Autor(en):
Bodin R*, Robidel F, Rodrigues S, Lecomte A, Villegier AS.
* INERIS, MIV/TEAM, F-60550 Verneuil-en-Halatte.
Frankreich
Veröffentlicht in:
Appl Sci 2024; 14 (16): 6978
Veröffentlicht: 09.08.2024
auf EMF:data seit 05.02.2025
Weitere Veröffentlichungen: Studie gefördert durch:

The French Ministry of Ecology Program 190.

Schlagwörter zu dieser Studie:
Wirkung auf Jungtiere  |  Wachstum
Medizinische/biologische Studien
zur EMF:data Auswertung

Verzögertes Wachstum bei unreifen männlichen Ratten, die bei 900 MHz Hochfrequenz exponiert wurden.

Delayed Growth in Immature Male Rats Exposed to 900 MHz Radiofrequency.

Original Abstract

People have been exposed to the 900 MHz mobile phone electromagnetic field for approximately 30 years. There is still no conclusion from immature rodent experiments regarding the potential effects of nonthermal radiofrequency (RF) 900 MHz continuous wave exposure during biological development. Here, we test the hypothesis that mother rats exposed at a whole-body specific absorption rate (wbSAR) occupational (Oc) limit of the International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection for humans (0.4 W/kg) will show impairments in development, with less effect at the public (Pu) limit (0.08 W/kg). The wbSAR was estimated at 0.4 W/kg to mimic working mothers (OcM exposure) and 0.08 W/kg for non-working mothers, i.e., public (PuM exposure). This pre- and postnatal study is the first to compare public and occupational exposure limits on rat pup physical development. Litter endpoints and the descendants’ body weights and lengths were recorded regularly from birth concomitantly with the age of developmental landmarks. Male neonates showed earlier pinna ear detachment and earlier eye opening in both the OcM and PuM groups, but earlier incisor eruption only in the PuM group. The OcM-exposed males showed lower body weight as juveniles until adolescence. The OcM- and PuM-exposed descendant females showed earlier pinna ear detachment and eye opening with similar body weight. These data suggest variations in the development time of descendant rats when the mother rats received daily 900 MHz continuous waves at human limits for workers and non-workers (public).

Keywords

2G communications | radiofrequency fields | weight | eye opening | ear detachment |
electromagnetic radiation | development

Exposition:

900 MHz
GPRS, Edge (E)/2G
SAR = 0,4; 0,08 W/kg

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die zweite Generation Mobilfunk (2G) wurde mit dem GSM-Netz (900 MHz) in den 1990er Jahren eingeführt. Bis zum heutigen Tage ist die Exposition gegenüber 900-MHz-Mobilfunk im öffentlichen und beruflichen Umfeld allgegenwärtig. Es wurde gezeigt, dass das 2G-Netz nach wie vor der Hauptverursacher für das Eindringen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern in das Gehirn bei Telefongesprächen ist. Die Grenzwerte liegen bei 0,08 W/kg für die allgemeine Öffentlichkeit (Pu) bzw. 0,4 W/kg für eine berufliche Belastung (Oc). Sowohl in der allgemeinen Öffentlichkeit wie auch im beruflichen Umfeld gibt es besonders gefährdete Personen, wie z.B. schwangere Frauen, unreife (Föten, Neugeborene, Kinder), kranke oder alternde Personen. Es ist bekannt, dass die Schädel von Föten und Neugeborenen weniger gut vor dem Eindringen von Hochfrequenz schützen, als der von Erwachsenen. Man kann also davon ausgehen, dass der physiologische und entwicklungsrelevante Schutz durch ICNIRP-Grenzwerte bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen geringer ausfällt. Die vorliegende Studie möchte am Rattenmodell untersuchen, wie sich eine Strahlenbelastung in Höhe der öffentlichen bzw. beruflichen Grenzwerte auf Wachstum und Entwicklung auswirken und inwiefern sich diese Auswirkungen unterscheiden.

Quelle: ElektrosmogReport Februar 2025 | 31. Jahrgang, Nr. 1

Studiendesign und Durchführung

Insgesamt wurden 25 trächtige Ratten in drei Gruppen unterteilt: schein-befeldet (n = 9), PuM (n = 8; Ganzkörper-SAR 0,08 W/kg) und OcM (n = 8; Ganzkörper-SAR 0,4 W/kg). Die Tiere und ihre Nachkommen wurden ab Tag 8 nach Befruchtung (pränatal) bis Tag 17 nach Geburt (postnatal) zwischen 11:00 und 19:00 mit 900 MHz befeldet. Die Feldstärken betrugen 30,2 V/m (PuM) bzw. 67,5 V/m (OcM). Bei Geburt wurden die Jungtiere auf 3 männliche und drei weibliche pro Wurf reduziert. Jeweils ein Jungtier jeden Geschlechts wurde an Tag 8, 17 und 43 nach Geburt geopfert. Zunächst wurden allgemeine Wurfparameter (Größe der Würfe, Geschlechterverhältnis, Anzahl Totgeburten) analysiert. Außerdem wurden Gewicht und Größe der Jungtiere von Geburt bis Tag 43 nach Entbindung dokumentiert. Jedes Jungtier wurde täglich untersucht um die Zeitpunkte des Augenöffnens, Schneidezahndurchbruchs und Lösens der Ohrmuschel zu bestimmen. Diese Ereignisse gelten als Entwicklungsmarker.

Ergebnisse

Die Studie zeigt keine Hinweise auf eine schädliche Auswirkung der perinatalen Befeldung in Hinsicht auf allgemeine Wurfparameter (Größe der Würfe, Geschlechterverhältnis, Anzahl Totgeburten) oder auf Gewicht und Größe der Jungtiere bei Geburt. Bei den OcM-befeldeten männlichen Jungtieren (0,4 W/kg) zeigte sich jedoch eine statistisch signifikante Verringerung des Gewichts ab Tag 6, welche bis Ende des Experiments (Tag 43) bestehen blieb. Auch waren die männlichen Tiere beider befeldeter Gruppe kleiner, jedoch waren die Daten knapp nicht statistisch signifikant (p = 0,0557). Die Auswirkungen der 900-MHz-Befeldung auf die Marker der Frühentwicklung hingegen waren statistisch signifikant. Bei beiden Feldstärken und beiden Geschlechtern erfolgte eine verfrühte Augenöffnung und Ablösung der Ohrmuscheln. Der Schneidezahndurchbruch war lediglich bei den Männchen der PuM-Gruppe statistisch signifikant verfrüht.

Schlussfolgerungen

Die vorgestellte Publikation war die erste, welche die Auswirkungen von Grenzwerten für den öffentlichen Raum und den Arbeitsplatz anhand der physischen Entwicklung von Ratten verglich. Die Ergebnisse deuten auf körperliche Entwicklungsstörungen hin (verfrühtes Ablösen der Ohren bzw. Öffnen der Augen, vermindertes Gewicht), wobei die Grenzwerte am Arbeitsplatz einen stärkeren Phänotyp verursachten. Der beobachtete Phänotyp könnte auf eine Stoffwechselstörung mit erhöhtem Energiebedarf hindeuten. Die Autoren weisen darauf hin, dass vergleichbare Entwicklungsstörungen bei neugeborenen Ratten und Mäusen beobachtet wurden, deren Serotonin- und Dopamin-Stoffwechsel chemisch gestört wurde (Abu-Taweel, 2019; Cai et al., 2023). Die neurotoxische Wirkung der Chemikalien beruhe u.a. auf oxidativem Stress (Huang et al., 2008). (RH)