National Science Foundation (NSF), grant number: award #CBET 1644371; Milheim Foundation; DARPA, grant number: HR00111810006.
In den letzten Jahren ist das Interesse an der Wirkungsweise von statischen Magnetfeldern (SMF) gestiegen. Hier wurden Krebszellen (HT-1080-Fibrosarkonzellen) auf Zellwachstum und andere Parameter unter Einwirkung verschieden starker statischer Magnetfelder untersucht, um zur Klärung der Mechanismen, wie statische Magnetfelder das Wachstum beeinflussen, beizutragen. Vielleicht könnte man Magnetfelder für medizinische Anwendungen nutzen oder man könnte aufklären, ob die künstlichen Felder in Gebäuden, von Hochspannungsleitungen und elektrischen Geräten, die Feldstärken zwischen 0,1–167 µT betragen können, Sicherheitsprobleme darstellen. Vor kurzem wurde gezeigt, dass SMFs die ROS-Konzentrationen (reaktive Sauerstoffmoleküle) verändern. ROS werden bei Säugetieren als Signalmoleküle gebraucht, aber im Überschuss richten sie Zellschäden an. ROS findet man außerhalb von Zellen, in der Plasmamembran und in Mitochondrien. Man schätzt, dass 1–2 % des Sauerstoffs für die ROS-Produktion verbraucht wird, und die Konzentration der ROS ist entscheidend für die physiologische Kontrolle verschiedener Zellfunktionen. Von Krebszellen ist bekannt, dass sie einen hohen ROS-Umsatz haben gegenüber normalen Zellen. Diese Eigenschaft der Krebszellen könnte sie anfälliger für Veränderungen der ROS-Konzentration machen. Das könnte für therapeutische Ansätze genutzt werden. Bisher schenkte man künstlichen statischen Magnetfeldern (über die natürlichen Erdmagnetfelder hinaus) kaum Beachtung, wenn man reproduzierbare Ergebnisse erzielen wollte, obwohl mehrere Arbeiten darauf hingewiesen haben. Bei Steigerung oder Hemmung des Zellwachstums wurden nur Frequenz, Feldstärke und Einwirkdauer in Betracht gezogen. Die Wirkung der SMFs hängt aber auch von deren Charakteristik und dem Zellzyklus ab. Der Einstrom von Kalziumionen durch die Plasmamembran ist wahrscheinlich der Hauptmechanismus für die vielen Wirkungen der SMFs. Viele Jahre lang richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Kalziumionen als Auslöser der SMF-Wirkung. Jetzt weiß man, dass bei Anwesenheit von Sauerstoff/Oxidationsmitteln der Transport der Kalziumionen durch die Kalziumkanäle gesteigert wird und die Kalziumpumpen gehemmt werden. Der Einstrom von Kalziumionen durch die Plasma- und Mitochondrienmembran könnte mit der Aktivierung der spannungsabhängigen Kalziumkanäle durch SMFs zusammenhängen. Mehrere Arbeiten zeigten, dass SMFs verschiedener Feldstärken die intrazelluläre Kalziumkonzentration, Zellwachstum, Enzymaktivitäten u. a. erhöhen, während das Mitochondrienpotenzial unter steigender ROS-Produktion vermindert wird. Die Änderung des Radikalpaar-Mechanismus ist eine einleuchtende Erklärung, wie SMFs chemische Reaktionen ändern und biologische Wirkungen entfalten. Kurzzeitige Änderungen der Radikal-Konzentrationen haben eine wichtige Signalfunktion, langzeitige Abwesenheit der normalen Konzentrationen kann zu biologischen Schäden führen, z. B. Krebs und Alzheimer-Erkrankung. In dieser Studie wurden einige Veränderungen der HAT-1080-Fibrosarkomzellen durch verschiedene Feldstärken der SMFs auf die Zellphysiologie festgestellt.
Die Befeldung erfolgte mit 6 V für 45 µT. Das elektrische Feld zwischen den Helmholtz-Spulen betrug ungefähr 1,5 mV/m, das Hintergrundfeld 0,5 µT ohne weitere Abschirmung. Die SMFs trafen im 45°-Winkel oder senkrecht auf die Zellkulturen auf mit verschiedenen Intensitäten. Die Kontrollzellen wurden gleich behandelt bei 45 µT (entspricht etwa dem Erdmagnetfeld in Boulder/Colorado). Die Temperatur wurde ständig kontrolliert (ein Experiment untersuchte den Einfluss der Temperatur auf das Zellwachstum bei 45 µT und 36, 37 und 38 °C über 4 Tage, es gab keine signifikanten Unterschiede).
Weil die Zellen 4 Tage bis zur Zelldichte von 70–90 % Konfluenz brauchen, wurde die Befeldung über 4 aufeinanderfolgende Tage von 0,5 bis 600 µT mit Kontrollen bei 45 µT vorgenommen. Jede Feldstärke (0,5, 100, 200, 300, 400, 500 und 600 µT) samt Kontrollen wurde mit 4 Zellkulturen mit je 3-fach-Ansätzen durchgeführt. Anschließend erfolgte die Bestimmung der Wachstumsraten, des Membranpotenzials, der Konzentrationen von Kalzium und Superoxid (O2-) in Mitochondrien, von Stickoxid (NO), Wasserstoffperoxid (H2O2), intrazellulärem pH-Wert und oxidativem Stress. Die Auswertung der Ergebnisse wurde verblindet durchgeführt.
Die Wachstumsraten der Kontrollzellen (45 µT) waren bei den 3 Temperaturen von 36, 37 und 38 °C nahezu gleich. Bei den verschiedenen Feldstärken betrug die Temperatur-Differenz zu den Kontrollen und befeldeten Ansätzen 0,0 bei 0,5 µT, 0,02 bei 45 µT und stieg bis auf 0,29 bei 600 µT. Die entsprechenden Temperaturen erhöhten sich mit steigender Feldstärke von 36,94 °C bei 0,5 µT bis auf 37,45 °C bei 600 µT, bei den Kontrollkulturen (45 µT) von 36,94 °C auf 37,16 °C.
Nach 4 Tagen Feldeinwirkung stiegen die Wachstumsraten bei 0,5–400 µT und bei 600 µT waren sie vermindert gegenüber den Kontrollzellen. Bei 0,5 und 600 µT war die Rate 9 % unter der der Kontrollzellen bei 45 µT. Die relative Wachstumsrate der Zellen war unterschiedlich je nach Einfallswinkel der Magnetfelder. Bei 300 und 400 µT waren die Wachstumsraten am höchsten, bei 0,5 und 600 µT niedriger als die 45-µT-Kontrollen; insgesamt war das Wachstum bei 45° Neigung geringer als bei 90°.
Nach 48 Stunden waren geringe Unterschiede im Wachstum zu sehen, nur bei 400 µT signifikant, während sich nach 72 Stunden signifikante Steigerungen bei 200–500 µT ergaben. Zu signifikant erhöhten Konzentrationen des mitochondrialen Kalziums kam es ab 300 µT bei Winkel 90°, der höchste Wert bei 500 µT. Das Membranpotenzial war signifikant erhöht ab 200 µT, am höchsten bei 500 µT.
Zur Abnahme der Werte gegenüber den Kontrollkulturen kam es 1) beim pH-Wert (kontinuierliche Verminderung mit steigender Feldstärke, alle signifikant, nur bei 0,5 µT nicht-signifikant); 2) bei Wasserstoffperoxid (H2O2) ab 100 µT, signifikanter Anstieg bei 100 und 200 µT, Abnahme bei 300 und 400 µT und wieder Anstieg bei 500 und 600 µT; 3) bei Superoxid (O2-) bei den Feldstärken 100–600 signifikant vermindert, bei 0,5 µT nicht-signifikant; 4) bei den NO-Konzentrationen (ein freies Radikal) signifikant bei 0,5, 100, 400 und 600 µT, zusammen mit 500 µT war die NO-Konzentration bei der Kontrolle (45 µT) am höchsten und etwa gleich hoch.
Der oxidative Stress war bei 100 µT am höchsten und zusammen mit 200 und 400 µT signifikant erhöht, die anderen Feldstärken waren nicht-signifikant erhöht, bei 0,5 µT waren die Werte niedriger als die Kontrollwerte.
Diese Ergebnisse zeigen, dass schwache statische Magnetfelder die Zellwachstumsrate je nach Feldstärke und Einfallswinkel steigern oder hemmen und Änderungen der ROS-Konzentrationen bewirken können. Änderungen der ROS-Konzentrationen und oxidativer Stress sind wichtig für verschiedene Zellfunktionen. Superoxid (O2-) als reaktives Sauerstoffmolekül, das in Mitochondrien vorherrscht, entsteht bei der oxidativen Phosphorylierung. Die Konzentrationen von Wasserstoffperoxid (H2O2) schwanken sehr stark von 1 nM bis 100 µM je nach Gewebeart. H2O2 reguliert mehrere physiologische Prozesse wie Signaltransduktion, Reaktion auf oxidativen Stress, Zellwachstum, Entwicklung und Apoptose. Dabei zeigt H2O2 nicht-lineares Verhalten bei den Magnetfeldintensitäten. Bei 100, 200, 500 und 600 µT ist die H2O2-Konzentration höher als bei 45 µT (Kontrolle), bei 300 µT ist sie niedriger. Verschiedene Konzentrationen von H2O2 aktivieren verschiedene Redox-Schalter, die eine Schlüsselrolle bei der Regulation biologischer Signalwege haben. Kalziumeinstrom in Mitochondrien ist ein vorhergehender Schritt in den beobachteten Veränderungen. (IW)