Autor(en):
Treder M*, Müller M, Fellner L, Traynor K, Rosenkranz P.
* State Institute of Bee Research, University of Hohenheim, Stuttgart.
Deutschland
Veröffentlicht in:
Sci Total Environ 2023: 165211 [im Druck]
Veröffentlicht: 28.06.2023
auf EMF:data seit 22.08.2023
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg.

Schlagwörter zu dieser Studie:
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Definierte Exposition von Honigbienen-Völkern bei simulierten hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (RF-EMF): Negative Wirkungen auf das Heimkehr-Verhalten, aber nicht auf die Entwicklung der Brut und die Lebensdauer.

Defined exposure of honey bee colonies to simulated radiofrequency electromagnetic fields (RF-EMF): Negative effects on the homing ability, but not on brood development or longevity.

Original Abstract

Urbanization and the increasing use of wireless technologies lead to higher emission rates of radiofrequency electromagnetic fields (RF-EMF) in populated areas. This anthropogenic electromagnetic radiation is a form of environmental pollution and a potential stressor on bees or other flying insects. Cities often have a high density of wireless devices operating on microwave frequencies, which generate electromagnetic frequencies e.g. in the 2.4 and 5.8 GHz bands commonly used by the wireless technologies. To date the effects of nonionizing electromagnetic radiation on the vitality and behavior of insects are poorly understood. In our experiment we used honey bees as model organisms and analyzed the effects of defined exposures to 2.4 and 5.8 GHz on brood development, longevity and homing ability under field conditions. To generate this radiation, we used a high-quality radiation source which generates a consistent, definable and realistic electromagnetic radiation, engineered for this experiment by the Communications Engineering Lab (CEL) at the Karlsruhe Institute of Technology. Our results show significant effects of long-term exposures on the homing ability of foraging honey bees, but no effects on brood development and adult worker longevity. Using this novel and high-quality technical set-up, this interdisciplinary work provides new data on the effects of these widely used frequencies on important fitness parameters of free-flying honey bees.

Exposition:

2400 MHz
Mobiles Internet/WLAN
5,8 GHz

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die Verstädterung und die zunehmende Nutzung drahtloser Technologien führen zu höheren Emissionsraten hochfrequenter elektromagnetischer Felder (HF-EMF) in besiedelten Gebieten. Diese anthropogene elektromagnetische Strahlung ist eine Form der Umweltverschmutzung und ein potenzieller Stressfaktor für Bienen und andere Fluginsekten. In Städten gibt es häufig eine hohe Dichte an drahtlosen Geräten, die auf Mikrowellenfrequenzen arbeiten und elektromagnetische Frequenzen erzeugen, z. B. 2,4 und 5,8 GHz. Aufgrund der zunehmenden Nutzung dieser Technologien sind diese Felder in Europa allgegenwärtig geworden. Diese Technologien und die möglichen Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Tierwelt werden jedoch intensiv diskutiert, da es immer noch große Wissenslücken über die akuten oder langfristigen Auswirkungen gibt, einschließlich der fast unbekannten Auswirkungen auf die Vielfalt oder den Bestand von Wirbellosen und Wirbeltieren wie Bienen oder Vögeln. Bislang sind die Auswirkungen nichtionisierender elektromagnetischer Strahlung auf die Vitalität und das Verhalten von Insekten nur unzureichend bekannt. In einer ausführlichen Übersichtsarbeit von Vanbergen et al. (2019) wurden die gesammelten Belege für negative Auswirkungen und die aktuellen Wissenslücken von EMF auf Bestäuber dargestellt, wobei hervorgehoben wurde, dass viele Auswirkungen ungeklärt sind und dass die in künftigen Studien verwendeten Methoden dringend verbessert werden müssen. Zu den Empfehlungen gehören die Erhöhung der Anzahl der Wiederholungen, die Verwendung geeigneter Kontrollen, realistische Expositionsszenarien und realistische Feldbedingungen. Im vorliegenden Experiment verwendeten die Autoren Honigbienen als Modellorganismen und analysierten die Auswirkungen definierter Expositionen bei 2,4 und 5,8 GHz auf die Entwicklung der Brut, die Langlebigkeit und das Heimfindevermögen unter Feldbedingungen.

Quelle: ElektrosmogReport September 2023 | 29. Jahrgang, Nr. 3

Studiendesign und Durchführung

Die Versuche wurden von Juli bis September 2020 und erneut von Juli bis Oktober 2021 an der Landesanstalt für Bienenkunde, Universität Hohenheim (DE), durchgeführt. Für den Versuchsaufbau wurden 16 Bienenvölker verwendet. In der EMF-Gruppe wurden 8 Bienenvölker in einem Abstand von 2 m zur Strahlungsquelle aufgestellt. Die 8 Kontrollkolonien wurden nach dem gleichen Muster in einem Abstand von 5 m zu den EMF-Kolonien aufgestellt. Es wurde eine hochwertige Strahlungsquelle verwendet, die eine gleichmäßige, definierbare und realistische elektromagnetische Strahlung erzeugt und für dieses Experiment vom Karlsruher Institut für Technologie entwickelt wurde. Diese Strahlungsquelle erzeugt Pakete, die identisch mit denen sind, die für die Übertragung von WLAN bei den Frequenzen 2,4 und 5,8 GHz verwendet werden und die lizenzfrei simulierbar sind. Es wurde Software Defined Radio (SDR)-Technologie verwendet und ein Tastverhältnis von 100 % über einen Zeitraum von 100 ms als Sendeparameter ausgewählt, um einen stark belasteten WLAN-Zugangspunkt zu simulieren. Zu Beginn der Brutbewertung wurden von jedem Bienenvolk eine Brutwabe mit Eiern ausgewählt und etwa 200 Zellen markiert. Um die Auswirkungen auf den Heimkehrerfolg zu bewerten, wurden zwei verschiedene Ansätze verwendet, um langfristige und kurzfristige Auswirkungen getrennt zu untersuchen.

Ausgewachsene Arbeitsbienen, die auf Futtersuche waren, wurden in Probenbehältern direkt am Eingang des Bienenstocks von vier verschiedenen Völkern jeder Gruppe (EMF, Kontrolle) gesammelt. Insgesamt wurden etwa 160 einzelne Bienen in 8 Wiederholungsversuchen getestet. Die Bienen jedes Versuchs wurden einzeln markiert. Für die Kurzzeitexposition wurden 9 zusätzliche Bienenvölker verwendet, die sich nicht in der Nähe der Strahlungsquelle befanden. Mit insgesamt etwa 200 einzelnen Bienen wurden 11 Versuche mit paarweisen Vergleichen durchgeführt. Die Bienen in den Probenbehältern wurden zu einem 500 m entfernten Freilassungsort transportiert. Ein Beobachter zählte alle zurückkehrenden Bienen am Eingang des Bienenstocks, notierte die individuelle Kennzeichnung und hielt die Flugdauer fest. Um die Auswirkungen auf die Langlebigkeit zu testen, wurden 675 neu geschlüpfte Arbeitsbienen in 9 Gruppen (5 EMF, 4 Kontrolle) mit jeweils 75 Bienen in einen der 16 Versuchsstöcke eingesetzt und auf ihre Lebensdauer hin beobachtet (28 Tage lang).

Ergebnisse

Die Exposition wurde mit simuliertem WLAN einer äquivalenten isotropen Strahlungsleistung (EIRP) von 177 mW bei 2,45 GHz und 10 mW bei 5,8 GHz vorgenommen, simultan abgestrahlt. Dies entspricht einer Leistungsflussdichte von 3,54 mW/m2 bei 2,45 GHz und 0,2 mW/m2 bei 5,8 GHz in 2 Meter Abstand der Antenne.

Die endgültige Brutabbruchrate am Tag 16 nach der Eiablage unterschied sich nicht signifikant (p = 0,862) zwischen der exponierten (33,5 %) und Kontrollgruppe (35,4 %).

Die Langzeit-HF-EMF-Exposition hatte einen deutlich negativen Einfluss auf die Orientierungsfähigkeit der Honigbienen bei der Futtersuche (p = 0,0064). Die Anzahl der Bienen, die erfolgreich zu ihren Bienenstöcken zurückfanden, unterschied sich signifikant: 95,2 % der Bienen in der Kontrollgruppe kehrten erfolgreich zurück, verglichen mit nur 78,6 % der Bienen in der EMF-Gruppe. Wenn Honigbienen nur kurz bestrahlt wurden (40 min), hatte die Strahlung keinen Einfluss auf die Anzahl der erfolgreich zurückkehrenden Bienen (Mittelwert: EMF 90,0 %, Kontrolle 86,6 %; p = 0,4696).

Die Bienen in den mit HF-EMF behandelten Bienenstöcken lebten im Durchschnitt 17,7 ± 0,61 Tage im Vergleich zu den etwas länger lebenden Kontrollen mit 19,0 ± 0,68 Tagen. Die Überlebensanalyse über die gesamte Lebensdauer von 28 Tagen zeigte jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen.

Die Autoren verglichen auch das Überleben während des normalen Zeitfensters, in dem die Bienen mit der Futtersuche beginnen (Tag 11 bis 29) und fanden hier signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (p = 0,042).

Schlussfolgerungen

Anthropogene elektromagnetische Strahlung ist eine Form der Umweltverschmutzung, die im Verdacht steht, negative Auswirkungen auf Fluginsekten einschließlich Bienen zu haben. Viele frühere Forschungen zu EMF verwendeten unvorhersehbare und unregelmäßige Strahlungsquellen, was die Auswertung der Ergebnisse erschwert. In dieser Studie zeigte sich eine deutliche signifikante negative Auswirkung auf das Heimfindeverhalten der Sammelbienen. Es ist erwähnenswert, dass moderne Mobilfunktechnologien wie 4G/5G-Systeme, die auf demselben Frequenzband wie WLAN arbeiten, wahrscheinlich ähnliche Auswirkungen haben werden. Die vorliegende Studie verfolgte jedoch nicht die möglichen langfristigen Folgen einer kontinuierlichen Exposition auf die Entwicklung der Bienenvölker während des gesamten Jahres. Dieses Thema sollte in Langzeitstudien untersucht werden. Aufgrund der Komplexität der Arbeit mit HF-EMF sind interdisziplinäre Kooperationen sehr erwünscht. (AT)