DHR123), Depolarisation der mitochondrialen Membran (JC-1), Apoptose sowie Kaspase-3 und -9 Aktivität. Um eine Beteiligung des TRPV1 zu untersuchen, wurden die Versuche in An- und Abwesenheit von Capsaicin (CapN) bzw. seinem Antagonisten Capsazepin (CapZ) durchgeführt.
Die Resultate der Wissenschaftler weisen darauf hin, dass sowohl 900 als auch 1800 MHz Hochfrequenz einen übermäßigen Ca²⁺-Eintritt in die Neuronen durch eine Aktivierung des TRPV1-Kanals induziert. Beide elektromagnetischen Felder führten zu erhöhter Apoptose sowie Kaspase-3 und -9 Aktivität. Diese könnten, zumindest teilweise, durch die Aktivierung von TRPV1 vermittelt worden sein. Auch die Überprüfung der ROS-Produktion und der Depolarisation der mitochondrialen Membran wies auf eine Hochfrequenzwirkung unter Beteiligung von TRPV1 hin.
Diese Studie zu der Langzeitwirkung von 900 und 1800 MHz elektromagnetischen Feldern relativ geringer Intensität (SAR-Wert: 0,1 W/kg) liefert Hinweise dafür, dass die Hochfrequenz die übermäßige Produktion mitochondrialer ROS sowie Apoptose durch die Aktivierung von TRPV1 in HIPPON und DRGN induziert. Dabei wurde eine Frequenz-Wirkungs-Beziehung beobachtet, die Auswirkungen der 1800 MHz Befeldung waren stärker. Studiendesign und Dosimetrie sind grundsätzlich gut gewählt. Zur Bewertung der Belastungsintensität im ZNS wäre jedoch die Ermittlung des gewebespezifischen SAR-Wertes des ZNS von Vorteil gewesen. (RH)