Author(s):
Stefi AL*, Mitsigiorgi K, Vassilacopoulou D, Christodoulakis NS.
* Section of Botany, Faculty of Biology, National and Kapodistrian University of Athens, 15701, Ilissia, Athens.
Greece
Published in:
Planta 251, 108 (2020)
Published: 27.05.2020
on EMF:data since 25.05.2021
Further publications:
Keywords for this study:
(Oxidative) stress response  |  Effects on plants
Medical/biological studies
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Response of young Nerium oleander plants to long-term non-ionizing radiation.

Original Abstract

Exposure:

1880–1900 MHz
Cordless phones, DECT

EMF:data assessment

Summary

Aus Griechenland kommt eine neue, elegant durchgeführte Studie, welche das Wachstum von Jungpflanzen des Oleanders (Nerium oleander) unter dem Einfluss einer DECT-Basisstation untersucht hat. Nerium oleander ist eine mediterrane Pflanzenart, die eine bemerkenswerte Resistenz gegen verschiedene Umweltstressbedingungen entwickelt hat. Pflanzen sind bislang in der EMF-Forschung (und auch in der Erforschung schädlicher Einflüsse allgemein) recht unbeachtet, ein Phänomen der kognitiven Voreingenommenheit, welches als „Pflanzenblindheit“ bezeichnet wird. Es gibt bestehende Hinweise auf eine zerstörerische Wirkung von elektromagnetischer Strahlung auf Pflanzen, und die vorliegende Studie erhärtet die Beweislage.

Source: ElektrosmogReport Juni 2021 | 27. Jahrgang, Nr. 2

Study design and methods

Samen von wildwachsenden Oleandern wurden im Mai 2019 eingesammelt. Die Samen wurden im Gewächshaus zu Setzlingen hochgezogen, bei kontrollierten Bedingungen (Lichtintensität 5600 lx, Temperatur 22 °C, Feuchtigkeit 70%). Es fanden 4 Replikationen des Versuchs statt, da die beiden ersten Replikationen dermaßen unerwartete Befunde fanden, dass weitere Experimente angezeigt waren. Jedes Replikat wurde mit zwei Gruppen (bestrahlt / Kontrolle) zu je 9 Töpfen, mit 2 Setzlingen pro Topf durchgeführt. Es wurden zwei identische temperaturüberwachte Wachstumskammern verwendet; in einer der 2 Kammern wurde eine DECT-Basiststation aufgestellt, die dauerhaft an war und mit 1882 MHz betrieben wurde. Jede Wiederholung des Experiments dauerte 5 Wochen. Nach Ablauf dieser Zeit wurden die Setzlinge vom Bodensubstrat getrennt und gewaschen, um alle Bodenreste zu entfernen. Sodann wurden die Pflanzen 3 Tage bei 60° C getrocknet, und anschließend aufgetrennt in ober- und unterirdische Teile (Wurzeln) und separat gewogen. Teile der Wurzeln und Blätter wurden für Rasterelektronenmikroskop (REM), Lichtmikroskop und Transmissionselektronenmikroskop (TEM) präpariert und gesichtet. Zusätzlich wurde die Aktivität der L-Dopa Decarboxylase (DDC) im Immunblot bestimmt, sowie die Gesamtmenge an reaktiven Sauerstoffspezies („reactive oxygen species“, ROS) durch Photometrie bestimmt. Die L-Dopa-Decarboxylase ist der limitierende Schritt in der Synthese von Dopamin, was neben seinen allgemein bekannten aktivierenden Funktionen bei Tieren, bei Pflanzen ein wichtiges Antioxidans darstellt, das toxische Nebenprodukte der Photosynthese neutralisiert. Des Weiteren wurde auch die Gesamtmenge der photosynthetischen Pigmente Chlorophyll a und Chlorophyll b gemessen.

Results

Die mikroskopische Struktur der Blätter war deutlich unterschiedlich ausgeprägt zwischen bestrahlten Pflanzen und Kontrollen: die DECT-exponierten Blätter wiesen mehr und wesentlich flachere Krypten auf – d.i. Höhlungen in der Blattoberfläche die zur Regulation des Gasaustauschs dienen. Auch war die sonnenzugewandte Blattoberfläche (Epidermis) dünner bei exponierten Blättern; diese bestand nur aus einer Zellschicht, wohingegen bei Kontrollen 2 Zellschichten vorhanden waren. Durchschnittliche Dicke der Epidermis: 19,75 μm (DECT), 51,75 μm (Kontrollen). Die Blattdicke war bei Kontrollen durchschnittlich 30 % höher als bei bestrahlten Pflanzen. Alle 3 Arten von Mikroskopuntersuchungen bezeugten strukturelle und morphologische Anomalien in den Blättern der exponierten Pflanzen. Das Trockengewicht der Wurzeln und oberirdischen Teile (Stängel) unterschied sich deutlich. Unerwarteterweise führte die DECT-Bestrahlung zu beschleunigtem Wachstum: durchschnittlich um 30% höhere Biomasse für die Wurzeln, sowie um 35 % höhere Biomasse für die Stängel im Vergleich zur Kontrolle. Die Gesamtmenge an reaktiven Sauerstoffspezies war in den exponierten Pflanzen deutlich erhöht: durchschnittlich 45,5 % mehr ROS in den Stängeln sowie 104 % mehr ROS in den Wurzeln im Vergleich zur Kontrolle. Die Aktivität der L-Dopa Decarboxylase (DDC) war mehr als doppelt so hoch in exponierten Blättern und Wurzeln als in den nicht-exponierten Blättern und Wurzeln. Die Chlorophyll-Gesamtmenge war 10-50 % reduziert in exponierten Blättern, Chlorophyll a war durchschnittlich um 32 % verringert, Chlorophyll b um 20 % vermindert.

Conclusions

In der vorliegenden Studie zeigten kultivierte Oleander-Setzlinge nach Langzeitexposition mit hochfrequenten EMFs einer DECT-Basisstation markante strukturelle Veränderungen, wie die Abflachung der Krypten und Verdünnung der Schichten der Epidermis. Gleichzeitig wurde erhöhter oxidativer Stress vorgefunden, der sich durch einen signifikanten Anstieg reaktiver Sauerstoffspezies sowohl in den Wurzeln als auch in den oberirdischen Teilen zeigte. Im Zusammenhang hierzu ist auch eine Abnahme der Gesamtmenge an photosynthetischen Pigmenten gemessen worden, sowie eine deutlich erhöhte Biosynthese von DDC, einem Enzym, das die Produktion von Dopamin katalysiert. Dopamin ist ein starkes Antioxidans, das dem oxidativen Stress entgegenwirkt. Die exponierten Pflanzen zeigten erstaunlicherweise eine höhere Wachstumsrate, trotz geringeren Anteils photosynthetischer Pigmente und schwerem oxidativem Stress. Diese einzigartige Reaktion von Oleander auf schwere abiotische Stressbedingungen könnte strukturellen Veränderungen zu verdanken sein, die eine leichtere Diffusion von CO2 innerhalb der Blätter ermöglicht. Es wurde eine bedeutende Pflanzenreaktion auf einen neuartigen „Schadstoff“ dokumentiert. (AT)