Autor(en):
Thoradit T*, Chabi M, Aguida B, Baouz S, Stierle V, Pooam M, Tousaints S, Akpovi CD, Ahmad M.
* UMR8256, CNRS, IBPS, Sorbonne Université, Paris.
Frankreich
Veröffentlicht in:
Commun Integr Biol 2024; 17 (1): 2384874
Veröffentlicht: 04.08.2024
auf EMF:data seit 12.08.2024
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

ANR (Agence Nationale de Recherche, France) and from Novo Nordisk Fonden (Denmark).

Schlagwörter zu dieser Studie:
Elektrohypersensibilität (EHS)  |  (Oxidative) Stress-Reaktion
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Hypersensibilität gegenüber vom Menschen verursachten elektromagnetischen Feldern (EHS) korreliert mit der Immunreaktivität auf oxidativen Stress: ein Fallbericht.

Hypersensitivity to man-made electromagnetic fields (EHS) correlates with immune responsivity to oxidative stress: a case report.

Original Abstract

There is increasing evidence that exposure to weak electromagnetic fields (EMFs) generated by modern telecommunications or household appliances has physiological consequences, including reports of electromagnetic field hypersensitivity (EHS) leading to adverse health effects. Although symptoms can be serious, no underlying mechanism for EHS is known and there is no general cure or effective therapy. Here, we present the case study of a self-reported EHS patient whose symptoms include severe headaches, generalized fatigue, cardiac arrhythmia, attention and memory deficit, and generalized systemic pain within minutes of exposure to telecommunications (Wifi, cellular phones), high tension lines and electronic devices. Tests for cerebral, cardiovascular, and other physiological anomalies proved negative, as did serological tests for inflammation, allergies, infections, auto-immune conditions, and hormonal imbalance. However, further investigation revealed deficits in cellular anti-oxidants and increased radical scavenging enzymes, indicative of systemic oxidative stress. Significantly, there was a large increase in circulating antibodies for oxidized Low-Density Lipoprotein (LDLox), byproducts of oxidative stress accumulating in membranes of vascular cells. Because a known primary effect of EMF exposure is to increase the concentration of cellular oxidants, we propose that pathology in this patient may be causally related to a resulting increase in LDLox synthesis. This in turn could trigger an exaggerated auto-immune response consistent with EHS symptoms. This case report thereby provides a testable mechanistic framework for EHS pathology with therapeutic implications for this debilitating and poorly understood condition.

Keywords

Antioxidant therapy | EHS | electromagnetic field sensitivity | electromagnetic fields | EMF-LF | oxidative stress | reactive oxygen species | wifi

Exposition:

EMF allgemein
NF (50/60 Hz)
Mobiles Internet/WLAN
Mobiltelefone

EMF:data Auswertung

Einleitung

Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die Exposition gegenüber schwachen elektromagnetischen Feldern (EMF), wie sie durch moderne Telekommunikations- oder Haushaltsgeräte erzeugt werden, physiologische Folgen hat, einschließlich der sogenannten Elektrohypersensibilität (EHS), die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. EHS beschreibt eine Reihe von gesundheitlichen Beschwerden, die durch elektromagnetische Felder (EMF) verursacht werden. Zu den Symptomen gehören Kopfschmerzen, Müdigkeit, Herzrhythmusstörungen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie systemische Schmerzen. Die genaue Ursache und wirksame Behandlungsmöglichkeiten für EHS sind bisher unbekannt. Es ist jedoch mittlerweile bewiesen, dass schwache, nicht-thermische EMF oxidativen Stress verursachen, auch wenn der Mechanismus, der dazu führt, allgemein noch nicht bekannt ist.

Quelle: ElektrosmogReport August 2024 | 30. Jahrgang, Nr. 3

Studiendesign und Durchführung

Die Autoren stellen die Fallstudie eines 25-jährigen EHS-Patienten vor, der nach eigenen Angaben starke Kopfschmerzen, allgemeine Müdigkeit, Herzrhythmusstörungen, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisdefizite sowie allgemeine systemische Schmerzen innerhalb von Minuten nach Kontakt mit Telekommunikationsgeräten (z.B. WLAN, Mobiltelefon) und Hochspannungsleitungen (in weniger als 50 m Abstand) erleidet. Mildere Symptome werden beim Patienten durch meteorologische Bedingungen wie Gewitter und Regen ausgelöst. Außerdem hat sich der Schweregrad der Symptome in den letzten 4 Jahren immer weiter erhöht. Aus diesem Grund ist der Patient jetzt nicht mehr in der Lage, in einem normalen Arbeitsumfeld zu arbeiten, und wohnt in einem isolierten Haus auf dem Lande. Trotz umfangreicher medizinischer Tests wurden bislang keine physiologischen Anomalien festgestellt, die seine Symptome erklären konnten.

Ergebnisse

Tests auf zerebrale, kardiovaskuläre und andere physiologische Anomalien verliefen negativ, ebenso wie serologische Tests auf Entzündungen, Allergien, Infektionen, Autoimmunerkrankungen und hormonelles Ungleichgewicht. Alle Standard-Laborwerte waren im normalen Bereich. Weitere Untersuchungen zeigten jedoch Defizite an zellulären Antioxidantien (Vitamin C, Beta-Carotin, Coenzym Q10) und eine erhöhte Aktivität radikalfangender Enzyme (Superoxiddismutase), was auf systemischen oxidativen Stress hindeutet. Besonders auffällig war ein starker Anstieg (40-fach erhöht) der zirkulierenden Antikörper gegen oxidiertes Low-Density-Lipoprotein (LDLox), der oxidierten Form des LDL-Cholesterols. LDLox ist ein toxisches Lipid-Nebenprodukt von oxidativem Stress, das in hohen Konzentrationen zu Atherosklerose und Entzündungen beitragen kann. Im Gegensatz dazu waren die im Blutkreislauf gemessenen LDLox-Werte bei diesem Patienten nicht erhöht. Dies lässt darauf schließen, dass erhöhte LDLox-Konzentrationen, die die Bildung von Anti-LDLox-Antikörpern auslösen, bei dem Patienten wahrscheinlich nur vorübergehend auftraten. Da eine bekannte primäre Wirkung von EMF-Exposition die Erhöhung der zellulären Oxidantienkonzentration ist, wird vorgeschlagen, dass die Pathologie des Patienten möglicherweise durch eine erhöhte LDLox-Synthese verursacht wird, die eine übersteigerte Autoimmunreaktion auslöst. Interessant ist auch die Beobachtung, dass in der näheren Familie des Patienten mehrere Personen eine genetische Disposition gegenüber Schwermetallen aufweisen. Nach (womöglich unsachgemäßer - Anmerkung der Redaktion) medikamentöser Ausleitung der Schwermetalle mit Chelatbildnern ist bei all diesen Personen eine gewisse Überempfindlichkeit gegenüber EMF aufgetreten. Der Patient selbst war im Alter von 13 Jahren mit dem Chelatbildner DMPS behandelt worden, seine EHS ist mehrere Jahre später aufgetaucht. (Da der Hauptdetoxifikationsweg für Schwermetalle über Antioxidantien wie Glutathion stattfindet, liegt hier möglicherweise eine genetische Schwäche des antioxidativen Systems vor, was erklären könnte, wieso manche Menschen EHS entwickeln, die meisten Menschen jedoch nicht (Anmerkung der Redaktion).

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass oxidativer Stress eine mögliche zugrunde liegende Pathologie bei EHS sein könnte. Dies könnte eine Erklärung dafür bieten, warum Patienten mit EHS Symptome zeigen, die denen von Autoimmun- oder allergischen Reaktionen ähneln. Die Autoren schlagen vor, dass eine erhöhte Sensitivität gegenüber oxidativem Stress, möglicherweise aufgrund von Defiziten in zellulären Antioxidantien, eine Rolle bei der Entwicklung von EHS spielt. Die Studie diskutiert mögliche therapeutische Ansätze, einschließlich Antioxidantien-Therapien und Photobiomodulationstherapie, um oxidativen Stress zu reduzieren. Bei dem Patienten zeigte sich eine gewisse Linderung der milderen Symptome durch die Anwendung einer Infrarot-LED-Lichttherapie, nicht jedoch durch die Gabe von Antioxidantien. Diese Fallstudie bietet einen testbaren mechanistischen Rahmen für die Pathologie von EHS mit therapeutischen Implikationen. (AT)