Author(s):
Al-Serori H*, Kundi M, Ferk F, Mišík M, Nersesyan A, Murbach M, Lah TT, Knasmüller S.
* Institute of Cancer Research, Department of Internal Medicine 1, Medical University of Vienna, Vienna, Austria.
International
Published in:
Toxicol In Vitro 2017; 40: 264-271
Published: April 2017
on EMF:data since 12.07.2018
Further publications: Studie gefördert durch:

Austrian Workers' Compensation Board (AUVA).

Keywords for this study:
Brain/CNS tumor
Medical/biological studies
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Evaluation of the potential of mobile phone specific electromagnetic fields (UMTS) to produce micronuclei in human glioblastoma cell lines.

Original Abstract

Exposure:

RF/microwaves (1 - 300 GHz)
1950 MHz
UMTS/3G
SAR = 0,25; 0,50 und 1,0 W/kg

EMF:data assessment

Summary

Einige epidemiologische Studien hatten ergeben, dass Mobilfunkstrahlung Glioblastome beim Menschen hervorruft. Da bekannt ist, dass Instabilität des Genoms eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krebs ist, sollte geklärt werden, ob UMTS-Strahlung von Smartphones Mikrokerne und andere Chromosomenschäden hervorruft. Ungefähr 4,8 Mrd. Menschen sind der nicht-ionisierenden Strahlung durch Nutzung von Mobiltelefonen ausgesetzt. Die IARC hat die Mobilfunkstrahlung als „möglicherweise Krebs erregend beim Menschen“ eingestuft, weil epidemiologische Studien erhöhte Fallzahlen an Glioblastomen (bösartige Hirntumore) ergeben hatten. Man nimmt an, dass die Strahlung Genschäden erzeugt, auch wenn Experimente widersprüchliche Ergebnisse erzielt haben. Die Strahlung kann in Zellkernen verschiedene Schäden verursachen, es können Strukturen des Zellkerns, Chromosomen und einzelne Gene betroffen sein. Genetische Schäden sind Doppel- oder Einzelstrangbrüche der DNA, es können Mikrokerne, dizentrische Chromosomen oder Genvervielfältigungen entstehen. Die molekularen Mechanismen, über die die Strahlung Hirntumore hervorrufen kann, sind derzeit unbekannt. Man geht davon aus, dass genetische Schädigungen eine Ursache darstellen. In dieser Studie wurde untersucht, ob derartige genetische Schäden durch Einwirkung von UMTS-Strahlung nachweisbar sind. Für die Experimente wurden zwei menschliche Glioblastomzelllinien verwendet, die sich im p53-Gen unterscheiden, U87 (Wildtyp) und U251 (Mutante mit Defekt im p53-Gen). In epidemiologischen Studien war ein erhöhtes Gliomrisiko durch Nutzung des Mobiltelefons gefunden worden. Hier wurden SAR-Werte angewendet wie sie beim normalen Telefonieren vorkommen. Dies ist die erste Untersuchung zu genschädigenden Eigenschaften von UMTS-Strahlung in menschlichen Glioblastomzellen. Dieser Zelltyp ist von besonderem Interesse, weil epidemiologische Studien ergaben, dass Mobiltelefonnutzung zu Hirntumoren von Gliomzellen führt.

Source: ElektrosmogReport Mai 2017

Study design and methods

Die beiden Glioblastom-Zelllinien U87 und U251 wurden 16 Stunden lang verschiedenen SAR-Dosen ausgesetzt (0,25, 0,50 und 1,0 W/kg bei 1950 MHz, intermittierend 10 min. an, 5 min. aus). 1 W/kg ist der ICNIRP-Grenzwert für Dauereinwirkung des UMTS-Signals auf den Menschen. Eine Zellgruppe erhielt zusätzlich Mitomycin C (MMC) als positive Kontrolle. Mitomycin C ist eine zytostatische Substanz, die in Kombination mit Strahlung eine synergistische Wirkung haben kann. Die Strahlung allein verursacht möglicherweise keine DNA-Schäden, verändert aber die Empfindlichkeit von Zellen gegenüber mutagenen Chemikalien. Die niedrigeren SAR-Dosen sollten Aufschluss über eine dosisabhängige Wirkung geben. Außerdem gab es Ansätze mit und ohne zusätzliches Serum (Fetal Calf Serum, FCS) im Wachstumsmedium. Wenn FCS im Wachstumsmedium fehlt, werden die Zellen in der G0/G1-Phase der Zellteilung angehalten (Ergebnis früherer Experimente). Zellen des Nervensystems zeichnen sich durch ein sehr langsames Wachstum aus, sie haben eine längere G0-Phase (der Mitotische Index ist niedrig, d. h. sie teilen sich nicht so häufig, die Red.). Deshalb kann ein Kulturmedium ohne FCS die Verhältnisse im lebenden Organismus besser darstellen. Zur Feststellung der Chromosomen- und DNA-Schäden wurden die Bildung von Mikrokernen, Genamplifikation und dizentrische Chromosomen, Apoptose, Nekrose und Kernteilungsrate (mitotische Index) untersucht. Die Experimente wurden verblindet als unabhängige Doppelansätze durchgeführt und bei etwa 20 % der Ansätze wurden von einer weiteren unabhängigen Person die Anomalien gezählt. Die Temperatur variierte um ± 0,3 °C. Die Rohdaten wurden von einer externen Person gesammelt und zur statistischen Auswertung übergeben. P-Werte ≤ 0,05 wurden als statistisch signifikant definiert.

Results

Man fand insgesamt keine Hinweise auf die Bildung von Mikrokernen (mit und ohne FCS) und keine anderen Anomalien. Bei gleichzeitiger Einwirkung von UMTS-Strahlung und MMC (MMC-Zusatz vor der Bestrahlung als positive Kontrolle) sah man signifikant erhöhte Chromosomenveränderungen und leicht erhöhte Anzahl nekrotischer Zellen in den Kulturen mit, nicht in denen ohne Serum. Die Kernteilungsraten wurden weder durch MMC noch durch UMTS-Strahlung beeinflusst. Ein signifikantes Ergebnis war nur bei der Einleitung der Apoptose zu sehen, eine 2-fach erhöhte Anzahl bei der höchsten Dosis von 1 W/kg in den U251-Zellen, in beiden Ansätzen, mit und ohne FCS, die aufgrund der morphologischen Erscheinung der Zellen sichtbar wurde. Bei den U87-Zellen gab es keine signifikanten Veränderungen. Die erhöhte Apoptoserate wurde in dieser p53-Mutante (U251) auch nach Einwirken ionisierender Strahlung gefunden, nicht in U87. Kürzlich hatte eine Studie ergeben, dass in U251 Apoptose durch oxidativen Stress über den Caspase-3-unabhängigen Weg induziert wird. Beide Zelllinien waren gleich empfindlich für Induktion von Mikrokernen insgesamt unter Einwirkung von Strahlung und MMC, egal ob mit oder ohne FCS. Aber es gab deutliche Unterschiede bei der Induktion von Genamplifikation und dizentrischen Chromosomen zwischen den Zellarten. Bei U87 war eine 2- bis 3-fach erhöhte Genamplifikation zu sehen und bei U251 eine ca. 15-fache Erhöhung der dizentrische Chromosomen.

Conclusions

Die Ergebnisse zeigen, dass das Einwirken von UMTS-Mobilfunkstrahlung auf die Kulturen von menschlichen Glioblastomzellen (Zelllinien U87 und U251) nicht zur Bildung von Mikrokernen führt. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass keine Chromosomenschädigung erfolgt. Es muss einen anderen Mechanismus geben, der zur Gliomentwicklung führt, wie aus epidemiologischen Studien zu schließen ist. Es gab klare Beweise für die Induktion von Apoptose bei 1 W/kg (ein SAR-Wert, der als ICNIRP-Grenzwert gilt) in den Zellen mit defektem p53-Gen (Mutante U251). Diese Induktion der Apoptose durch UMTS-Strahlung verursacht physiologische Veränderungen wie etwa primäre DNA-Schädigung oder andere Abläufe, die schließlich zu der Vernichtung der Zellen führt. Weitere Experimente sollen durchgeführt werden, um die biologischen Folgen und die ursächlichen molekularen Mechanismen zu klären.