The Scientific Research Projects Unit of the University of Recep Tayyip Erdogan and grant number TSA-2023–1477.
Die Tatsache, dass der 5G-Mobilfunkstandard ohne umfangreiche Überprüfung gesundheitsschädlicher Wirkungen eingeführt wurde, ruft Bedenken, sowohl bei Wissenschaftlern wie auch in der breiten Bevölkerung hervor. Das Fehlen einer standardisierten Methodik zur Bewertung der Hochfrequenzbelastung durch 5G-Mobiltelefone und Basisstationen verschärft diese Bedenken. Darüber hinaus erfordern 5G-Mobilfunknetze eine exponentiell höhere Anzahl an Basisstationen (10- bis 100-fach), was die Notwendigkeit der Erforschung potenzieller gesundheitsschädlicher Wirkungen von 5G-Mobilfunk unterstreicht. Diese können u.a. oxidativen Stress und verstärkte Apoptose beinhalten. Coenzym Q10, ein wirkungsvolles Antioxidans, spielt wissenschaftlichen Publikationen zufolge eine aktive Rolle bei der Eindämmung von Apoptose, welche eng mit Stress des endoplasmatischen Retikulums (ER) verbunden ist. ER-Stress als Folge von oxidativem Stress, Apoptose und mitochondrialer Dysfunktion kann wiederum zu einer Funktionsstörung der Hoden führen. Bei ER-Stress steigt die Konzentration des Chaperon-Glukose-regulierten Proteins (GRP78) und des C/EBP-homologen Proteins (CHOP) an. Das Ziel der vorgestellten Studie war es die Auswirkungen von 5G-Mobilfunk auf ER-Stress im Hodengewebe biochemisch und histopathologisch zu untersuchen. Außerdem sollte eine mögliche schützende Rolle von Q10 analysiert werden.
Die Studie wurde an 3 – 4 Monate alten Sprague-Dawley Ratten durchgeführt. Diese wurden in 3 Gruppen (n = 8) unterteilt: Käfigkontrollen, 5G-Befeldung, 5G-Befeldung + 10 mg/kg Q10. Die Versuchstiere wurden mit 5,9 GHz 2h pro Tag mit einer elektrischen Feldstärke von 4 V/m (0,42 W/m²), resultierend in einem Ganzkörper-SAR-Wert von 0,0213 W/kg befeldet. Die Feldstärke wurde an unterschiedlichen Punkten des Befeldungskäfigs gemessen. Die Dauer des Experiments betrug 30 Tage. Die Wissenschaftler untersuchten oxidative Stressmarker biochemisch (TBARS, Gesamt-Thiol), ER-Stress-Marker immunohistochemisch (GRP78, CHOP) sowie das Hodengewebe histopathologisch. Die immunohistochemischen und histopathologischen Untersuchungen wurden semi-quantitativ bewertet. Der histopathologische Schädigungsgrad wurde anhand des „Testicular Histopathologic Damage Scoring“ (THDS) ermittelt. Dabei werden der Verlust spermatogener Zellen, Ödembereiche, entzündliche Prozesse und Gefäßverschlüsse berücksichtigt. Darüber hinaus wurden der Verlust an spermatogenen Zellen in den Hodenkanälchen anhand des Johnsen-Hoden-Score bewertet. Die semi-quantitative Analyse der immunohistochemischen Proben wurde doppelverblindet durchgeführt und auch hier wurde ein IHC-Score immunopositiver Zellen ermittelt.
Die Resultate der Autoren zeigten ein sehr konsistentes Bild. Alle untersuchten Endpunkte (s.o.) wiesen auf eine schädigende Wirkung der 5,9-GHz-Befeldung hin. Im Vergleich zu den Kontrollen wurden sowohl bei oxidativen Stressmarkern, als auch den histopathologischen und immunohistochemischen Scores statistisch signifikante gesundheitsschädigende Auswirkungen der 5G-Strahlung beobachtet. Im Einzelnen bedeutet dies durch die Befeldung hervorgerufene histopathologische Schädigungen (gesteigerte Ödembereiche, Gefäßverschlüsse, neutrophile Entzündungen der Samenkanälchen), erhöhte TBARS, vermindertes Gesamt-Thiol und erhöhte Anzahl an GRP78- und CHOP-positiven Zellen. In der Versuchsgruppe, die das Antioxidans Q10 verabreicht bekam, wurde die gesundheitsschädliche Wirkung des 5G-Mobilfunks, im Vergleich zur Gruppe, welche lediglich der Befeldung ausgesetzt war, statistisch signifikant vermindert.
Männliche Unfruchtbarkeit, die ein globales Gesundheitsproblem darstellt, kann in Zusammenhang mit homöostatischen ROS-Ungleichgewichten des Fortpflanzungssystems stehen. Eine übermäßige Produktion reaktiver Sauerstoffspezies kann zu ER-Stress führen, der wiederum oxidativen Stress verursachen kann. Dieser Zustand kann sich nachteilig auf Spermienqualität auswirken. Die Autoren verweisen auf das Potenzial von starken Antioxidantien wie Q10, um den Teufelskreis von ROS-ER-Stress, hervorgerufen durch Mobilfunk, zu unterbinden. (Diese Studie reiht sich ein die immer größer werdende Anzahl von Studien, welche einen Zusammenhang zwischen sub-thermischer Mobilfunk-Befeldung verschiedener Frequenzen und verminderter männlicher Fruchtbarkeit beschreiben. Dies wurde in verschiedenen Reviews ausführlich diskutiert (Yadav et al., 2021; Yu et al., 2021). Selbst Verfechter der „lediglich thermische Wirkung“-Tradition mussten mögliche schädliche Auswirkungen von Hochfrequenz-Befeldung auf die männliche Fruchtbarkeit zugeben (Cordelli et al., 2024). Die Auswirkungen von 5G-Mobilfunk auf die männliche Fruchtbarkeit sind hingegen noch nicht gut erforscht, wozu die vorgestellte Studie ihren Beitrag leistet, Anm. d. Red.) (RH)