Author(s):
Touitou Y*, Selmaoui B, Lambrozo.
* Unité de Chronobiologie, Fondation Ophtalmologique A. de Rothschild, 75019 Paris.
France
Published in:
Environ Int 2022; 161: 107103
Published: 01.02.2022
on EMF:data since 29.05.2022
Further publications: Studie gefördert durch:

Therese Pontremoli donation for chronobiologic research at the Foundation A. de Rothschild (Paris).

Keywords for this study:
Stress hormones
Medical/biological studies
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Assessment of cortisol secretory pattern in workers chronically exposed to ELF-EMF generated by high voltage transmission lines and substations.

Original Abstract

We investigated the effects of extremely-low frequency electromagnetic fields (ELF-EMFs; 50 Hz) on the secretion of cortisol in 14 men (mean age = 38.0 ± 0.9 years) working in extra-high voltage (EHV) substations. The workers dwelt in houses that were close to substations and high-voltage lines. Thus, they had long histories (1-20 years) of long-yerm exposure to ELF-EMFs. Magnetic field strength was recorded using Emdex dosimeters worn by the volunteers day and night for seven days; the one-week geometric mean ranged from 0.1 to 2.6 μT. Blood samples were taken hourly from 20:00 to 08:00 the next morning. Cortisol concentrations and patterns were compared to age-matched, unexposed control subjects whose exposure level was ten times lower. The comparison of the control group (n = 15) and the groups exposed to fields of 0.1-0.3 μT (n = 5) and > 0.3 μT (n = 9), respectively, revealed a significant effect of field intensity on the cortisol secretory pattern. This study strongly suggests that chronic exposure to ELF-EMFs alters the peak-time serum cortisol levels. Studies are required on the effect of this disruption in high-risk populations such as children, elderly people, and patients with cancer.

Keywords

Circadian desynchronization; Cortisol; Electromagnetic fields; Health risks; Magnetic fields.

Copyright © 2022 The Authors

Exposure:

Magnetic fields
ELF (50/60 Hz)
Expositionsdauer: kontinuierlich für bis zu 20 Jahre
0,1 µT min. - 2,6 µT max. (wöchentlicher geometrischer Mittelwert (individuelle Exp.))

EMF:data assessment

Summary

Cortisol ist ein Glucocorticoid-Hormon, das in der Nebennierenrinde gebildet wird und bei Stress vermehrt ausgeschüttet wird. Bei Labortests und Tierversuchen wurden biologische Wirkungen nachgewiesen, z. B. veränderte Konzentrationen des Schlafhormons Melatonin. Hier wurde untersucht, welche Wirkung chronisch einwirkende hohe 50-Hz-Felder auf die Ausschüttung (Sekretion) von Cortisol haben. Cortisol ist ein gutes Untersuchungsobjekt, da es einen ausgeprägten stabilen Tag-Nacht-Rhythmus hat. Die IARC hat niederfrequente Felder 2002 als möglicherweise krebserregend (Gruppe 2B) eingestuft. Ein möglicher Mechanismus ist nach Einwirken von niederfrequenten Feldern die Stressantwort, die durch einen Anstieg der Corticosteron-Ausschüttung sowie Auftreten von Depressionen und/oder ängstliches Verhalten von Nagetieren gekennzeichnet ist. Die Wirkung der Niederfrequenz auf die Nebennieren steht im Zusammenhang mit der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, einem System von endokrinen Drüsen, deren Hormone u. a. an Stressreaktionen beteiligt sind. Deshalb fanden es die Wissenschaftler interessant, an gesunden Menschen die Wirkung der Magnetfelder auf die Ausschüttung von Cortisol zu untersuchen. Diese Arbeit ist die erste, die die Langzeiteinwirkung der Felder bei Menschen (1–20 Jahre) betrachtet.

Source: ElektrosmogReport Mai 2022 | 28. Jahrgang, Nr. 2

Study design and methods

29 gesunde Männer zwischen 30 und 48 Jahren (Durchschnittsalter 38,0 ± 0,9) nahmen an der Studie teil. Sie waren Nichtraucher, konsumierten keinen bis wenig Alkohol und Kaffee, nahmen keine Medikamente, hatten keine Schlafstörungen, sie sollten keine Flüge bis 3 Wochen vor Beginn der Studie gehabt haben und 48 Stunden vorher keinen Bereitschaftsdienst. Es gab 2 Gruppen: Die Magnetfeldgruppe bestand aus 14 Männern, die in einem Umspannwerk arbeiten und deren Wohnsitz in der Pariser Innenstadt nahe an Umspannwerken und Hochspannungsleitungen liegt. Viele waren also eine lange Zeit (1–20 Jahre) hohen Feldstärken ausgesetzt. Vor Beginn des Experiments erfolgte eine medizinische Untersuchung mit Bestimmung der endokrinen Referenz- und der Blutwerte. Die Magnetfeldstärke wurde mit einem Emdex-Dosimeter gemessen, das die Probanden 7 Tage lang durchgehend am Körper trugen. Die Felder wurden rund um die Uhr aufgezeichnet, tagsüber während der Arbeit und nachts zu Hause. Am letzten Tag wurden von 20.00 Uhr bis 8.00 Uhr am nächsten Morgen stündlich Blutproben genommen (13 Proben). Die Bestimmung der Cortisolwerte im Serum der Blutproben erfolgte in einer Serie mit dem ELISA-Test. Die 15 Kontrollpersonen hatten ähnliche Daten bei Tag-Nacht-Rhythmus, Alter, Größe und sportlicher Aktivität. Die Cortisol-Werte der Kontrollgruppe (15 Personen) wurde mit denen der Magnetfeldgruppe verglichen, wobei diese Gruppe nochmal unterteilt wurde in 5 Personen mit Magnetfeldern von 0,1–0,3 μT und 9 Personen > 0,3 μT.

Results

Die an 14 Personen mit dem Emdex-Gerät gemessenen individuellen Feldstärken ergaben einen geometrischen Durchschnitt von 0,1–2,6 μT, das arithmetische Mittel betrug 0,72 μT. Das arithmetische Mittel der Werte am Wohnort und tagsüber betrugen 0,82 μT bzw. 0,64 μT. Bei der Kontrollgruppe reichte der individuelle geometrische Wochendurchschnitt von 0,004–0,092 μT; das arithmetische Mittel betrug 0,04 μT. Der Vergleich der Mittelwerte zeigte einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen geometrischem und arithmetischem Durchschnitt. Bei der Cortisolausschüttung zeigte sich, dass die chronisch einwirkenden hohen Magnetfeldstärken signifikante Veränderungen herbeiführten. Die Werte der Kontrollgruppe hatten einen typischen Verlauf mit einem Minimum der Konzentrationen bei 00.00 Uhr und dem Wiederanstieg bis zu Spitzenwerten von 6.00–8.00 Uhr. Die Werte der beiden Expositionsgruppen unterschieden sich signifikant, der Verlauf war bis 6.00 Uhr ungefähr gleich, dann setzte ein abrupter Abfall der Cortisol-Konzentration bis 8.00 Uhr ein.

Conclusions

Die allgemeine Bevölkerung ist elektrischen und magnetischen Feldern von 5–50 V/m bzw. 0,01–0,2 μT ausgesetzt. Diese Studie ergab, dass chronische Einwirkung von niederfrequenten Magnetfeldern (0,1–2,6 μT) in der Nähe von Umspannwerken und Hochspannungsleitungen den Zeitpunkt der höchsten Cortisol-Konzentrationen im Serum veränderte, wobei die allgemeine Cortisolausschüttung unbeeinflusst blieb. Man kann von einer Desynchronisation des Tag-Nacht-Rhythmus ausgehen. Da hier nur der Zeitraum über Nacht betrachtet wurde und dies die erste Studie dieser Art ist, sollten weiteren Studien mit Hochrisikogruppen wie Kindern, älteren Personen und Krebspatienten durchgeführt werden, in denen untersucht wird, welchen Feld stärken sie in ihrem Wohnumfeld ausgesetzt sind. Vor allem bei Krebspatienten ist der Tagesrhythmus der Cortisol-Ausschüttung verändert. Weitere Forschung sollte zu den Auswirkungen von Intensität, Dauer der Einwirkung, Alter der Personen und anderen Parametern betrieben werden, um mehr Kenntnisse über Höhe, Angriffspunkte und Natur der Wirkung niederfrequenter Magnetfelder auf Menschen zu erhalten. (IW)