Autor(en):
He Z*, Qiu F, Yang J, Zhao M.
* Center of Encephalopathy, The First Affiliated Hospital of Henan University of Chinese Medicine, Zhengzhou.
China
Veröffentlicht in:
Front Neurol 2024; 15: 1462414
Veröffentlicht: 30.10.2024
auf EMF:data seit 04.02.2025
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

The Henan Province Traditional Chinese Medicine Science Research Special Project Medicine (NO. 2019JDZX2007; NO. 2022JDZX004).

Epidemiologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Der Einfluss der Nutzung digitaler Geräte auf das Migräne-Risiko: eine univariable und multivariable Mendelsche Randomisierungsstudie.

The role of digital device use on the risk of migraine: a univariable and multivariable Mendelian randomization study. Frontiers in Neurology.

Original Abstract

Background: The pervasive integration of digital devices into daily life has raised concerns about their potential health impacts. This study aimed to explore the causal relationships between digital device use and the risk of migraine using Mendelian randomization (MR). Methods: Genetic data on digital device use and migraines were sourced from large-scale genome-wide association studies conducted by the UK Biobank, the FinnGen study, and the International Headache Genetics Consortium. Univariable MR (UVMR), meta-analysis, and multivariable MR (MVMR) approaches were conducted to explore and verify the causal effects of digital device use (including mobile phone use, computer use, playing computer games, and watching television) on migraine risk. Sensitivity analyses were conducted using Cochran’s Q, MR-Egger intercept test, MR pleiotropy residual sum and outlier, MR Radial, MR Steiger, and leave-one-out methods. Results: UVMR analyses revealed that genetically predicted mobile phone use was significantly associated with an increased risk of overall migraine (odds ratio [OR] = 2.39, p = 9.78e-5) and migraine without aura (MO) (OR = 2.25, p = 0.024). Additionally, there were significant positive associations between genetically predicted television watching and the risk of overall migraine (OR = 1.63, p = 2.12e-5) and MO (OR = 2.10, p = 4.98e-5). These results were further supported by the meta-analysis and MVMR analysis. Sensitivity analysis indicated no heterogeneity or pleiotropy. Conclusion: This comprehensive MR study provides preliminary evidence for the causal impact of mobile phone use and television watching on the risk of migraines. Further studies are needed to explore these associations across different populations.

Keywords

digital device | migraine | univariable Mendelian randomization study | multivariable
Mendelian randomization study | casual effect

Exposition:

Mobiltelefone

EMF:data Auswertung

Einleitung

Migräne ist eine weit verbreitete und schwächende neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende Kopfschmerzen gekennzeichnet ist, die häufig von Übelkeit, Erbrechen sowie Licht- und Geräuschempfindlichkeit begleitet werden. Sie betrifft weltweit über 100 Millionen Menschen, vor allem unter 50 Jahren, und ist in allen Altersgruppen die zweithäufigste Ursache für ein Leben mit Behinderungen. Die Ein-Jahres-Prävalenzraten für Migräne schwanken in den westlichen Ländern zwischen 4 % und 9 % bei Männern und zwischen 11 % und 25 % bei Frauen. Angesichts der schwerwiegenden physischen und psychischen Auswirkungen auf die Patienten ist die Vorbeugung von Migräneanfällen von entscheidender Bedeutung. Frühere Studien haben mehrere Risikofaktoren ermittelt, darunter Schlafverhalten, Ernährungsgewohnheiten, körperliche Aktivität und Medikamenteneinnahme, die zur Migräne beitragen. Die digitale Abhängigkeit, die eng mit der genetischen Veranlagung zusammenhängt, beeinträchtigt die Gehirnfunktion und -struktur erheblich. Eine längere Exposition gegenüber blauem Licht und elektromagnetischer Strahlung kann zu neurologischen Störungen wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, negativen Emotionen, Gedächtnisverlust und Aufmerksamkeitsdefiziten führen. Beobachtungsstudien haben ergeben, dass die häufige Nutzung elektronischer Geräte mit einem erhöhten Migräne-Risiko verbunden ist, insbesondere bei Studenten. Herkömmliche Beobachtungsstudien sind jedoch anfällig für Störfaktoren, die die Zuverlässigkeit der Feststellung kausaler Zusammenhänge einschränken, sodass es schwierig ist, einen eindeutigen kausalen Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Geräte und dem Migräne-Risiko herzustellen.

Die Mendelsche Randomisierung (MR) ist eine Methode, die die gemessene Variation in Genen nutzt, um die kausale Wirkung einer Exposition auf ein Ergebnis zu untersuchen. Bei der Analyse anhand zusammengefasster Daten werden häufig Daten aus (mehreren) genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) verwendet. Eine GWAS ist eine Beobachtungsstudie eines genomweiten Satzes genetischer Varianten bei verschiedenen Personen, um festzustellen, ob eine Variante mit einem Merkmal assoziiert ist. In diesem Fall wird die Assoziation zwischen genetischen Varianten und der Exposition aus den zusammenfassenden Ergebnissen einer genomweiten Assoziationsstudie für die Exposition entnommen. Die Assoziation zwischen denselben genetischen Varianten und dem Ergebnis wird dann aus den zusammenfassenden Ergebnissen einer genomweiten Assoziationsstudie für das Ergebnis entnommen. Diese beiden Sätze von zusammenfassenden Ergebnissen werden dann verwendet, um die MR-Schätzung zu erhalten. Genetische Varianten, wie z. B. Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs), werden als Stellvertreter für die betrachtete Exposition (oder das Ergebnis) verwendet. Es wird davon ausgegangen, dass diese genetischen Varianten nach dem Zufallsprinzip verteilt werden und von Störfaktoren unbeeinflusst sind. Durch die Verwendung genetischer Varianten als Instrumente kann die MR dazu beitragen, kausale Beziehungen zwischen Expositionen und Ergebnissen abzuleiten, ohne dass herkömmliche randomisierte kontrollierte Studien erforderlich sind. In der vorliegenden Studie wird der kausale Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Geräte und dem Migräne-Risiko mithilfe der Mendelschen Randomisierung untersucht.

Quelle: ElektrosmogReport Februar 2025 | 31. Jahrgang, Nr. 1

Studiendesign und Durchführung

Die GWAS-Daten zu vier Arten der Nutzung digitaler Geräte, einschließlich der Nutzung von Mobiltelefonen, Fernsehen, Computern und Computerspielen, wurden von der UK Biobank bezogen. Dabei handelt es sich um eine groß angelegte Datenbank mit genetischen und gesundheitlichen Daten von einer halben Million britischer Teilnehmer. Die Nutzung digitaler Geräte basierte auf Selbstauskünften. Die Nutzung von Mobiltelefonen wurde definiert als die Häufigkeit, mit der in den letzten drei Monaten pro Woche Anrufe mit dem Mobiltelefon getätigt oder entgegengenommen wurden (n = 386.626 Teilnehmer). Die Fernsehnutzung wurde anhand der täglichen Sehdauer gemessen (n = 437 887), die Computernutzung anhand der täglichen Nutzungsdauer (n = 360 895), und die Computerspielgewohnheiten wurden anhand der Spielpraktiken bewertet (n = 462 433).

Die GWAS-Daten zur Migräne wurden aus zwei großen Datensätzen gewonnen. FinnGen war die primäre Entdeckungskohorte, ein öffentlich-privates Partnerschaftsprojekt in Finnland, das genetische Daten mit digitalen Gesundheitsdaten aus nationalen Gesundheitsregistern kombiniert. Sie umfasst 20 908 Fälle von Migräne insgesamt, 8 970 Fälle von Migräne mit Aura (MA) und 7 593 Fälle ohne Aura (MO). Die Replikationskohorte des International Headache Genetics Consortium (IHGC) umfasst 48.975 europäische Fälle von Migräne insgesamt. Die MA- und MO-Fälle umfassten 6.332 bzw. 8.348 europäische Fälle.

Zur Auswahl robuster instrumenteller Variablen wurden nur Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs) mit einem p-Wert <5e-8 und Minor-Allel-Häufigkeiten >0,01 ausgewählt. Die SNP-Unabhängigkeit wurde mithilfe des europäischen Referenzpanels des 1.000-Genome-Projekts sichergestellt, wobei das Kriterium des Kopplungsungleichgewichts von r² < 0,001 innerhalb eines 10-MB-Fensters angewendet wurde.

Die Effektallele wurden zwischen den GWAS-Datensätzen für die Nutzung digitaler Geräte und Migräne abgeglichen. Der Ansatz der univariablen Mendelschen Randomisierung (UVMR) wurde durchgeführt, um die potenzielle Kausalität zwischen der Nutzung digitaler Geräte und dem Migräne-Risiko mit verschiedenen statistischen Methoden zu untersuchen. Eine Metaanalyse wurde durchgeführt, um die aus den Entdeckungs- und Replikationsdatensätzen abgeleiteten Kausalschätzungen zu kombinieren und anschließend den kausalen Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Geräte und Migräne zu validieren. Anschließend wurde eine multivariable MR-Analyse durchgeführt, die um relevante Störfaktoren (Schlaganfall, körperliche Aktivität, Bluthochdruck, Schlaflosigkeit, klinische Depression, Alkoholkonsum, Rauchen, Body-Mass-Index) bereinigt wurde.

Ergebnisse

9 SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismen) wurden eindeutig mit der Mobiltelefonnutzung in Verbindung gebracht (entweder positiv oder negativ). Die meisten dieser SNPs sind im Moment von unbekannter Funktion. Bei 3 SNPs hingegen sind die Gene und ihre Funktion bekannt. PHLPP2 ist eine Phosphatase, die an der Regulierung der Akt- und PKC-Signalübertragung beteiligt ist. ARPP21 reguliert die Dopaminwirkung in den Basalganglien. FOXP2 scheint an einer Vielzahl von biologischen Signalwegen und -kaskaden beteiligt zu sein, die letztlich die Sprachentwicklung beeinflussen können. 89 SNPs wurden mit dem Fernsehkonsum in Verbindung gebracht.

Die Schätzungen der UVMR auf der Grundlage der FinnGen-Kohorte ergaben, dass die genetisch vorhergesagte Nutzung von Mobiltelefonen mit einem erhöhten Risiko für Migräne insgesamt (OR = 2,39) und für MO (OR = 2,25) verbunden war. In ähnlicher Weise wurde Fernsehkonsum positiv mit einem erhöhten Risiko für Migräne insgesamt (OR = 1,63) und MO (OR = 2,10) in Verbindung gebracht, aber keine der beiden Aktivitäten war signifikant mit MA assoziiert. Negative Assoziationen wurden zwischen Computernutzung (OR = 0,67) und dem Spielen von Computerspielen (OR = 0,41) mit MO beobachtet, obwohl keine von beiden signifikant mit der gesamten Migräne oder MA assoziiert war.

Die Schätzungen aus der Meta-Analyse von zwei separaten Datensätzen (FinnGen und IHGC) bestätigten einen signifikanten kausalen Zusammenhang zwischen Mobiltelefonnutzung und Migräne insgesamt (OR = 1,58) und einen suggestiven Hinweis für MO (OR = 1,73). Fernsehkonsum war signifikant mit Migräne insgesamt (OR = 1,63) und MO (OR = 1,92) verbunden. Es wurden keine kausalen Zusammenhänge zwischen der Computernutzung, dem Spielen von Computerspielen und irgendwelchen Migräne-Subtypen gefunden.

Die multivariable MR-Analyse, bereinigt um relevante Störfaktoren, bestätigte, dass die Nutzung von Mobiltelefonen mit einem erhöhten Migräne-Risiko (OR = 1,40) und MO (OR = 1,88) verbunden war. In ähnlicher Weise erhöhte Fernsehen das Risiko für Migräne (OR = 2,01) und MO (OR = 3,56).

Schlussfolgerungen

Frühere Beobachtungsstudien haben auf die nachteiligen Auswirkungen einer übermäßigen Nutzung elektronischer Geräte auf die Migräne hingewiesen. In Bezug auf die Nutzung von Mobiltelefonen ergab eine Meta-Analyse, die die Ergebnisse von 30 Kohorten mit verschiedenen Ethnien und Bevölkerungsgruppen im Alter von 9–63 Jahren zusammenfasste, eine positive Korrelation zwischen der wöchentlichen Nutzung von Mobiltelefonen und dem Migräne-Risiko, was darauf hindeutet, dass die Strahlung von Mobiltelefonen ein Risikofaktor für Migräne sein könnte (Farashi 2022). Der Zusammenhang zwischen der Nutzung elektronischer Geräte und Migräne lässt sich durch die anhaltende Exposition gegenüber blauem Licht (Fernsehen) und elektromagnetischer Strahlung (Mobiltelefon) erklären. In einer klinischen Studie wurde festgestellt, dass Migränepatienten im Vergleich zu gesunden Personen eine signifikante und anhaltende Verringerung der Schwellenwerte für die Schmerzwahrnehmung nach Stimulation mit intensivem Licht aufwiesen (Kowacs 2001). Dieses Phänomen kann auf die Stimulation der retinalen Ganglienzellen durch blaues Licht zurückgeführt werden, die in der Folge die Leitung der trigeminalen nozizeptiven Bahnen beeinflusst. Dies legt nahe, dass visuelle Reize Migräne auslösen und auch den Schlaf stören können.

Außerdem ist das Nervensystem sehr empfindlich gegenüber elektromagnetischer Strahlung (EMR). Eine längere Exposition gegenüber hochfrequenter EMR kann zu Störungen des Neurotransmitter-Stoffwechsels und zu oxidativem Stress in den Gehirnzellen führen, die beide mit der Entstehung von Migräne in Verbindung gebracht werden. Alles in allem sind die Mechanismen, die den Auswirkungen elektronischer Geräte auf die Migräne zugrunde liegen, recht komplex und vielschichtig und bedürfen weiterer Forschung.

Anmerkung der Red.: In dieser Studie wurden in der finnischen Kohorte wesentlich stärkere Auswirkungen der Mobiltelefonnutzung (OR = 2,39) auf das Auftreten von Migräne festgestellt als in der gesamteuropäischen Datengruppe (OR = 1,32). Diese höhere Empfindlichkeit der nördlichen Bevölkerungen ist auch aus der Literatur über Elektrohypersensibilität und andere Erkrankungen bekannt. Andererseits war der Zusammenhang zwischen Migräne und Fernsehkonsum in beiden Datensätzen genau gleich (OR = 1,63). (AT)