Autor(en):
Tuysuz MZ*, Kayhan H, Saglam ASY, Senturk F, Bagriacik EU, Yagci M, Canseven AG.
* Department of Biophysics, Faculty of Medicine, Harran University, Sanliurfa.
Türkei
Veröffentlicht in:
Bioelectromagnetics 2025; 46 (1): e22543
Veröffentlicht: 15.01.2025
auf EMF:data seit 05.02.2025
Weitere Veröffentlichungen:
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Hochfrequenz-induzierte zeitabhängige Veränderungen der Genexpression und Apoptose in Glioblastom-Zelllinien.

Radiofrequency Induced Time‐Dependent Alterations in Gene Expression and Apoptosis in Glioblastoma Cell Line.

Original Abstract

Exposition:

2100 MHz

EMF:data Auswertung

Einleitung

Zahlreiche experimentelle Studien haben gezeigt, dass hochfrequente Felder diverse biologische Reaktionen auslösen können, darunter Apoptose, Autophagie, DNA-Schäden, entzündliche Reaktionen, oxidativer Stress und veränderte Genexpression. Im Apoptosekontext wurde spezifisch nachgewiesen, dass Hochfrequenz Apoptose-Marker beeinflussen kann, darunter pro-apoptotische Proteine wie BAX und CASP sowie anti-apoptotische Marker wie BCL-2. Obwohl epidemiologische Studien auf ein erhöhtes Krebsrisiko hinweisen, ist die experimentelle Forschung zu Auswirkungen und Mechanismen von hochfrequenten Feldern nach wie vor durch Kontroversen und begrenzte Erkenntnisse gekennzeichnet. Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit neuer, umfassender Experimente. Die vorliegende Studie zielt darauf ab, die Auswirkungen von 2100-MHz-Hochfrequenz auf Zellviabalität, Apoptose und Genexpression in der menschlichen Glioblastom-Zelllinie U118-MG in vitro zu untersuchen. Die U118-MG-Zellline wurde gewählt, da sie aus einem menschlichen Gliazellkrebs stammt und epidemiologische Studien auf ein erhöhtes Gliomrisiko durch Mobilfunknutzung hinweisen.

Quelle: ElektrosmogReport Februar 2025 | 31. Jahrgang, Nr. 1

Studiendesign und Durchführung

Die Befeldung der U118-MG-Zelllinie erfolgte mit 2100 MHz und 60 V/m, resultierend in einem durchschnittlichen SAR-Wert von 1.12 ± 0,18 W/kg für 1 g. Die Zellen wurden 1 h, 24 h oder 48 h befeldet, als Kontrollen wurden schein-befeldete Zellen verwendet. Der verwendete SAR-Wert entspricht geltenden Sicherheitslinien und bleibt unterhalb empfohlener Grenzwerte. Außerdem wurde eine Echtzeit-Temperaturüberwachung durchgeführt, die keinerlei Temperaturschwankungen verzeichnete. Die Befeldungsapparatur war gegenüber externen elektromagnetischen Feldern abgeschirmt. Befeldungsapparatur und Dosimetrie wurden penibel charakterisiert, um konsistente und kontrollierte Befeldungsbedingungen in einer stabilen und reproduzierbaren Umgebung zu gewährleisten. Auf biologischer Ebene wurde die Zellviabilität, Zellapoptose (Annexin-V-Durchflusszytometrie) sowie die Genexpression der Apoptosemarker CASP3, CASP8, CASP9, BCL-2 und BAX (quantitative PCR) untersucht. Die Expression der Transkriptionsfaktoren CYCD1, C-MYC sowie c-FOS, welche mit Zellteilung und Apoptose assoziiert sind, wurden ebenfalls mittels quantitativer PCR überprüft.

Ergebnisse

Die Zellviabilität war im Vergleich zu den schein-befeldeten Kontrollen nach 1 h und 24 h unverändert. Nach 48 h Befeldungsdauer hingegen wurde eine statistisch signifikante Verminderung beobachtet. Damit übereinstimmend verhielt sich der Anteil apoptotischer Zellen. Nach 1 h und 24 h waren keine Veränderungen feststellbar, nach 48 h war die Rate apoptotischer Zellen im Vergleich zu den scheinbefeldeten-Kontrollen signifikant gesteigert. Die relative Genexpression von CASP3, CASP8 und CASP9 war nach 24 h und 48 h signifikant erhöht, das BAX/BCL-2-Verhältnis hingegen war erst nach 48 h Befeldung statistisch signifikant gesteigert. Die relative Genexpression der Transkriptionsfaktoren war hingegen lediglich nach 1 h Befeldung erhöht und nach 24 h sowie 48 h nicht signifikant verändert.

Schlussfolgerungen

Die präsentierten Daten erweisen sich als durchgehend konsistent. Die 2100-MHz-Befeldung mit einer Intensität unterhalb empfohlener Grenzwerte führt nach 48 h zu einer verringerten Zellviabilität und gesteigerten Apoptose. Das BAX/BCL-2-mRNA-Verhältnis, eine Art „Zelltod-Schalter“ und damit entscheidender Regulator zellulärer Apoptose, zeigt im Vergleich zur scheinbefeldeten Kontrolle einen 4,5-fachen Anstieg. Die Autoren vermuten, dass bei kürzeren Befeldungsdauern die Zellen Stressreaktionswege aktivieren (gesteigerte CASP3, -8, -9), doch dieser Veränderungen der Genexpression nicht zu sofortiger Apoptose führen. Eine längere Befeldung jedoch erschöpft das Potenzial der Zelle mit dem Hochfrequenz-induziertem Stress umzugehen und führt zu signifikanten apoptotischen Veränderungen. Die Autoren mutmaßen, dass dies mit einer Überschreitung der Verdopplungszeit der U118-MG-Zellen zusammenhängen könnte. Der vorübergehende Anstieg der Transkriptionsfaktor-Expression spreche für eine transiente Hochfrequenzwirkung auf die Zellen, welche tiefgreifender untersucht werden müsse, da hierüber Einblicke in Kompensationsmechanismen der Zellen gewonnen werden könnten. (RH)